Messewalzer
ich lieber ein Bier trinken.« Er hielt es für angebracht, mit Rücksicht auf Krolls derzeitige Situation, das Thema Frauen nicht zu vertiefen und beschloss daher, über den Fall zu reden. Etwas Besseres fiel ihm nicht ein. »Besonders weit sind wir noch nicht gekommen.«
Kroll wischte sich mit dem Handrücken den Schaum vom Mund. »Ich bin mir jetzt ziemlich sicher, dass das Motiv für den Mord an Willi Lachmann weit in der Vergangenheit liegt.«
»Du meinst den Fall Peter Eimnot.«
»Nicht nur das!«
»Der Tod dieses Fußballers Ehrentraut?«
Kroll nickte. »Wir müssen herausbekommen, was damals vorgefallen ist und wie das alles zusammenhängt. Da gibt es vermutlich Verbindungen, von denen wir nichts ahnen. Wir müssen jetzt in die Geschichte eintauchen und Schicht für Schicht freilegen, bis wir der Sache auf den Grund gekommen sind.«
Wiggins stöhnte. »Kein leichtes Unterfangen bei der Geheimhaltungsstufe, mit der wir es zu tun haben.«
Kroll beachtete die letzte Bemerkung seines Kollegen nicht. »Und natürlich müssen wir herausfinden, wer dieser Goran ist. Um den hat sich bis jetzt noch niemand gekümmert.«
Wiggins Handy klingelte. Er drückte auf die grüne Taste. »Ehrlich … ach du Scheiße … ich komme!« Er sah Kroll um Verständnis bittend an. »Das war Nicole. Die ist auf der Kinotreppe umgeknickt und das mit diesen blöden hohen Schuhen. Die sitzt jetzt in der Eingangshalle, schreit vor Schmerzen und kann nicht mehr laufen. Ich glaube, ich muss mit ihr noch zur Notaufnahme.«
»Hoffentlich nichts Ernstes! Soll ich mitkommen und dir helfen?«
Wiggins war schon aufgesprungen. »Wirklich nicht nötig. Das kleine Persönchen kann ich zur Not noch alleine tragen. Tut mir nur leid für unseren Abend.«
»Ist doch kein Problem. Da kann doch jetzt wirklich niemand was dafür. Ruf mich an, wenn du doch noch Hilfe brauchst.«
Nachdem Wiggins sich entfernt hatte, bestellte sich Kroll noch ein Weizenbier. Er lehnte sich zurück und genoss mit geschlossenen Augen die warme Luft des Sommerabends. Für einen Moment war er abwesend. Eine ihm nicht unbekannte Stimme riss ihn aus der geistigen Dämmerung.
»Hallo, Herr Kommissar. So spät noch alleine unterwegs? Ich hätte gewettet, bei dir stehen die Frauen Schlange.«
Kroll öffnete die Augen. »Die Zeiten sind lange vorbei. Wenn heute Frauen wegen mir Schlange stehen, dann nur, um durch die Ausgangstür zu verschwinden.« Er zeigte auf den freien Stuhl. »Aber im Ernst. Wiggins war gerade noch da, doch der musste zu seiner Freundin, weil die sich den Fuß verletzt hat und nicht mehr alleine laufen kann!«
Liane Mühlenberg nahm Platz. »Dann werde ich dir eben die Zeit vertreiben. Natürlich nur, wenn es dir Recht ist.«
Kroll war erfreut, dass er nicht länger alleine hier sitzen musste. »Aber natürlich, gerne. Was willst du trinken?«
Liane blätterte in der Karte und schaute abwägend in den Himmel. »Bei diesem Wetter …ich nehme einen trockenen Weißwein.« Sie lachte Kroll an. Von großer Trauer war bei ihr nichts mehr zu spüren. »Herrlicher Abend, oder? Ich liebe diese warmen Sommerabende, an denen man überhaupt nicht nach Hause möchte.«
»Das geht mir genauso«, stimmte ihr Kroll zu.
Es trat ein Moment Stille ein, der von Liane unterbrochen wurde. »Bist du öfter hier ?«
»Ich gehe ganz gerne mal abends raus. Hab so mehrere Kneipen, in denen ich mich am liebsten aufhalte. Das Spizz gehört ebenfalls dazu. Außerdem mag ich die Bedienung, die gerade im Einsatz ist. Die ist wirklich nett.«
Die letzte Bemerkung machte Liane neugierig. »Verzeih mir bitte, wenn ich indiskret bin, aber gibt es zurzeit nicht eine bessere Hälfte in deinem Leben?«
Kroll musste grinsen. »So etwas Ähnliches hat mich Wiggins auch gerade gefragt.«
»Und? Was hast du ihm geantwortet?«
Kroll wusste zwar nicht, warum Liane ihn plötzlich über sein Privatleben aushorchte, aber er hatte keine Lust auf irgendwelche Ratespielchen. Außerdem wollte er aus seinem Singledasein kein Geheimnis machen. Dazu bestand kein Anlass. »Ich bin seit Kurzem wieder solo. Meine Freundin und ich haben uns vor ein paar Tagen getrennt.«
»Oh, das tut mir leid!«
Kroll konnte Lianes Bemerkung nicht richtig einschätzen. Tat es ihr wirklich leid? Das konnte er sich nicht vorstellen, denn Liane und er kannten sich noch nicht lange. Oder hatte Liane diese Bemerkung einfach nur fallen lassen, weil sie es für angebracht hielt. Vielleicht wollte sie auch in Erfahrung
Weitere Kostenlose Bücher