Messias-Maschine: Roman (German Edition)
glich, und nahm sie von hinten in einem Zimmer, das einer Highschool-Umkleidekabine nachempfunden war.
Auf dem Weg nach unten traf ich Lucy, die mit einem anderen Mann hochging.
Die Syntecs waren darauf programmiert, Stammkunden wiederzuerkennen. Sie sah mich lächelnd an. Und ihr süßes Lächeln traf mich wie ein Messerstich.
»Ach Lucy, wie ich dich liebe«, flüsterte ich.
Und das flüsterte ich auch draußen auf der Straße weiter vor mich hin, während jener dumpfe Schmerz hinter meinen Augen pochte. »Ich liebe dich, Lucy, ich liebe dich, ich liebe dich …«
Nachdem ich ein paar Blocks weit gelaufen war, ließ mich der Knall einer Explosion aufschrecken. Sie war so nah, dass der Boden zu beben schien, und irgendwo hinter mir auf der Straße fiel etwas Kleines aus Glas zu Boden und zersplitterte.
Stille senkte sich über die Stadt.
Und dann hörte ich aus mehreren Richtungen die entfernten Geräusche der Notfallwagen, die sich schnell näherten und schließlich zu beiden Seiten zwischen den Häuserblocks hindurchsausten.
Damals wusste ich es natürlich noch nicht, aber die Vorderseite vom Sitz des Bunds der Vernunft war gerade mit einer Bombe in die Luft gejagt worden. Es war die allererste Aktion der AMG – der Armee des Menschlichen Geistes.
Kapitel 20
I ch weiß noch, dass ich in jener Nacht – oder in einer Nacht bald darauf – einen lebhaften Traum hatte.
Ich befand mich in einem dunklen Gebäude, lief durch die Gänge und Treppenhäuser und war auf der Suche nach einem Zimmer, das ich dort schon einmal gefunden hatte. Es handelte sich um ein ruhiges kleines Zimmer mit Sesseln und einem Fenster zum Hof. Aber irgendwie konnte ich es nicht finden, und je mehr ich suchte, desto abweisender wurde das Gebäude. Die Korridore wurden schmaler. An den Treppen fehlten die Geländer, und Lücken taten sich auf, wo Stufen hätten sein sollen. Beim Hochsteigen bekam ich vor Höhenangst schweißnasse Hände. Und die Zimmer, die ich fand, hatten entweder keine Fenster oder waren kahl und leer oder waren bereits von anderen bewohnt.
In einem befand sich Tony Vespuccio, der Playboy von Wort für Wort, und vertrieb sich den Nachmittag mit einer hübschen jungen Frau und einer Flasche Champagner.
»Dein eigenes Zimmer?«, fragte er ungläubig lachend. »Dafür braucht es sehr viel mehr Mumm in den Knochen, als du ihn hast, George.«
In einem anderen Raum badete eine Gruppe von Frauen in einem Pool. Als sie mich sahen, schauten sie einander an und kreischten fröhlich.
In noch einem anderen Zimmer spähte ich durch die Tür und sah Marija nackt auf einem Bett und Paul Da Vera, der sich auf ihr bewegte.
Und schließlich fand ich mich im Keller wieder, in dem es kalt und klamm war. Dort unten gab es einen großen Raum, der der Lounge im HESVE-Haus glich, in dem es aber nach Urin und Abflussrohren roch. Die Syntecs, die sich dort aufhielten, ähnelten nicht einmal entfernt menschlichen Wesen. Es handelte sich um Holzmarionetten mit in roter Farbe aufgemalten Genitalien, die an Schnüren zuckten …
Ich rannte vor ihnen weg und hastete eine enge, schmutzige kleine Wendeltreppe hinauf, die oben an einer Tür endete.
Als ich die Tür öffnete, baumelte dahinter Ruth in ihrem SenSpace-Anzug.
Kapitel 21
E in paar Wochen später saß ich bei Wort für Wort an meinem Schreibtisch. Es war kurz vor der Mittagspause, als die Rezeptionistin anrief und mir mitteilte, dass ich Besuch hätte. Damals hatten wir noch eine menschliche Rezeptionistin, und sie klang seltsam aufgeregt.
»Wer ist es denn?«, fragte ich.
»Sie sagt, es wäre eine Überraschung.«
»Sind Sie sich sicher, dass sie zu mir will?«
»Garantiert.«
Diesmal konnte die Empfangsdame ein Kichern kaum unterdrücken.
Ich ging in den Empfangsbereich runter. Dort wartete nur eine Person, eine sehr elegante junge Frau. Sie blickte zu mir auf und lächelte warm, als sie mich erkannte. Mir stockte das Blut in den Adern.
Es war Lucy!
… den Eindruck machte es zumindest zuerst. Kurz darauf wurde mir klar, dass meine Besucherin zwar ebenso blond wie Lucy und auf die gleiche sanfte, makellose Art schön war, jedoch ein anderes Gesicht hatte.
»Hallo, George!«, sagte sie und stand auf. »Ich dachte, dass du vielleicht Lust hast, mit mir Mittag essen zu gehen.«
Die Empfangsdame schaute lächelnd zwischen ihr und mir hin und her.
»Tut mir leid«, murmelte ich und errötete bis unter die Haarwurzeln, »ich bin mir ziemlich sicher, dass wir uns
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