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Meuterei auf der Deutschland

Meuterei auf der Deutschland

Titel: Meuterei auf der Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klecha Walter Hensel
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aktuellen Beitrag bewegen sich die Piraten allerdings deutlich unter dem Betrag, den deutsche Parteien für gewöhnlich von ihren Mitgliedern verlangen. CDU , CSU , SPD und FDP erheben Mindestbeiträge zwischen fünf und acht Euro. Sie alle praktizieren überdies ein Modell, bei dem die Beiträge mit dem Einkommen steigen, so dass die durchschnittlichen Summen entsprechend höher liegen. Ähnlich handhaben es auch die Grünen und die Linke. Insgesamt haben nur einige Klein-, Nischen- oder Splitterparteien eine Beitragsordnung, die mit der der Piraten vergleichbar wäre.
    Doch obwohl die Mitgliedschaft ausgesprochen günstig ist, hält sich die Zahlungsmoral der Piraten in Grenzen. Weniger als zwei Drittel der Mitglieder entrichten gegenwärtig überhaupt ihren Beitrag. Säumige Zahler verlieren zwar ihr Stimmrecht, werden gemäß der Bundessatzung allerdings nicht aus der Kartei gestrichen. Andere Piraten wiederum nutzen die Option, aufgrund sozialer Härten nur einen verminderten Beitrag in Höhe von einem Euro im Monat zu überweisen. Der Empfehlung, nach Möglichkeit ein Prozent des Nettoeinkommens an die Partei abzugeben, kommen demgegenüber nur wenige nach. Dividiert man das gesamte Beitragsvolumen durch die Anzahl der Mitglieder, kommt man für 2009 auf eine Summe von 18 Euro im Jahr, wobei das rasante Wachstum in diesem Zeitraum die Werte in negativer Richtung verzerrt. 2010 waren es dann zwar immerhin 30 Euro, führt man sich jedoch vor Augen, dass die SPD etwa 90 Euro und die Grünen gar 125 Euro pro Mitglied verbuchen konnten (Hendricks 2009, S. 7; Strehl 2010, S. 9), wird klar, wie gravierend die Finanzierungsprobleme der Piraten sind.
    Erschwerend kommt hinzu, dass es in der Partei keine Regelung hinsichtlich zusätzlicher Abgaben von Mandatsträgern gibt; bei der Konkurrenz ist es schließlich üblich, dass Abgeordnete, Bürgermeister oder Regierungsmitglieder zwischen 15 und 30 Prozent ihrer Aufwandsentschädigungen bzw. Bezüge an die Partei abführen (Adams 2005, S. 255 f.). Die Piraten haben sich allerdings bewusst entschieden, auf solche Einnahmen zu verzichten, da ein solcher Sonderbeitrag aus grundlegenden Bedenken heraus abgelehnt wird. Selbst die Schatzmeister der Landes- und Kreisverbände verweisen darauf, dass der Aufwand der ehrenamtlichen Mandatsträger im kommunalen Bereich, die teilweise sogar ihre früheren Jobs aufgegeben haben oder auf Teilzeit gewechselt sind, die Aufwandsentschädigungen übersteige. Bei Abgeordneten, die ihrem Amt hauptberuflich nachgehen, greift das Argument der Verhältnismäßigkeit zwar nicht, allerdings übt sich die Partei auch hier in Enthaltsamkeit. Da man allgemein Staatsferne predigt, möchte man sich nicht auf diesem Umweg indirekt mit Steuermitteln alimentieren lassen. Freiwillige Beiträge akzeptiert man zwar, eine Pflicht zum Spenden will man jedoch nicht in die Satzung aufnehmen.
    Die Piraten bleiben somit bei den Einnahmen strukturell hinter der Konkurrenz zurück. Zudem erwies sich das Kassenwesen der Bundespartei während der ersten Jahre als schlichtweg chaotisch. Die Unterlagen zu den Jahresabschlüssen 2006, 2007 und 2008 haben die Kassenprüfer und der Bundesparteitag zurückgewiesen. Ein Kassenbuch existierte nicht, die Kontoauszüge und Buchungsbelege für das Jahr 2009 fehlten ebenfalls (Schlömer 2009). Die Schwierigkeiten, im Rechenschaftsbericht alle Einnahmen vollständig auszuweisen, führten wiederum zum Verfall von Mitteln aus der staatlichen Finanzierung (Bechtold 2009). Zudem entstanden zusätzliche Ausgaben für die Bundespartei, weil einige Landesverbände ihre Jahresabschlüsse nicht rechtzeitig fertigstellen konnten. Einige Landesverbände versagten den Vorständen deswegen die finanzielle Entlastung; dasselbe passierte auf dem Bundesparteitag 2012, da kein vorläufiger Abschluss für das Jahr 2011 vorlag und weil wegen terminlicher Engpässe des Schatzmeisters nur die erste Jahreshälfte geprüft worden war.
    Die Abgabe der Rechenschaftsberichte bleibt also ein Kraftakt für die Piraten. Sie müssen regelmäßig Fristverlängerungen beim Bundestagspräsidenten beantragen, das erforderliche Testat der Wirtschaftsprüfer (das die klamme Parteikasse zusätzlich belastete) erhielt man für den Rechenschaftsbericht 2010 erst vier Tage vor dem Ablauf der ohnehin bereits verlängerten Frist. Während die ehrenamtlichen Schatzmeister in anderen Parteien von einem kostenintensiven hauptamtlichen Apparat unterstützt werden, müssen die

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