Meuterei auf der Deutschland
Piraten komplett ohne solche Hilfe auskommen.
Die Konsolidierung der Parteiorganisation und das immense Mitgliederwachstum seit 2011 versprechen nun eine geringfügige Besserung der finanziell klammen Lage. Der bisherige Bundesschatzmeister Rene Brosig geht davon aus, dass Beiträge und staatliche Beihilfen im Wahlkampfjahr 2013 immerhin 250 000 Euro mehr in die Kassen spülen werden als bislang. Da die erfolgreichen Landesverbände jedoch bei der Verteilung der staatlichen Mittel Vorrang haben, wird beim Bundesverband allenfalls ein Bruchteil davon ankommen. Für 2012 rechnet man gar damit, dass die Bundesebene und die Verbände in Niedersachsen und Bayern, die 2013 Landtagswahlkämpfe zu absolvieren haben, leer ausgehen werden.
Auf der anderen Seite steigen angesichts des Mitgliederwachstums und der Erfolge auch die Ausgaben der Partei: Die Installation einer neuen Buchhaltungssoftware schlägt mit Anschaffungs- und Lizenzgebühren zu Buche. Parteiinterne Schiedsverfahren und einzelne Prozesse, die man gegen die Parteienfinanzierung beim Verfassungsgericht eingereicht hat, verursachen Kosten. Weiterhin sollen fünf Prozent der Mitgliedsbeiträge an den Dachverband Pirates Party International abgeführt werden. Die enorm gestiegene Medienprominenz hat die Parteiführung zudem veranlasst, im April 2012 erstmals eine Pressesprecherin einzustellen, die für eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden allerdings nur 800 Euro verdient (Piratenpartei Deutschland 2012). Auch die Leiterin der Bundesgeschäftsstelle in der Berliner Pflugstraße arbeitet nur im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses. Insgesamt bindet das hauptamtliche Personal zwischen 20 000 und 30 000 Euro im Jahr, mehr kann sich die Partei nicht leisten. Allein der Aufwand für die Erstellung der Rechenschaftsberichte würde aber seit Jahren die Einstellung von weiterem Personal rechtfertigen.
Aus der basispartizipatorischen Organisation der Piraten ergeben sich weitere Kosten: Da die Partei kein Delegiertensystem kennt, bei dem regionale Gliederungen Repräsentanten zu Parteitagen entsenden, müssen mittlerweile auf Landes- wie auf Bundesebene sehr große und damit teure Hallen angemietet werden. Insgesamt verschlingen die Parteitage mittlerweile etwa ein Drittel des Gesamtetats der Bundespartei. Daneben plädieren Vorstandsmitglieder inzwischen für eine zumindest symbolische Vergütung ihrer Arbeit. Das ist im Moment allerdings ebenso wenig realistisch wie eine Anhebung der Fahrtkostenerstattungen für die Mitglieder des Bundesvorstands. Die Partei ist also – insbesondere auf der Bundesebene – derzeit chronisch unterfinanziert. Landesschatzmeister planen im Moment nur von Wahl zu Wahl, der Bundestagswahlkampf 2013 wird absehbar eine große finanzielle und organisatorische Herausforderung. Die Bundesgeschäftsstelle stößt bereits jetzt an ihre räumlichen Grenzen (Bender 2011). Für ein attraktiv gelegenes Alternativquartier fehlt es aber an Geld.
Bislang gelang es den Piraten allerdings meist, die nötigen Ressourcen aufzutreiben, wenn es wirklich darauf ankam. Dabei setzt man einerseits auf Kreativität und Improvisation, andererseits kommt den Piraten zugute, dass sich über das Internet vergleichsweise leicht Kleinspenden einsammeln lassen (Palfrey/Gasser 2008, S. 261). Solche Praktiken lassen sich aber nicht beliebig ausweiten; mittelfristig werden die Piraten sich in diesem Bereich eindeutig professionalisieren müssen. Für den Aufbau einer In-frastruktur, die gewährleistet, dass man auch außerhalb von Wahlkampfzeiten handlungsfähig ist, fehlt der Partei im Moment jedoch schlichtweg eine zuverlässige Einnahmebasis.
4. Wenn der Rauch sich verzieht
Offenkundig reüssieren die Piraten gegenwärtig, weil sie anders sind als die übrigen Parteien. Sie grenzen sich von den traditionellen Formen der politischen Kultur und Praxis ab, berufen sich dabei auf ein idealistisches Demokratieverständnis und kombinieren dieses mit den technologischen Möglichkeiten der Internetkultur. Aus diesen Gründen reitet die Partei in der Öffentlichkeit vorerst auf einer Welle der Sympathie. Mit fast spielerischer Leichtigkeit gelang ihr der Einzug in vier Landesparlamente in Folge. Wie nachhaltig diese Erfolge sein werden, ist im Moment noch nicht absehbar. Derzeit kann man sich auf die Wählerbasis verlassen, die den Piraten flächendeckend Ergebnisse zwischen sieben und neun Prozent beschert. Aber aus welchen Motiven haben die
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