MetaGame: Science-Fiction Thriller (German Edition)
Dann noch einen. Als Nächstes ein leichtes Zwicken. Er wollte sich schon nach der Ursache dieser Belästigung umschauen, da hörte er ein Gekreisch von Lyra, bei dem ihm das Blut in den Adern gerann, gefolgt von Rufen Djosers.
Meine Seele, sie werden angegriffen! Ich werde angegriffen!
, woraufhin er ebenfalls zu schreien und um sich zu schlagen begann.
Amanda sagte nichts, aber ihre Augen waren groß, und sie hatte die Fänge gebleckt. Sie versuchte anscheinend, näher an Djoser heranzupaddeln, aber dass er so panisch um sich trat, machte die Sache sehr schwierig.
»Mutter!«, rief Brian und schwamm verzweifelt zu seiner Herrin zurück.
»Oh, die Fische sind gekommen!«, rief Lily fröhlich aus.
D_Light sah hinab und erkannte vage etwas, das anscheinend eine sich windende Masse an dunklen Formen unter Wasser war.
»Die Fische sammeln sich um uns. Sie halten uns vielleicht für Nahrung«, sagte Lily beschwingt.
»Wir sind Nahrung!«, rief jemand, und die allgemeine Panik ging weiter.
Lily brach in so gewaltiges Gelächter aus, dass sie fast unterging. Daraufhin holte sie tief Luft und rief: »Sie können euch nichts antun! Keine Zähne!« Und mit diesen Worten pflückte sie einen Fisch aus dem Wasser. Die graue, ovale Kreatur war fast zu groß, als dass Lily sie in ihren kleinen Händen richtig festhalten konnte, aber er wand sich allzu schwächlich hin und her, und so gelang es ihr doch mühelos. Seine Schuppen glitzerten stumpf in der Sonne, und sein winziges Maul öffnete und schloss sich rhythmisch und idiotisch wie der Mund einer Puppe.
Keuchend und nach wie vor leicht um sich schlagend, starrten die anderen sie an.
»Seht ihr? Sie sind süß und können euch nichts antun«, rief sie und gab dem Fisch einen Kuss direkt auf das Maul.
Die Gesellschaft lag hinter einem Bootsschuppen zum Trocknen in der Nachmittagssonne. Sie zogen einander wegen ihrer theatralischen Vorstellung im See auf und genossen ein herzliches Lachkonzert. Ihre Vertrauten sammelten die Archive von allen und schnitten ein 360-Grad-Rundumvideo des Ereignisses zusammen, das sie »Die Fütterung« nannten. Djoser hätte es fast in der Cloud veröffentlicht, weil er glaubte, dass ein Unterhaltungsmalocher den Inhalt vielleicht nutzen und ihm ein paar Punkte herüberschieben würde. Als ihm einfiel, dass sie wahrscheinlich Flüchtlinge waren, nahm er allerdings rasch davon Abstand. Natürlich waren sie verkleidet, und sein eigenes Monokel und der dumme Zylinderhut spielten eine größere komische Rolle, aber er sah ein, dass es vernünftiger wäre, das Video später zu veröffentlichen – nach dem Abschluss des MetaGames.
Da ihre Skinsuits natürlich wasserabweisend waren, trocknete die Gesellschaft in null Komma nichts. Die nächste Quest war noch nicht eingetroffen, und dank ihres kleinen Schwimmausflugs, versicherte ihnen Lily, hatten sie jeglichen potenziellen Verfolger abgeschüttelt – oder zumindest die Verfolgung verzögert. Wenn es eine gute Zeit für einen Dämon gab, etwas zu schlafen, dann jetzt. Djoser konnte sich nicht daran erinnern, wann er zum letzten Mal geschlafen hatte. Sein letzter Pillenschub war noch nicht abgeklungen, daher ließ er sich von seinem Frettchen-Vertrauten, Moocher, ein Beruhigungsmittel geben. Er zupfte an einem von Amandas langen Haarzöpfen. Pflichtschuldig kroch sie um ihn herum und massierte ihm die Schultern.
Als er spürte, dass er allmählich die tieferen Ebenen der Entspannung erreichte und ihm die Lider schwer wurden, betrachtete Djoser den braunen Schmier aus dem See, der auf Lilys nacktem Fußgelenk mitgekommen war; die Hitze der Mittagssonne buk ihn zu einer flockigen Kruste zusammen. Erschöpft roch er ihre nasse Haut, und das erweckte in ihm den Wunsch, sie möge es sein, die ihn massierte. Aber er entschloss sich, nicht gerade jetzt darum zu bitten. Lily könnte er später bearbeiten.
Djoser, du bist ein Schwein
, beschimpfte ihn Lyra über einen Blink. Djoser wurde ruckartig wieder wach.
Habe ich diesen letzten Gedanken laut gesendet?
, überlegte er.
Denkst immer bloß an dich selbst. Hat nicht unser Berater, den du für ungeeignet gehalten hast, sich bislang als Instrument unseres Erfolgs erwiesen?
Djoser verstand den Wink Lyras, die in der Nähe auf dem Rücken lag. Sie hatte den Schleier herabgezogen, sodass er ihr echtes Gesicht erkennen konnte. Das nasse Haar lag ihr wirr um den Kopf.
Djoser stieß ein leises, enttäuschtes Stöhnen aus.
Wenn dich das zum Schweigen
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