Metanoia - Du sollst Buße tun (Kommissar Pfeifers zweiter Fall)
darfst du erst einmal nach
Hause gehen, ja?“
„Einen Moment mal!“, mischte sich da der Polizist
ein, der vorhin die Tür bewacht hatte. „So einfach geht das aber nicht. Das
hier ist schließlich kein Kavaliersdelikt. Und was mit dem Bürschchen hier
passiert, bestimme immer noch ich. Sie kümmern sich nur um den Mord an der
Tochter des Hauses, wenn ich richtig informiert bin.“ Er stand da, die Hände
vor der Brust verschränkt und die Beine leicht gespreizt. Seine Miene verriet
Beate, dass er nicht mit sich reden lassen würde. Andererseits war sie die
ranghöhere Beamtin und hatte keine Lust, vor ihm am Boden zu knien und sich
zurechtweisen zu lassen. Also überließ sie Torben nun Leander und stand auf.
„Jetzt halten Sie aber mal die Luft an. Was glauben Sie eigentlich, wer Sie
sind? Das hier hat sehr wohl etwas mit dem Mordfall zu tun. Wenn Sie in den
Fall eingewiesen wären, wüssten Sie das. Da Sie aber offensichtlich keine
Ahnung haben, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie sich einfach raushalten würden.“
Sie stemmte die Hände in die Hüften, um ihrer Aussage mehr Nachdruck zu
verleihen, und trat noch einen Schritt auf den Streifenbeamten zu. Der schien
zunächst etwas verdutzt über die Gegenwehr, erholte sich aber schnell wieder.
„Ist das der Umgangston, den Sie in Freiburg untereinander pflegen? Na, Prost
Mahlzeit. Aber gut. Wie Sie meinen. Wenn etwas schiefgeht, liegt das aber in
Ihrer Verantwortung.“ Beleidigt verließ er die Küche.
„Dem haben Sie es aber gegeben“, schniefte Torben,
der inzwischen aufgestanden war. Rotz lief ihm aus der Nase, bahnte sich seinen
Weg über die Lippen zum Kinn und tropfte auf sein rotes Sweatshirt. Beate
lächelte unwillkürlich. Irgendwie rief der Zwölfjährige bisher unbekannte
Muttergefühle hervor, die irgendwo tief in ihr geschlummert haben mussten.
Obwohl sie wusste, dass sie dem Kollegen Unrecht getan hatte, hatte sie sich
dennoch für Torben eingesetzt. Das würde nicht ohne Konsequenzen für sie
bleiben, das war ihr klar.
„Komm jetzt Torben. Deine Mutter ist schon da, sehe
ich gerade. Irgendjemand muss sie bereits informiert haben“, unterbrach Leander
die beiden. „Endlich!“, rief der Junge und stürmte hinaus. Leander wandte sich
an Beate. „Du weißt, dass das riesigen Ärger gibt?“ Beate nickte stumm und
lächelte in sich hinein. Niemals hätte sie es über das Herz gebracht, den
Jungen jetzt aufs Revier bringen zu lassen. Sie würde das später mit der
Schuler klären.
20
Jana stand auf der anderen Straßenseite und
beobachtete die Szene vor dem Restaurant aus sicherer Entfernung. Sie wusste
nicht so genau, was sie von dem ganzen Trubel hier halten sollte. Eigentlich
hatten sie dem Bolander nur eins auswischen wollen, indem sie das Wort
„Metanoia“ auf seine Fassade schmierten und die Küche ein bisschen
durcheinander brachten. Wer konnte denn ahnen, dass das gleich so ein Aufsehen
erregen würde? Jetzt gerade führten sie ihn ab. In Handschellen!
Jana zitterte vor Aufregung und ihr wurde übel.
„Was soll ich nur tun? Was soll ich denn jetzt nur machen?“, murmelte sie die
ganze Zeit vor sich hin. Dann blieb ihr fast das Herz stehen, als sie
unerwartet und wie aus dem Nichts heraus angesprochen wurde. „Jana? Was machst
du hier?“
Das Mädchen wurde stocksteif und hielt den Atem an.
Sie versuchte, dem forschenden Blick Beates auszuweichen, indem sie den Asphalt
vor sich eingehend studierte.
Als Jana nicht antwortete, hakte die Kommissarin
noch einmal nach. „Und? Weißt du etwas darüber?“, sie zeigte auf das
Restaurant.
Da geriet Jana auf einmal in Panik, aller Vernunft
zum Trotz startete sie einen Fluchtversuch. Sie rannte ohne zu überlegen über
die Straße in Richtung des großen Abenteuerspielplatzes. Die ersten Meter
gewann sie noch an Boden, doch gegen die lauftrainierte Kriminalkommissarin
hatte sie letztendlich keine Chance. Beate holte die Jugendliche kurz vor dem
kleineren Spielplatz ein und packte sie bei den Schultern. Jana stolperte und
fiel hin. Sie rieb sich das Knie und sah etwas unglücklich drein, als Beate
sie, vielleicht etwas zu ruppig, zur Rede stellte.
„Ich, ich … Das wollten wir nicht. Das wollten wir
doch nicht. Wirklich.“
„Das sagtest du bereits. Ich will jetzt eine richtige
Antwort!“, schimpfte Beate.
„Ich, wir …“, begann Jana nochmals, brach ab,
sammelte sich und startete dann einen erneuten Versuch: „Wir haben doch nur das
Graffiti gesprüht. Ehrlich.
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