MetaGame: Science-Fiction Thriller (German Edition)
taubenetztesGras bedeckte die Hydroranken unter ihm. Dass er sich auf die Kuppe dieses Hügels stellte, der höher als üblich war, verschaffte ihm einen besseren Überblick. Von diesem Aussichtspunkt aus hoffte er, eine Vorstellung davon zu erhalten, wie viel noch zum Durchsuchen verblieb.
Smorgeous informierte ihn, dass die Morgendämmerung nahte. Jede Minute würde der Himmel im Osten anfangen zu glühen, wenn die Sonne emporstieg. D_Lights Blick auf die Umgebung wurde ringsumher von anderen hohen Hügeln in der Ferne und durch hohe Blumen mit holzartigen Stängeln in der Nähe behindert. Er schob ein paar der ehrgeizigeren Blumenstängel beiseite, die es irgendwie fertiggebracht hatten, bis auf Augenhöhe zu wachsen. Die Stängel bogen sich sanft durch, brachen jedoch nicht – sie abzubrechen würde tatsächlich einige Mühe erfordern. Sie waren so engineert, dass sie biegsam, jedoch zäh waren, eine gute Voraussetzung für hauchdünne Pflanzen an einem Ort, wo Menschen wenig Wert auf angelegte Wege legten. Bald, wenn die Sonne voll am Himmel stünde, würden diese wunderschönen und geduldigen Wunder der Industrie sich an die Arbeit machen und die Sonnenstrahlen in Energie umwandeln – Energie für den Gebrauch im Hügel darunter. Die starken, faserigen Hydroranken des Hügels gaben gerade so viel nach, dass er das Gefühl hatte, über ein außergewöhnlich straff gespanntes Trampolin zu gehen.
Zu dieser Zeit des Morgens war es still. Hier und da sprenkelten ein paar hartgesottene Spanker die Straßen, aber der Ort hatte sich größtenteils geleert. Sobald die Sonne jedoch aufgegangen wäre, würde es gewiss mehr von ihnen hier geben – die Morgenspieler, die Verantwortlichen, die etwas spanken wollten, bevor sie sich für eine knappe Ration an Punkten widerstrebend an ein oder zwei Stunden Maloche begaben. Dann würden sie den restlichen Tag ebenso wie die Nacht dazu nutzen, noch etwas zu spanken. D_Light kannte das in- und auswendig.
Vor Jahren war er selbst hartgesotten gewesen, tatsächlich sogar der Hartgesottenste der Hartgesottenen. Er hatte sich einem Lebensstil verschrieben, den man »Ramboen« nannte, ein Ausdruck, der bedeutete,dass er sich völlig von der Natur ernährte. Nicht dass Ramboen eine so große Sache war, da viele Spanker es das eine oder andere Mal taten. Freie Unterkunft zu finden, war einfach. Es gab jede Menge wilde Bauten aus Hydroranken zwischen den offiziellen Wohntrakten. Das Zeug wuchs überall, und es breitete sich hartnäckig aus. Wenn man einen Flecken verlassenes Land fand, standen die Chancen gut, dass man dort bleiben konnte. Und Hydroranken taten mehr, als einen bloß vor Regen und dem morgendlichen Tau zu schützen. Sie regulierten tatsächlich die eigene innere Temperatur und Feuchtigkeit, sodass sich eine ziemlich gemütliche Behausung ergab. Trotzdem bedeutete das Leben in einem verlassenen Hydrorankenbau, dass man auf einige Dinge verzichten musste. Zum einen gab es keinen elektrischen Strom, keine Lichter, keine Vernetzung irgendwelcher Art. Das war jedoch weniger schlimm. Man konnte sich einfach in SkinWare einloggen, damit man etwas sah, und der Vertraute oder Bordcomputer konnte triviale Unterhaltung zur Verfügung stellen, wie Musik und Videos. D_Light benutzte daheim selten Elektrizität, außer zum Wiederaufladen von Smorgeous.
Was mehr Scherereien verursachte als die fehlende Elektrizität, war fehlendes Wasser. Zum Glück stand Baden beim Ramboen nicht gerade hoch im Kurs. Und wenn man sich erleichtern musste, konnte man das draußen tun, oder wenn man Glück und ein zusätzliches Hydrorankenzimmer in seiner Hütte hatte, auch dort; schließlich hatten Hydroranken, obwohl sie sehr effizient Stickstoff aus der Luft gewinnen konnten, nichts gegen etwas zusätzlichen Dünger.
Für einen Rambo war die Beschaffung von Nahrung in der Wildnis sogar noch leichter als die Beschaffung einer Unterkunft. Überall, wohin man ging, gab es Bäume und Blumen, die einzig und allein zu dem Zweck engineert waren, Nektar zu erzeugen, die allgegenwärtigste Energiequelle auf Erden. Menschen, Produkte, die meisten Maschinen und viele Pflanzen, darunter auch Hydroranken, konnten die klebrige, honigflüssige Substanz zu sich nehmen. Und Nektar gab es in vielen Geschmacksrichtungen, die allesamt schmackhaft genug waren, sogareinen verwöhnten Gaumen zu beeindrucken, zumindest eine Weile lang.
In der Tat mussten Rambos nicht ans Eingemachte gehen, und sie mussten auch nicht um
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