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Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Titel: Messias-Maschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Beckett
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der ganze Leib in die Hölle geworfen werde.«
    »Was für ein Riesenblödsinn.« Ich schmiss das Buch auf den Boden. »Ab ins Bett Lucy. Ich brauch jetzt einen Fick.«
    Gehorsam legte sie sich neben mich.
    »Dir ist doch klar, dass genau dieses Buch fast meine Eltern umgebracht hätte?«, knurrte ich.
    Natürlich bedeutete ihr das nichts. Und mir bedeutete es auch nicht viel. Ich legte mich auf sie und drang wütend und brutal in sie ein. Ich hielt nicht inne, bis ich den Höhepunkt erreichte, der so intensiv war, dass ich laut aufschrie.
    »Bist du jetzt fertig?«, fragte Lucy wenig später höflich.
    »Ob ich fertig bin?«, höhnte ich. »Ob ich fertig bin? Mehr ist das für dich nicht, oder? All das Gestöhne und Geseufze bedeutet überhaupt nichts. Nichts, nichts, nichts.«
    Natürlich wurde mir noch beim Reden klar, dass ich nicht nur das Offensichtliche aussprach, sondern auch, dass ich es die ganze Zeit über gewusst hatte. Lucy war konstruiert worden, um anderen Vergnügen zu bereiten, und nicht dazu, selbst welches zu empfinden. Man hatte sie überhaupt nicht dafür konstruiert, irgendetwas zu empfinden.
    »Ich bin eine Maschine«, sagte Lucy.
    Doch sie vergoss echte Tränen, weil das zu einer Reihe von Standardreaktionen auf feindselige Situationen der Sorte FS-75 gehörte.
    »Ich bin ein Syntec«, erklärte sie. »Eine Hochentwickelte Sinnliche Vergnügungseinheit.«
    Sie hatte sich erhoben und stand nun nackt neben dem Bett.
    »Ich bin eine Maschine«, wiederholte sie. Ihr Tonfall war sanft, unterwürfig. Ihre Konstruktion ließ keinen Platz für Wut, und sie hatte auch kein vorprogrammiertes Repertoire, mit dem sie sie hätte ausdrücken können. Deshalb war ich völlig unvorbereitet für den entsetzlichen Ausbruch rudimentärer Wut, der kurz bevorstand.
    »Ja, eine Maschine«, schrie ich sie an. »Eine dumme, blöde Maschine, die von nichts eine Ahnung hat, die nichts fühlt oder versteht und für die nichts eine Rolle spielt. Die von hier draußen behaupten, ihr wärt Monster und Missgeburten, aber so spannend seid ihr gar nicht. Ihr seid langweilig, langweilig, langweilig. Du bist langweiliger als der langweiligste Mensch, der je gelebt hat.«
    »Du hast gesagt«, setzte Lucy zögernd an (es war das erste Mal, dass sie versuchte, selbständig zu argumentieren), »du hast gesagt, dass du aus Fleisch und Blut wärst und ich …«
    »Ich habe Scheiße geredet.«
    Ich hatte keine Ahnung, was geschehen würde. Ich begriff nicht, dass Lucy zwar kein eingebautes oder einprogrammiertes Wutpotenzial besaß, aber sehr wohl über jenen Selbsterhaltungstrieb verfügte, der Wut hervorbrachte. Und dieser Trieb, der sich früher nur auf ihren Körper bezogen hatte (»die Ausstattung«, wie es im HESVE-Haus hieß), schloss nun mehr ein als nur ihr körperliches Selbst. Sie hatte das Bedürfnis, ihr Selbstbewusstsein zu erhalten, ihr Selbstbild zu verteidigen.
    »Ich bin eine Maschine«, wiederholte sie einmal mehr.
    Und dann packte sie völlig unvermittelt die Haut an ihrem Bauch und begann, mit aller Kraft daran zu ziehen.
    »Lucy! Um Himmels willen, was machst du da?«
    Lucy beachtete mich nicht. Blut quoll unter ihren Fingernägeln hervor, und dann löste sich ein langer, roter Streifen Fleisch und hinterließ ein klaffendes Loch. Ich konnte die Herstellerkennung sehen, die auf die graue Fläche darunter gedruckt war.
    »M2/88« stand dort. Aus Plastikschläuchen lief etwas, das wie Lymphflüssigkeit aussah.
    Ich war vor Schreck und Unglauben wie gelähmt. Hilflos schaute ich zu, wie sie einen zweiten Streifen abriss, diesmal bis zur Wölbung ihrer linken Brust.
    »Lucy, nicht«, wimmerte ich. »Bitte. Es tut mir leid …«
    Sie war wunderschön. Warum spielte es für mich eine Rolle, was sie in Wirklichkeit war?
    Dann ergriff sie die Brust selbst.
    »Nein!«
    Die weiche Brust löste sich ohne großen Widerstand aus ihrer Plastikverankerung. Lucy ließ sie fallen und griff nach der anderen.
    »Ich bin ein Roboter«, sagte sie und zog sie ab, »ich bin eine Maschine.«
    »Aber hier hasst man Roboter«, flüsterte ich und sah hilflos zu, wie sie eine weitere blutige Bahn abriss, die an ihrem Schamhaar endete. »Bitte, Lucy! Sie werden dich kurz und klein schlagen, dich an einen Baum nageln, sie …«
    Die behaarte Haut löste sich. Dann hielt Lucy inne und dachte über meine Worte nach. Ihr Gesicht und ihre Arme, Beine und Schultern sahen noch immer menschlich aus, aber ihr ganzer Bauch war nun ein hässliches

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