Meuterei auf der Deutschland
frühen Grünen eine wichtige Ressource weitgehend, nämlich konkrete politische und organisatorische Erfahrung.
3.4 Wie finanziert sich die Partei?
Die Finanzen einer Partei stellen immer einen kritischen Punkt dar, schließlich hängen Handlungsfähigkeit und finanzielle Schlagkraft eng zusammen. Für die interne Verwaltung, für gesetzlich vorgeschriebene Versammlungen sowie die Organisation von Wahlkämpfen braucht man eine verlässliche Einnahmebasis. Außerdem muss das ehrenamtliche Engagement der Mitglieder unterstützt werden, etwa wenn Reisekosten oder Auslagen sonstiger Art anfallen. Entsprechende Einnahmen zu generieren ist allerdings nicht immer ganz einfach. Die regelmäßige Überweisung des Mitgliedsbeitrags setzt eine altruistische Grundhaltung an der Basis voraus. Ehrenamtliche opfern einen Teil ihrer Freizeit, verzichten indirekt auf Einkünfte und geben möglicherweise eigenes Geld für die Partei aus. Spenden haftet immer der Makel an, eine Partei sei käuflich. Veröffentlichungspflichten sollen dem zwar entgegenwirken, sie haben aber möglicherweise eine abschreckende Wirkung auf die Spender, die nicht in den Verruf kommen wollen, die Politik zu korrumpieren.
Auch an diesem Punkt ergibt sich eine aufschlussreiche Differenz zur Frühgeschichte der Grünen. Die Alternativen legten eine beachtliche juristische Kreativität an den Tag, um den Aufbau der Partei zu finanzieren. Sie nutzten dabei die damaligen Spielräume der staatlichen Parteienfinanzierung, die Parteien noch unabhängig von ihren Einnahmen auf Grundlage von Wahlergebnissen unterstützte. Mit dieser Hilfe konnten die Grünen ihre Eigenmittel beträchtlich hebeln. So nahm ein Vorläufer der späteren Bundespartei 1978 nach der Landtagswahl in Niedersachsen derart viel Geld ein, dass man nicht nur die Kosten des Wahlkampfs decken, sondern auch den Aufbau weiterer grün-alternativer Listen finanzieren konnte (Ebbighausen et al. 1996, S. 330; Klein/Falter 2003, S. 38). Nachdem man 1979 (noch als Wählervereinigung) erstmals bei der Europawahl angetreten war, konnte man 1980 im Jahr der offiziellen Gründung bereits Einnahmen in Höhe von 4,8 Millionen D-Mark aus der staatlichen Wahlkampfkostenerstattung fürsich verbuchen (Langguth 1984, S. 26). Nur so war es möglich, einen hauptamtlichen Parteiapparat aufzubauen, sich organisatorisch zu professionalisieren und ein beachtliches Vermögen anzusammeln, das es erlaubte, die Jahre nach 1990, als man im Westen an der Fünfprozenthürde scheiterte, einigermaßen unbeschadet zu überstehen.
Die Piraten haben es da heute nicht so einfach, vor allem weil die gesetzlichen Grundlagen nach einem Verfassungsgerichtsurteil von 1992 mittlerweile geändert wurden. Die staatlichen Zuschüsse sind auf dem Niveau der von einer Partei selbst generierten Einnahmen gedeckelt (Wettig-Danielmeier et al. 2005, S. 223 f.). Bei den Piraten verschärft sich die Situation durch ein hausgemachtes Problem: Zwar hatten sie aufgrund der guten Wahlergebnisse bei der Europa- und der Bundestagswahl 2009 bereits 2010 Anspruch auf eine Million Euro im Jahr (eine Summe, die mittlerweile auf 1,5 Millionen gestiegen ist), sie konnten diese jedoch nicht mit Eigenmitteln hinterlegen und erhielten nur einen Bruchteil ausbezahlt. Auf der Grundlage des maßgeblichen Rechenschaftsberichts 2008 konnten sie 2009 nur 31 500 Euro beanspruchen (Deutscher Bundestag 2010). In den beiden Folgejahren waren es jeweils 600 000 Euro (Deutscher Bundestag 2011; Deutscher Bundestag 2012). Das entspricht in etwa der Summe, die seinerzeit die im Wesentlichen auf Hamburg begrenzte Schill-Partei überwiesen bekam.
Der entscheidende Grund für die notorisch desaströse Finanzsituation ist der niedrige Mitgliedsbeitrag, ein Merkmal, das für Piratenparteien weltweit typisch zu sein scheint: Das schwedische Vorbild erhebt gar keine Beiträge, die niederländischen, britischen und kanadischen Schwesterparteien verlangen jährlich zwischen 7,50 Euro und 17,50 Euro. Im Vergleich dazu ist der Mitgliedsbeitrag in Deutschland relativ hoch: Bis 2012 lag er einheitlich bei drei Euro im Monat. Auf dem Bundesparteitag in Neumünster benötigte man mehrere Abstimmungsrunden, um mit einer knappen Zweidrittelmehrheit eine Anhebung um einen Euro zu verabschieden. Dagegen wehren sich bis heute etliche Mitglieder, in deren Augen es auf die Freiwilligkeit der Spenden ankommt.Ein libertäres Politikverständnis durchzieht also auch diese Debatte.
Selbst mit dem
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