Metropolis brennt
Barriere …
Er blieb stehen. Sie befand sich nun direkt vor ihm, eine glatte, graue Substanz ohne Muster oder Kennzeichen. Es war keine Materie. Es war etwas, das die Erbauer vor urdenklichen Zeiten ersonnen hatten.
Wie sah es draußen aus? Sechshundert Jahre waren seit der Erschaffung der Barriere verstrichen. In diesem Zeitraum konnte sich der Rest der Welt beachtlich verändert haben. Dann kam ihm ein seltsamer Gedanke: Was war, wenn der Planet zerstört worden war? Wenn ihn eine Kettenreaktion unwiederbringlich vernichtet hatte? Hätte so etwas nicht auch Einfluß auf die Stadt gehabt? Oder wurde die Stadt hinter dieser phantastischen Barriere nicht nur beschützt, sondern in Wirklichkeit in eine völlig andere Existenzebene gehoben?
Er schlug mit der Hand gegen das Grau. Es war, als hätte er gegen Gummi geschlagen. Dann überkam ihn das Entsetzen ohne Vorwarnung. Er konnte sich nicht schreien hören.
Hinterher fragte er sich, wie man eine Ewigkeit in einen einzigen Augenblick pressen konnte. Er dachte wieder an Selbstmord.
„Selbstmord?“ fragte Fleming.
Nehral war äußerst besorgt. „Die Ökologie versagt“, bemerkte er. „Ich nehme an, die Schwierigkeiten liegen darin begründet, daß die Stadt eine geschlossene Einheit ist. Wir tun heute künstlich, was vor sechshundert Jahren ein Naturgesetz war. Aber die Natur bevorzugt niemanden, wie wir das tun. Und die Natur bediente sich auch einiger Variablen. Ich spreche von Mutationen. Die Regeln besagten nicht, daß man keine neuen Figuren ins Spiel bringen durfte – im Grunde genommen gab es überhaupt keine Regeln, die das Einführen neuer Regeln verboten. Aber hier in der Stadt müssen wir uns an die ursprünglichen Regeln und Figuren halten. Wenn Bill Norman sich selbst tötet, kann ich nicht vorhersagen, was geschehen wird.“
„Mit uns?“
„Mit uns, und, durch uns, mit den Bürgern. Normans Psychologe kann ihm nicht helfen, weil er ebenfalls ein Bürger ist. Er weiß nicht …“
„Was war denn übrigens sein Problem? Das des Psychologen. Er sagte doch zu Norman, er hätte es überwunden, indem er sich der Psychologie zuwandte.“
„Sadismus. Dessen konnten wir uns ohne Schwierigkeiten annehmen. Wir leiteten sein Interesse in ein Studium der Psychologie um. Sein geistiger Index war so hoch, daß ein chirurgischer Eingriff nicht in Frage kam, wir benötigten eine subtilere intellektuelle Entspannung. Jetzt ist er völlig sozial und ausgeglichen. Die Ausübung der Psychologie war genau jene Art von Sublimierung, die er benötigte, und er ist sehr kompetent in seinem Fach. Aber er wird niemals bis zur Wurzel von Normans Problem vorstoßen. Die Ökologie versagt“, wiederholte er. „Die Wechselwirkung zwischen einem Organismus und seiner Umwelt – in diesem Fall ist sie gestört. Halluzinationen! Norman hat keine Halluzinationen. Nicht einmal Illusionen. Er hat ganz einfach nur rationale Perioden, die glücklicherweise kurz sind.“
„Trotzdem ist die Ökologie abnormal.“
„Das mußte so sein. Die Stadt ist unbewohnbar.“
Die Stadt schrie.
Sie war ein Mikrokosmos, und sie unterlag einer kaum vorstellbaren Belastung, um ihre Wirksamkeit zu garantieren. Es war der Außenbordmotor eines Rettungsbootes. Der Sturm tobte. Der Motor kreischte, heulte, schrie und schlug Funken. Die Umwelt war so vollkommen künstlich, daß keine gewöhnliche Technologie das Gleichgewicht aufrechterhalten konnte.
Vor sechshundert Jahren hatten die Erbauer Plan um Plan studiert und verworfen. Der maximale Durchmesser der Barriere betrug fünf Meilen. Die Störanfälligkeit nahm mit dem Quadrat des Durchmessers zu. Doch
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