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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Deck sein.
    Dieses ewige Nichtschlafenkönnen! Eine neue qualvolle Nacht, und dann wieder ein langer trüber Tag mit graubewölktem Himmel und bleierner, grober See. Und kein Fräulein West! Auch Wada war jetzt seekrank, wenn er sich auch heldenmütig auf den Beinen hielt und mir behilflich zu sein versuchte, obgleich er kaum aus den verglasten Augen sehen konnte. Ich schickte ihn zu Bett und las alle die endlos langen Stunden, bis meine Augen müde geworden waren und mein Gehirn ganz umnebelt war.
    Kapitän West war übrigens nicht sehr unterhaltend. Je mehr ich von ihm sah, desto mehr wunderte ich mich. Er hatte das Gleichgewicht und das Wesen, die einem zurückhaltenden, übergeordneten Wesen ziemen, aber dennoch stellte ich mir bisweilen die Frage, ob es nicht nur äußere Form war und sonst nichts. Manchmal glaubte ich fast, daß hinter dem Gepräge edler Rasse, dem Anschein großer Kraft und der aristokratischen Haltung seiner hohen Gestalt in Wirklichkeit gar nichts Tieferes steckte.
    Dann wieder grübelte ich, was sich wohl hinter diesen klaren blauen Augen verbergen mochte.
    So fern die beiden Steuermänner auch ihren Leuten waren, so groß der Abstand zwischen ihnen auch sein mochte, der Abstand zwischen Kapitän West und seinen beiden Offizieren war doch größer. Ich hatte noch nicht bemerkt, daß er mit Mellaire je ein Wort über das unvermeidliche »Guten Morgen« hinaus auf der Kampanje gesprochen hätte, und mit Pike, der doch dreimal täglich am Tische mit ihm saß, schien er auch noch keine längere Unterhaltung geführt zu haben.
    Noch etwas: Worin bestehen eigentlich die Obliegenheiten des Kapitäns? Vorläufig hatte er nichts getan, als dreimal täglich zu essen, sehr viele Zigarren zu rauchen und jeden Tag einen Spaziergang von insgesamt einer Meile Länge auf der Kampanje zu machen. Die Steuermänner mußten die gesamte Arbeit tun, und es ist eine verdammt schwere Arbeit… vier Stunden an Deck und vier Stunden Freizeit, Tag und Nacht in unaufhörlichem Wechsel. Ich beobachtete Kapitän West und war tatsächlich erstaunt. Er konnte zurückgelehnt im Sessel der Kajüte sitzen und unbewegt Stunde auf Stunde vor sich hinstarren, bis ich eine fast unüberwindliche Neigung verspürte, ihn zu fragen, woran er nur so lange dachte. Bisweilen zweifelte ich, daß er überhaupt an etwas dachte. Ich war nicht imstande, ihn zu ergründen.
    Alles in allem war es ein trauriger Tag, mit Regenschauern und Sturzseen über das Deck. Ich begann einzusehen, daß es bedeutend schwieriger ist, als ich gedacht hatte, ein Segelschiff mit fünftausend Tonnen Kohle an Bord um Kap Hoorn zu führen.
    Die Elsinore ging so tief, daß sie wie ein Holzklotz war, der immer wieder überspült wurde. Die sechs Fuß hohe Schanzkleidung aus Eisen konnte nicht verhindern, daß die Seen über das Deck stürzten, das Schiff wurde durch ihr Gewicht noch tiefer gedrückt, bis es ganz tot dalag.
    Ja, es war ein trübseliger Tag gewesen. Die beiden Steuermänner hatten sich in Wachen und Ruhestunden abgelöst. Kapitän West hatte auf dem Diwan der großen Kajüte geschlafen oder die Bibel gelesen. Fräulein West war immer noch krank. Ich hatte mich in meinen Büchern müde gelesen, und mein Gehirn war vom Schlafmangel so umnebelt, daß ich ganz melancholisch war. Selbst Wada bot durchaus kein erheiterndes Schauspiel – mit kleinen Zwischenräumen kroch er aus dem Bett, um mit seinen kranken, glasigen Augen meine Wünsche ausfindig zu machen. Ich selbst hatte keinen anderen Wunsch, als selbst seekrank zu werden. Nie in meinem Leben hätte ich gedacht, daß eine Seereise so unbeschreiblich eintönig und so wenig ermunternd sein könnte, wie diese zu werden schien.

    Wieder ein Morgen mit bewölktem Himmel und bleierner See. Die Elsinore hat die Hälfte ihrer Segel gesetzt, sie läuft mit klappernden Schlagpforten, und das Wasser strömt aus ihren Speigatten. Es geht ostwärts, immer weiter in den Atlantischen Ozean hinein. Ich hatte die letzte Nacht nur anderthalb Stunden geschlafen. Im selben Augenblick, wenn ich die Lampe auslösche und einnicken will, fängt das Jucken sofort an, überall an meinem Körper entstehen kleine Knoten oder Blasen.
    Fräulein West ist immer noch seekrank, aber ganz scheint die Krankheit sie doch nicht mit Beschlag zu belegen, denn von Zeit zu Zeit schickt sie mir den Steward mit einer Dosis Cremor Tartari.
    Aber heute habe ich eine Offenbarung gehabt. Ich habe endlich Kapitän West entdeckt: Er ist ein

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