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Metro 2034

Metro 2034

Titel: Metro 2034 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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Außer ihr befand sich keine Menschenseele auf dieser breiten Straße, die in einem weit entfernten Punkt endete, dort, wo der Himmel und die verlassene Stadt zusammenstießen.
    Das Wetter war herrlich. Keine Niederschläge. Sascha konnte nicht einmal mehr weinen. Jetzt wollte sie einfach nur sterben. Als hätte er ihren Wunsch erhört, öffnete weit über ihr ein riesiger schwarzer Schatten seine Flügel.
    Was sollte er tun? Den Brigadier gehen lassen, sein Buch aufgeben und an der Station zurückbleiben, bis er das Mädchen gefunden hatte? Oder sie für immer aus seinem Roman streichen, Hunter folgen und wie eine Spinne darauf lauern, dass ihm eine neue Heldin ins Netz ging?
    Die Vernunft verbot es Homer, sich von dem Brigadier zu trennen. Wofür hatte er sonst die ganze Wanderung auf sich genommen, wofür sich selbst und die gesamte Metro einer tödlichen Gefahr ausgesetzt? Er hatte einfach kein Recht, sein Werk aufs Spiel zu setzen - das Einzige, was all diese Opfer, sowohl die schon erbrachten als auch alle künftigen rechtfertigte.
    Doch als er den zerschlagenen Spiegel vom Boden aufhob, wurde ihm mit einem Mal klar: Wenn er die Pawelezkaja verließ, ohne das Schicksal des Mädchens in Erfahrung gebracht zu haben, beging er einen Verrat. Einen Verrat, der sich früher oder später an ihm selbst und seinem Buch rächen würde. Aus seinem Gedächtnis würde er Sascha nie mehr verbannen können.
    Was immer Hunter sagte, Homer musste alles tun, um das Mädchen zu finden, oder sich zumindest davon überzeugen, dass sie nicht mehr lebte. Also machte sich der Alte mit doppelter Kraft auf die Suche.
    Die Ringlinie? Ausgeschlossen - ohne Dokumente würde sie niemals zur Hanse durchkommen. Die Zimmerflucht unter dem Durchgang? Homer durchsuchte sie von Anfang bis Ende, fragte jeden, der ihm entgegenkam, ob ihnen das Mädchen nicht aufgefallen sei. Schließlich erzählte ihm jemand, er habe sie vermutlich gesehen, sie habe einen Schutzanzug getragen. Homer traute seinen Ohren nicht.
    Endlich hatte er Saschas Weg bis zum Wachposten am Fuße der Rolltreppe nachvollzogen. »Was geht mich das an?«, entgegnete der Wachmann in der Kabine träge.
    »Soll sie doch gehen, wenn sie will. Ich hab ihr immerhin noch eine gute Brille zugesteckt. Du kommst hier aber nicht durch, ich hab ohnehin schon eins auf die Mütze bekommen. Da oben haben unsere nächtlichen Besucher ihr Nest. Da geht keiner hin. Als sie mich darum bat, hätte ich beinahe losgelacht.« Seine Pupillen waren groß wie Pistolenläufe und starrten in die Ferne, ohne auf Homer zu treffen.
    »Geh mal schön zurück, Opa. Es wird bald dunkel.« Hunter hatte es gewusst!Aber was hatte er gemeint, als er sagte, dass Homer das Mädchen nicht zurückholen konnte? War sie etwa noch am Leben?
    Vor Aufregung stolpernd hetzte er zurück zur Krankenstation. Er tauchte unter dem niedrigen Gang hindurch, kletterte die enge Treppe hinunter, riss ohne anzuklopfen die Tür auf.
    Das Zimmer war leer: Weder Hunter selbst noch seine Waffen waren zu sehen. Nur die Binden seines Verbands, braun von getrocknetem Blut, lagen noch auf dem Boden herum. Daneben der leere Flachmann. Der halbwegs gereinigte Schutzanzug war aus dem Nebenzimmer verschwunden.
    Der Brigadier hatte Homer einfach zurückgelassen, wie einen lästigen Köter. Der Mensch erhielt Zeichen. Das war immer die Überzeugung ihres Vaters gewesen. Man musste sie nur bemerken und entziffern können. Sascha blickte nach oben und erstarrte. Wenn ihr jemand einen Hinweis geben wollte, so hätte er sich schwerlich etwas Eindeutigeres ausdenken können.
    Unweit der eingestürzten Brücke trat aus dem dunklen Dickicht ein alter, runder Turm mit einer seltsam verzierten Kuppel hervor das höchste Gebäude in der gesamten Umgebung. Die Jahre waren ihm anzusehen: Die Wände waren von tiefen Rissen durchzogen, und der Turm selbst neigte sich gefährlich. Er wäre längst eingestürzt, wenn nicht ein Wunder ihn aufrecht gehalten hätte. Wie hatte sie das nur übersehen können?
    Um das Gebäude wand sich eine gigantische Kletterpflanze. Ihr Stamm war natürlich um einiges dünner als der Turm selbst, doch reichte seine Kraft offenbar aus, um das allmählich zerfallende Bauwerk zu stützen. Dieses erstaunliche Gewächs schlang sich spiralförmig um den Turm, wobei von seinem Hauptstrang dünnere Äste und davon wieder dünne Zweige abgingen, was zusammen eine Art Netz ergab, welches das Gebäude zusammenhielt.
    Sicher war diese Pflanze einmal

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