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Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Titel: Messias-Maschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Beckett
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den primitiven Herd in der Mitte des Raums. Nachts war es kalt hier oben.
    Die beiden Hirten pulten mit knorrigen Fingern die glänzenden roten Kerne aus der Frucht.
    »Deine Frau ist sehr schön«, bemerkte der jüngere Hirte Andreas mit einem seltsamen Seitenblick.
    Der Junge Spiro hielt mit der Rakiflasche in der Hand inne und hörte zu. Er hatte ein breites, blasses Gesicht mit flacher Nase und Augen, die in zwei verschiedene Richtungen glotzten, so dass es schwer zu sagen war, was er eigentlich sah.
    »Allerdings ist sie das«, bestätigte Petros und klatschte mir herzhaft aufs Knie. »Ich will nur hoffen, dass du weißt, wie man so eine Frau würdigt, mein städtischer Freund. Ich hoffe, du bist Manns genug, du mit deinen weichen weißen Händen. Oder braucht sie vielleicht einen echten Griechen, der ihr zeigt, worauf es bei der Liebe wirklich ankommt?«
    Er brüllte vor Lachen über seine eigenen Worte, wobei er mir immer wieder aufs Knie schlug und mir mit kalten, gelben, vom Raki blutunterlaufenen Augen ins Gesicht schaute, um sich zu vergewissern, dass ich nicht mit meinem Gelächter knauserte. Er hatte mich in der Zwickmühle: Wenn ich über eine Beleidigung lachte, handelte es sich um eine belustigende Bestätigung meiner Unmännlichkeit. Aber wenn ich nicht über die Witze lachte, die meine so liebenswürdigen Gastgeber machten, dann würde ich sie damit in ihrer Ehre beleidigen!
    Also lachte ich.
    Andreas und Spiro grinsten.
    Von der Wand starrte Erzbischof Christophilos finster und wütend herab.
    »Ich habe gehört«, sagte Andreas, »dass die Männer sich die Frauen in eurer Stadt teilen. Ist es nicht so?«
    Erneut brach Petros in Gelächter aus, schlug mir auf den Oberschenkel, beugte sich vor und blies mir seinen Knoblauch-, Fleisch- und Raki-Atem ins Gesicht.
    »Tja, dann teile sie dir doch mit Andreas und mir, mein Freund. Ich garantiere dir, dass sie zufrieden sein wird. Und wenn sie mehr will, dann ist ihr der junge Spiro hier sicher gerne zu Diensten. Ich gebe zu, dass er hässlich ist, aber alle aus seiner Familie sind behängt wie Hengste.«
    Spiro grinste.
    In dem unbeholfenen Versuch, locker zu klingen, dankte ich ihnen für ihre Sorge um meine Frau, erklärte jedoch, dass die Geschichten, die sie gehört hatten, nicht der Wahrheit entsprachen und dass illyrische Männer ganz genauso eifersüchtig waren wie griechische.
    »Ah«, meinte Petros leise lachend, »aber könnt ihr auch so für eure Frauen kämpfen wie wir Griechen? Könnt ihr mit den Fäusten kämpfen? Könnt ihr ein Messer oder eine Pistole richtig einsetzen? Oder haben eure Autos und Maschinen euch verweichlicht?«
    Er zog sein langes Schermesser. Die Klinge, die vom vielen Schleifen eingekerbt war, schimmerte.
    »Weißt du, wie viele Kehlen ich mit diesem Messer durchgeschnitten habe?«, fragte Petros lachend, streckte den Arm aus und zeigte mit der Messerspitze auf meinen Hals.
    Ich versuchte, nicht mit der Wimper zu zucken.
    »Hunderte!«, sagte er und zwinkerte seinem Neffen zu. »Obwohl ich zugeben muss, dass einige davon Schafskehlen waren.«
    Mit dem Messer schnitt er einen weiteren Granatapfel auf.
    »Mehr Raki, Spiro, für unseren illyrischen Freund! Aus dem machen wir schon noch einen Griechen.«
    Sein Neffe Andreas holte eine Tabaksdose hervor, und nachdem ich abgelehnt hatte, drehten die beiden Schafhirten sich mit ihren braunen, schwieligen Fingern dicke Zigaretten. Dann hob Petros den Blick und schaute mich an. »Nipp nicht an deinem Raki! Bist du ein Mann oder ein Mädchen? Runter damit – auf ex!«
    Zitternd schüttete ich mir die brennende Flüssigkeit in den Rachen. Die Hirten lachten mit roten, tränenüberströmten Gesichtern.
    »Schon besser!«, rief Petros. »Und jetzt mehr!«
    Ich sagte, dass ich genug hätte.
    »O nein, mein Freund, du darfst unsere Gastfreundschaft nicht ausschlagen.«
    Ich leerte ein weiteres Glas. Um mich drehte sich alles. Der glimmende Ofen und die Paraffinlampe waren bloß noch zuckende Lichtkleckse. Das Mondgesicht des Jungen hinter der Theke schwebte nach oben davon, als würde es sich tatsächlich um einen Mond handeln.
    »Aus dir muss ein Mann werden, mein Freund aus der Stadt«, sagte Petros. »Du musst zu einem richtigen Mann werden, wie wir Griechen es sind.«

    In diesem Moment betrat ein fetter Polizist den Laden. Petros und Andreas begrüßten ihn lauthals.
    »Das ist der Fremde mit der schönen Frau«, meinte Petros.
    »Das habe ich gehört«, erwiderte der Polizist

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