Messias-Maschine: Roman (German Edition)
dazu sein muss. Sie müssen die Grenze überqueren und anschließend laufen, laufen, laufen, bis irgendwer von da draußen sie findet und in Stücke haut. Ist das nicht irgendwie tragisch?«
Das fand ich auch, doch Paul Da Vera gab ein verächtliches Schnauben von sich.
»Jetzt wirst du sentimental, Marija. Du solltest dein Mitleid nicht an Maschinen verschwenden! Wenn du jemanden bemitleiden willst, dann doch bitte den armen Gastarbeiter, der aus dem Land geschmissen wird, weil wir Roboter bauen, die seinen Job übernehmen! Bemitleide die Putzkräfte, die Nachtwächter, die Müllmänner. Lieber Himmel, selbst die Prostituierten werden schon um ihren Job gebracht! Wir leben in einem Land, in dem wir die Maschinen sogar ficken! «
Alle anderen lachten. Ich zog den Kopf ein wie eine Schnecke, die sich in ihr Schneckenhaus verkroch.
»Ich glaube wirklich, dass die von da draußen im Prinzip den richtigen Instinkt in dieser Sache haben«, meinte Paul. »Es hat tatsächlich etwas Blasphemisches, Maschinen zu bauen, die menschliche Wesen kopieren.«
Marija zuckte mit den Schultern.
»Tja, kann schon sein, aber sie tun mir trotzdem leid«, erwiderte sie und schaute mich beinahe so an, als wäre ich einer der Roboter, für den sie Mitgefühl empfand: dieses ungelenke Geschöpf, das sich mühte, den Funken der Spontaneität, der Natürlichkeit, des Lebens in sich aufzuspüren …
Kapitel 19
I ch rannte zu Lucy. Ich brauchte das Gefühl des Willkommenseins, des Dazugehörens, des Eingelassenwerdens, das sie mir gab – so trügerisch und zeitlich begrenzt es auch sein mochte.
Doch als ich ankam, war Lucy nicht frei.
»Vielleicht möchten Sie sich ja zur Abwechslung mal eine andere aussuchen?«, schlug die Syntec-Rezeptionistin vor.
»Ich will keine andere!«, konterte ich. Der gefährliche Unterton in meiner Stimme, das Ausmaß meines Zorns über dieses Hindernis, erschreckte mich selbst.
»Es tut mir sehr leid, Sir, aber sie ist leider beschäftigt.«
»Das hilft mir verdammt noch mal auch nicht, oder?«
Ich trat ein paar Schritte zurück und ballte innerlich brodelnd die Fäuste. Dann kehrte ich zu der Rezeptionistin zurück.
»Na schön, dann warte ich. Wie lange wird es dauern?«
Die Roboterrezeptionistin gab meine Anfrage über die Hauszentrale an Lucy weiter, die oben in ihrem Zimmer war.
»Ein weiterer Klient fragt nach dir. Bitte gib eine Einschätzung darüber ab, wie lange du noch mit dem derzeitigen beschäftigt sein wirst.«
»Der Klient nimmt Sondervorrichtungen in Anspruch«, antwortete Lucy in ihrer Fledermaus-Maschinenstimme, während der Kunde weiterhin mit ihrer fleischlichen Hülle spielte und lediglich ihr simuliertes lustvolles Stöhnen hören konnte. »Um die Dauer der vorangegangenen Besuche dieses Klienten aufzurufen, hier seine Kreditnummer: 4532 7865 6120. Eigene Einschätzung der verbleibenden Zeit: 45 Minuten.«
Die Hauszentrale glich die Schätzung mit den eigenen Daten ab und stellte fest, dass sie voraussichtlich zutreffen würde. Das meldete sie der Rezeptionistin.
»Etwa fünfundvierzig Minuten, Sir«, antwortete die Rezeptionistin kaum eine Sekunde, nachdem ich gefragt hatte. »Sie können an der Bar warten oder sich in der Lounge jemand anderen aussuchen …«
Ich zögerte. Absurderweise empfand ich eine rasende Wut auf Lucy, weil sie nicht für mich da war.
»Ich suche mir eine andere aus«, sagte ich.
Ich entschied mich für ein Modell, das sich so sehr wie nur möglich von Lucy unterschied: eine Syntec in Gestalt einer großen schwarzen Frau namens Sheba. Sie hatte riesige Brüste mit seidiger Haut, breite, muskulöse Schenkel und wunderbar dichtes Schamhaar, in das ich gierig eintauchte.
Ja, gierig ist das richtige Wort, denn ich hatte das Gefühl, in eine Art Fresswahn zu verfallen. Kaum war ich mit Sheba fertig, da ging ich auch schon wieder direkt in die Lounge und suchte mir eine andere HESVE namens Lady Charlotte aus. Sie war wie eine feinsinnige Aristokratin aus dem Europa des 18. Jahrhunderts aufgemacht, einschließlich Schönheitsfleck und zahlreicher Lagen Unterröcke.
Nachdem ich mich durch ihre Unterröcke durchgearbeitet hatte, ging ich erneut runter, um mir Nachschub zu holen. Es war, als könnte die von der jeweils letzten HESVE hinterlassene Leere nur durch eine neue gefüllt werden – immer und immer wieder. Ich entschied mich für eine Maschine namens Helen, die einem abgeklärten Schulmädchen mit einer kleinen Narbe auf der Oberlippe
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