MetaGame: Science-Fiction Thriller (German Edition)
angespannt. Amanda saß neben ihm, und den rhythmischen Bewegungen ihrer Schulter nach zu urteilen, war sie unter dem Tisch mit etwas beschäftigt.
Lyra seufzte tief und wand sich beim Anblick Lilys. »Diese Vorstellung ist bizarr, sogar nach Groksta-Maßstäben.« Sie kniff die Augen leicht zusammen, außerstande, den Blick von dem Spektakel loszureißen, jedoch auch nicht willens, sich voll von ihm vereinnahmen zu lassen. Daraufhin stieß sie widerwillig ein knappes Kichern aus, das in ein jähes Aufkeuchen überging. »Oh, verdammt, jetzt geht auch noch D_Light da rauf! Jemand soll mir sagen, dass das nicht stattfindet.«
Lyra wandte sich an Brian, der in Habacht-Stellung an ihrer Seite stand, den Blick auf die Vorstellung unten geheftet. »Brian, sie machen sich zum Narren! Das ist nicht wünschenswert. Geh da runter und … na ja, sieh mal zu, was du tun kannst.«
Brian nickte bestätigend und ohne den Blick von der Bühne abzuwenden. Dann machte er sich wie ein bedrohlicher Wind zielstrebig auf den Weg die Treppe zum Laufsteg hinab und weiter zur Bühne, immer wieder Leuten ausweichend oder sie zur Seite stoßend.
Brian hatte keinen Plan. Nichts. Tatsächlich wusste er nicht einmal genau, was seine Herrin von ihm erwartete, aber er verspürteeinen unerklärlichen starken Drang, näher bei Lily zu sein. Ihr Tanzstil war nicht sexy, ganz und gar nicht, aber es war etwas an ihren Bewegungen, das verlockend unschuldig war. Nicht unschuldig auf naive Weise, sondern auf eine Weise, die den Zuschauern versicherte, dass sie sowohl gut als auch uneingeschränkt aufrichtig in ihrer Güte war. Tatsächlich schien die Menge, die sich zum Zuschauen versammelte, das auch so zu empfinden. Einige lachten, was offensichtlich der beabsichtigte Effekt war, aber viele andere starrten bloß hin, und die Kinnlade hing ihnen herab, oder sie lächelten unbefangen, als würden sie endlich etwas begreifen, um dessen Verständnis sie lange gerungen hatten.
Wie rosafarbene Zuckerwatte fiel das LoveGas™, das der Pantomime und sein Bär auf dem Laufsteg oben verströmten, über Treva und den Rest der Menge herab. Hätte Treva wirklich für eine Pharmafirma gearbeitet, so hätte sie vielleicht die Bedeutung dieses Umstands zu würdigen gewusst. Sie wurde nicht bloß unter Drogen gesetzt, sondern die Effekte von LoveGas™ waren nicht unbedingt dieselben für Menschen wie für Produkte – Produkte wie sie.
Sie wusste lediglich, dass sie einen Hunger verspürte, jedoch nicht den typischen Hunger wie auf der Jagd; vielmehr war er intensiver und … seltsam euphorisch. Sie überlegte, ob es wie sexuelles Verlangen war. Treva wusste, dass sie keinerlei Interesse an Sex hatte. Tatsächlich hatten ihre Designer sie nicht mit einer Vagina ausgestattet, bloß mit einer engen Harnröhre zum Zweck des Urinierens. Natürlich hatte sie auch keine Klitoris, da dies sinnlos gewesen wäre. Selbst der Hypothalamus, jener pfirsichkerngroße Klumpen Gehirnmasse, der Schlüssel für sexuelle Libido, war verändert worden, damit sie keinerlei Sexualtrieb hatte. Und daher war dieses Gefühl, das in ihr anschwoll, dieses Entzücken, diese aggressive Sinnlichkeit, umso verwirrender.
Sie wollte mehr.
Treva folgte ihrem Opfer zur Bühne, drängelte sich nach vorn durch. Da sie keine Aufmerksamkeit erregen wollte, setzte sie für diese Aufgabe nicht ihre beträchtliche Stärke ein, sondern wand sich stattdessen langsam durch die aufgeregten Grokster. Sie wurde ebenso unausweichlich zur Bühne hingezogen wie ein Blatt, das den Fluss hinuntertreibt, seinem Schicksal entgegen. Und mit jedem einzelnen Schritt wuchs der Same in ihr. Ihre Augen legten sich auf das Mädchen, auf jenes, welches das singende Geräusch ausstieß und die blöden, übertriebenen Bewegungen vollführte – Bewegungen, die Treva zu ihr hinzogen wie ein Kätzchen zu einem Wollknäuel.
Treva war eine Sucherin, und als solche war sie darauf trainiert, sich vor allem zurückzuhalten. Da Sucherinnen mit dem inhärenten Verlangen zur Jagd geboren wurden, mussten sie in der Disziplin der Selbstbeherrschung ausgebildet werden. Tatsächlich wären solche Produkte ohne diese Zurückhaltung eine gefährliche Belastung. Eine Welt, in der Produkte herumrannten, Menschen jagten und in aller Öffentlichkeit verzehrten, wäre entsetzlich und würde den Samen von Furcht und Unzufriedenheit säen, und keines von beidem wäre optimal für die Produktivität der Bevölkerung.
Treva wusste, was sie
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