Metanoia - Du sollst Buße tun (Kommissar Pfeifers zweiter Fall)
miteinander reden
oder auf dem Revier. In jedem Fall haben Sie das Recht auf einen Anwalt …“,
begann Leander ihn über seine Rechte aufzuklären.
Doch Torsten Bolander hörte gar nicht mehr richtig
zu. Er wusste, was in diesem Tagebuch stand. Er hatte das verdammte Ding
gesucht. Weiß Gott hatte er das. Er hatte das ganze Haus auf den Kopf gestellt,
erfolglos. Und jetzt hatten es sich die Bullen unter den Nagel gerissen. Alles
war umsonst gewesen. Die ganzen Jahre harter Arbeit, um sein Restaurant zu dem
zu machen, was es heute war. Er wusste, dass niemand mehr hinter ihm stehen
würde, sobald es publik war. Alle würden sich von ihm abwenden. Dann konnte er
vermutlich auch nicht mehr auf die Unterstützung seines Freundes Olaf Böhm
bauen. Er hatte ihm helfen sollen, eine Karriere in der Kommunalpolitik zu
starten. Und er sollte recht behalten. Alle würden sich von ihm abwenden. Er
sollte künftig ganz allein sein, ein Geächteter in einer Stadt, die ihn zuvor
mit offenen Armen empfangen hatte.
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Bolander willigte ein, jetzt sofort mit ihnen zu
sprechen. In seinen eigenen vier Wänden. Denn er schien bereits zu ahnen, dass
er im schlimmsten Fall seine Villa für mehrere Jahre nicht wiedersehen würde.
Beate saß ihm gegenüber und blätterte in dem
Tagebuch. Angewidert sah sie ihn an. „Jetzt ist mir auch klar, was die
Jugendlichen mit dem Wort ´Metanoia` meinten. Das war tatsächlich an Sie
persönlich gerichtet. Sie sollten Buße tun für das, was Sie Ihrer
Adoptivtochter angetan haben.“ Ihre Stimme troff vor Verachtung. Bolander
nickte zerknirscht.
„Deshalb sind Sie auch so ausgeflippt. Sie hatten
Angst, dass jetzt alles rauskommen würde. Stimmt’s?“ Wieder ein Nicken.
„Und der Erpresserbrief, die Vergewaltigung, das
bezog sich nicht auf Tabea Siebling, sondern auf Silke!“
„Davon musste ich ausgehen, ja.“
„Was hatten Sie vor? Wollten Sie Torben tatsächlich
umbringen? Und dann vielleicht auch noch die anderen?“
Diesmal ein energisches Kopfschütteln. Und endlich
begann Bolander auch zu sprechen. „Natürlich nicht. Der Junge hat mir gesagt,
es ginge um eine Vergewaltigung. Aber er hat Silke nicht erwähnt. Also nahm ich
an, dass diese Taugenichtse irgendwie an die Informationen von damals gekommen
waren. Sie wissen schon, die Schlampe hat behauptet, ich hätte sie gegen ihren
Willen zum Sex gezwungen. Unschöne Geschichte. Jedenfalls, Torbens Schwester
und ihre Freunde hatten ihn dafür bezahlt, das Zeug an die Wände zu schmieren
und die Küche zu verwüsten. Das war alles. Ich bin doch kein Mörder.“
„Nein, nur ein Vergewaltiger. Schon blöd, wenn man
seine eigenen Missetaten durcheinander bringt“, bemerkte Leander mit einem
sarkastischen Unterton. „Sie sind doch …“ Er ließ den Rest offen.
Der Restaurantbesitzer ließ den Kopf hängen und
murmelte: „Es tut mir so leid. Ich habe das alles nicht gewollt. Ich wollte nie
jemandem wehtun. Ehrlich. Silke hat mich angemacht. Dauernd ist sie vor mir
herumgehopst mit ihren durchsichtigen Nachthemdchen und hat mir ihre Brüste
entgegengestreckt. Sie hatte Spaß daran, mich geil zu machen. Wenn ich sie dann
anfassen wollte, hat sie mich ausgelacht und ist weggelaufen. Ich bin doch auch
nur ein Mann. Außerdem hat es ihr gefallen, als es so weit war. Das können Sie
mir glauben. Was hätten Sie denn an meiner Stelle getan? Außerdem war sie kein
Kind mehr. Sie war doch schon fünfzehn!“
„Ja, natürlich. Es sind immer die anderen Schuld,
nicht wahr? Bloß keine Verantwortung übernehmen müssen“, fauchte Beate. Doch
Pfeifer gebot ihr durch eine Handbewegung, zu schweigen, bevor sie fortfahren
konnte. Stattdessen übernahm er nun die Befragung: „Die Prostituierte, die sie
vergewaltigt haben, war auch erst fünfzehn. Haben Sie das gewusst? Ich weiß
nicht, wie Sie es geschafft haben, sich da rauszureden, aber ich garantiere
Ihnen, diesmal wird das nicht funktionieren. Und was ist jetzt mit Silke? Haben
Sie sie getötet aus Angst, sie könnte etwas erzählen?“
Energisch schüttelte Bolander den Kopf. „Ich hätte
ihr niemals etwas angetan. Das können Sie mir nicht anhängen. Für alles andere
stehe ich gerade. Ich habe nichts mehr zu verlieren.“
„Ihre Frau haben Sie indirekt auf dem Gewissen, das
ist Ihnen klar? Wie haben Sie sie bloß dazu gebracht, Sie zu heiraten?“, wollte
Leander wissen.
„Sie wollte ein Heim für Ihre Tochter und weg von
ihren herrschsüchtigen Eltern. Und ich konnte ihnen
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