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MERS

MERS

Titel: MERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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seinem Namen fragte, erkannte
er einen der Radar-Corporals wieder. Sie gingen zusammen um den Park.
Die Abenddämmerung fiel ein. Er sagte ihr, er habe seit dem
Frühstück nichts gegessen, und fragte sie, ob sie nicht mit
in ein Cafe kommen wolle. Er nannte eines, das sie nicht kannte, es
lag auf der anderen Seite der Stadt, und sie stimmte zu. Auf ihre
Frage, was er denn getan habe, daß er seit dem
Frühstück nichts mehr zu sich genommen habe, erzählte
er ihr, daß er bei einer Beerdigung gewesen sei. Besorgt
blickte sie zu ihm auf, fragte jedoch nicht, wessen Beerdigung.
    Zu diesem Zeitpunkt, und auch danach, hätte er keine Antwort
gewußt, wenn er hätte sagen müssen, weswegen er jenes
bestimmte Cafe ausgesucht hatte. Es gefiel ihm, jedoch nicht
übermäßig. Es war billig, doch er hatte viel Geld. Er
kannte eine Abkürzung dorthin, aber er war nicht in Eile.
    Die Nebenstraßen waren Anlieferzonen hinter großen
Geschäften, kaum mehr als Gassen, bereits verlassen und dunkel.
Er war noch immer verschlossen, kaum anwesend, und sie vertraute ihm
in seiner Uniform. Als er in der zweiten Straße innehielt,
blickte sie zu ihm auf und erwartete, er würde sie küssen.
Er hatte zuvor schon ihren weißen Hals gesehen, wie dünn
er war, und jetzt schlug er darauf. Die Finger hielt er so steif wie
Metallstangen, wie es ihm die Armee beigebracht hatte. Sie
würgte und starrte zu seinem Gesicht auf, während sie
starb, und er hielt sie fest, damit sie nicht stürzte. Jetzt war
er wieder zurück, zurück in seinem Körper, und seine
Knochen waren fest.
    Hinter ihnen überquerten Schritte die
Straßenmündung. Rasch trug er das junge Mädchen in
eine Ladebucht und hinter einige Kisten. Auf der Straße war es
wieder ruhig. Er setzte das junge Mädchen vorsichtig ab und
richtete ihren Rock. Er spürte noch immer Trauer um sie. Sie
trug zwei hübsche Ringe, und da er nicht wollte, daß sie
gestohlen würden, steckte er sie in eine ihrer Sandalen. Ihr
Portemonnaie versteckte er ebenfalls, und zwar unter ihrem
Körper. Er trat zurück. Mit Ekel wurde ihm klar, daß
er beim Zuschlagen in seine Unterhose ejakuliert hatte. Ein Ausdruck
kam ihm in den Sinn: schlimme Verschwendung. Der Lager-Arzt
hatte gesagt, in jeder Ejakulation seien mindestens eine Million
Spermen.
    Er horchte in das Schweigen hinein. Er war verrückt gewesen,
dieses Risiko hier einzugehen. Der Kopf des Mädchens lag auf dem
Asphalt, die Augen starrten blicklos zum Himmel hinauf, und auf dem
Hals waren Kratzspuren. Er blickte auf seine abgekauten
Fingernägel und die Fingerspitzen. Fingerabdrücke? Er holte
sein Taschentuch heraus, beugte sich über sie und rieb an den
Kratzspuren. Der zerbrochene Knorpel ihres Kehlkopfs quietschte laut.
Er streckte den Rücken. An der Vorderseite ihres hübschen
Sommerkleids, wo er sie festgehalten hatte, während sie
gestorben war, befänden sich Fasern seiner Uniform. Er runzelte
die Stirn und entspannte sich daraufhin. Fasern einer Uniform.
Könnten leicht von ihrem Freund stammen, dem Corporal.
    Er verließ sie und ging ruhig zur Mündung der
Ladebucht. Die Straße war leer. Er kehrte zur Hauptstraße
zurück. Weder Auto noch Straßenbahn in Sicht. Die
Bürgersteige waren verlassen, bis auf einen Mann, einen
Soldaten, der auf ihn zukam. Es war der Sergeant.
    Er kam heran und blieb dicht vor Daniel stehen.
    »Corporal Ryder«, sagte er. »Du bist es
also. Ich dachte, ich hätte dich gesehen, und dann warst du,
verdammt noch mal, verschwunden.«
    Daniel deutete mit einem Nicken in Richtung auf die Straße
hinter sich. »Ich mußte rasch mal pissen,
Sergeant.«
    »Wirklich? So etwas trägt der Armee einen schlechten Ruf
ein, Corporal Ryder.«
    »Jawohl, Sergeant.«
    »Ein Glück, daß man dich nicht erwischt
hat.«
    »Ja, Sergeant.« Wenn er mich gesehen hat, dachte Daniel,
dann hat er auch das Mädchen gesehen. Ist er mir gefolgt?
    Sergeant Breitholmer trat noch näher. »Alles in Ordnung,
Corporal?«
    »In Ordnung?«
    »Du siehst verdammt schrecklich aus. Als hättste
’nen Geist gesehen.«
    »Mir geht’s gut, Sergeant.«
    »So was hör ich gerne. Sag nur immer mir geht’s
gut, Sergeant, und du kannst nicht viel falsch machen. Ich will
dir einen ausgeben, Corporal.«
    »Vielen Dank, Sarge, aber…«
    »Kein aber, Corporal. Einfach nur einen ausgeben. Ich meine,
auf eine Gasse pissen, also, schon ein Glück, daß man dich
nicht erwischt hat.«
    »Dann aber nur einen, Sarge. Danke.«
    Sie hatten mehrere, jedoch nicht

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