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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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wenn ich daran denke, daß ich das ganze Cremor Tartari so ganz zwecklos verschwendet habe.«
    »Es scheint ja… sehr… sehr komisch zu sein«, sagte ich etwas steif, aber nur, um zu merken, daß es gar keinen Zweck hatte, Fräulein West gegenüber den Steifen zu spielen. Sie begann einfach wieder zu lachen.
    »Was Sie nötig haben, Herr Pathurst«, sagte sie und lachte wieder, »ist nämlich eher eine äußerliche Behandlung…«
    »Bitte erzählen Sie mir nur nicht, daß ich die Windpocken oder Masern bekommen hätte«, rief ich entrüstet.
    »Nein, nein.« Sie schüttelte ihren Kopf, während sie einen neuen Lachanfall hatte. »Sie haben nämlich einen ganz schweren Anfall – «
    Sie machte absichtlich eine Pause und sah mir dann in die Augen.
    »Von Wanzen«, schloß sie ihren Satz.
    Und dann fügte sie ganz ernst hinzu: »Das bringen wir aber gleich in Ordnung. Ich werde die Räume unten gründlich untersuchen, obwohl ich ja weiß, daß weder Papa noch ich welche haben. Obwohl es meine erste Reise mit Pike ist, weiß ich doch, daß er ein viel zu hartgesottener Seemann ist, um nicht nachzusehen, ob sein Raum sauber ist. Bei Ihnen (ich hatte wirklich Angst, daß sie sagen würde, ich hätte sie mitgebracht), bei Ihnen müssen sie wohl aus dem Vorderkastell eingeschleppt worden sein. Vorn haben sie ja immer Wanzen. Es ist am besten, wenn Sie gleich mit Wada sprechen, daß er irgendwo ein vorläufiges Nachtlager für Sie einrichtet. Die nächsten paar Nächte müssen Sie in der großen Kajüte oder im Kartenhaus verbringen. Und sorgen Sie, bitte, dafür, daß Wada alles Silber und anderes Metall, das anlaufen könnte, aus Ihrer Kabine herausnimmt. Denn jetzt räuchern wir aus, und dann müssen wir auch das Paneel abreißen und wieder aufsetzen. Sie können mir die Sache ruhig anvertrauen. Ich kenne dies Ungeziefer gründlich.«
    Dann wurde gründlich reingemacht und alles auf den Kopf gestellt. Zwei Nächte konnte ich nicht in meiner Kabine schlafen – die eine verbrachte ich im Kartenhaus, die andere in der großen Kajüte. Ich schlief fast ununterbrochen, und noch jetzt bin ich ganz verblödet vor lauter Schlafen. Dank einem seltsamen Prozeß meiner Einbildungskraft scheint es mir Wochen, ja Monate zurückzuliegen, daß ich Baltimore an jenem eiskalten Märzmorgen verließ. Und doch hatten wir damals den 28. März, und heute sind wir in der ersten Woche vom April.
    Fräulein West ist das tüchtigste und praktischste weibliche Wesen, das ich je getroffen habe. Unter ihrer Anleitung wurden Kojen, Schränke, Regale und alles überflüssige Holzwerk herausgerissen. Sie arbeitete mit dem Zimmerbaas von morgens bis abends. Als dann eine Nacht lang ausgeräuchert war, wurden zwei Matrosen beauftragt, die Säuberungsaktion mit Terpentin und Bleiweiß zu vollenden. Jetzt ist der Zimmermann eifrig dabei, meine Räume wieder instand zu setzen, in zwei bis drei Tagen hoffe ich, sie wieder zu beziehen.
    Aus den zwei Leuten, die mit Terpentin und Bleiweiß arbeiten sollten, wurden freilich vier. Denn die ersten wurden von Fräulein West wieder weggeschickt, weil sie ihr für diese Arbeit weniger geeignet erschienen. Der eine von ihnen, der – wie er mir sagte – Steve Roberts hieß, war eine ganz interessante Erscheinung. Ich hatte indessen erst wenig mit ihm gesprochen, als Fräulein West ihn wegschickte und Pike mitteilte, daß sie richtige Seeleute für diese Arbeit wünschte. Das war Steve Roberts, der zum erstenmal in seinem Leben auf See war, allerdings nicht. Er erzählte nicht, wie er von einer Rinderfarm im Westen nach New York gekommen war, und ebensowenig berichtete er, wie er sich für die Elsinore hatte heuern lassen. Doch nun ist er einmal da – kein Seemann zu Pferde, aber ein Cowboy zur See. Er ist klein von Gestalt, aber sehr kräftig. Er hat breite Schultern, und seine Muskeln schwellen unter dem Hemd, aber dabei hat er schmale Hüften, schlanke Glieder und hohle Wangen. Obgleich ein Neuling auf See, erweist sich Steve Roberts als tüchtig und intelligent, und zuverlässig ist er auch. Er blickt einem freimütig ins Gesicht, wenn man mit ihm spricht, und doch habe ich gerade in solchen Augenblicken einen Eindruck von Unaufrichtigkeit. Wenn es zu Unruhen kommen sollte, ist mit ihm zu rechnen. Es scheint eine Art Verwandtschaft zwischen ihm und den drei Männern zu bestehen, gegen die Pike plötzlich ein solches Vorurteil faßte. Ich habe auch bemerkt, daß Steve Roberts in seinen Freiwachen

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