Meuterei auf der Elsinore
Spiel mit der Rückversicherung teilzunehmen. Aber er wird wild, wenn er Sidney Waltham sieht, der seelenruhig an der Brüstung der Back steht und See und Himmel betrachtet oder auf der Lausepflicht liegt und Haie zu angeln versucht. Als Pike gestern an Deck kam, um mich abzulösen, lieh er sich meinen Stutzen und eröffnete ein Schnellfeuer auf den Untersteuermann, der in größter Ruhe seine Angelleine in Sicherheit brachte, ehe er wieder auf die Back kletterte.
Und doch ist es gar nicht so, wie man sich eine richtige Meuterei denkt. Da gibt es keinen Nahkampf, keine brüllenden Kanonen, da blitzen keine Säbel, die Matrosen saufen keinen Grog, und niemand hält brennende Fackeln an geöffnete Pulvermagazine. Du lieber Gott, es gibt gar keinen Säbel, kein Pulvermagazin an Bord. Und was den Grog betrifft, so hat keiner von den Leuten seit Baltimore einen zu trinken bekommen. Aber trotzdem ist es eine Meuterei – ich werde nie mehr daran zweifeln. Mag es auch eine Meuterei im zwanzigsten Jahrhundert an Bord eines Kohlenschiffs, und mögen die Meuterer auch Schwächlinge, Trottel und Verbrecher sein – Meuterei ist es, die Zahl der Toten gemahnt schon an die Meutereien der guten alten Tage. Seit ich das letztemal Gelegenheit hatte, diese Eintragungen zu machen, ist nämlich allerlei geschehen. Jetzt führe ich das Schiffsjournal, Margaret hilft mir dabei.
Ich hätte ja eigentlich wissen müssen, daß es so kommen würde. Gestern morgen um vier löste mich Pike ab. Als ich in der Dunkelheit an die Brüstung der Kampanje trat, wo er stand, mußte ich ihn zweimal anreden, bevor er meine Anwesenheit bemerkte. Und selbst da grunzte er ›nur geistesabwesend zur Antwort. Im nächsten Augenblick kam er zu sich, nur war er vielleicht ein wenig aufgeräumter als gewöhnlich. Er nahm sich sehr zusammen. Ich bemerkte es, war aber völlig unvorbereitet auf das, was jetzt folgte.
»In einer Minute bin ich wieder da«, sagte er, schwang sich über den Kampanjebogen und verschwand schnell in der Dunkelheit an Deck.
Ich konnte nichts dagegen tun. Hätte ich ihn zurückgerufen, so würde das nur die Aufmerksamkeit der Meuterer auf uns gelenkt haben. Ich hörte seine Füße auf dem Deck aufschlagen, als er sich hinabfallen ließ. Sofort lief er nach vorn. Er kannte keine Vorsicht. Ich hörte seine schleppenden Schritte bis zum Mittschiffshaus. Dann verstummte auch dies Geräusch, es war nichts mehr zu hören.
Ich wiederhole: Das war alles. Kein Laut drang von der Back herüber. Ich blieb auf meinem Posten, bis es Tag wurde. Ich blieb da, bis Margaret mit ihrem heiteren: »Wie ging es heut nacht, tapferer Seemann?« an Deck kam. Ich übernahm auch die nächste Wache, die eigentlich dem Steuermann zukam, blieb bis Mittag an Deck und aß mein Frühstück hinter dem schützenden Kreuzmast. Und hier blieb ich den ganzen Nachmittag und die ganze Plattfußwache hindurch und erhielt mein Mittagessen an Deck serviert. Und das war alles.
Sonst geschah nichts. Dreimal stieg Rauch aus dem Schornstein der Kombüse auf, die Meuterer kochten also. Der Malteser-Londoner fing einen Albatros. Es gab einige Aufregung, als Tony, der Grieche, vom Butenklüwerbaum aus einen Hai harpunierte, der so groß war, daß ein halbes Dutzend von den Leuten ihn vergebens einzuholen versuchte. Aber weder von Pike noch von Sidney Waltham sah ich eine Spur.
Es war ein stiller, heller Tag mit Sonnenschein und einer sanften Kühle. Nichts ließ erraten, was dem Steuermann zugestoßen war. Hatten sie ihn gefangengenommen? War er vielleicht schon über Bord? Warum hat man kein Schießen gehört? Er hatte doch seinen großen Revolver bei sich, und es war eigentlich undenkbar, daß er ihn nicht benutzt haben sollte. Margaret und ich kamen zu keinem Ergebnis.
Sie ist eine wahre Tochter unserer Rasse. Nach der Plattfußwache bewaffnete sie sich mit dem Revolver ihres Vaters, denn sie wollte unbedingt die erste Wache übernehmen. Ich gab schließlich nach, ließ mir aber mein Bett unmittelbar vor dem Kreuzmast an Deck aufschlagen. Henry, die beiden Segelmacher und der Steward wurden mit Messern und Keulen bewaffnet und an der Brüstung der Kampanje aufgestellt.
Die einzigen Feuerwaffen achtern sind jetzt der Colt, der Kapitän West gehört hat, und mein Stutzen. Der alte Steward, der eine gewisse Vorliebe für Hacken und Schneiden zu haben scheint, hat sein langes Messer und ein Hackmesser. Henry hat außer seinem Scheidemesser eine kurze eiserne Stange. Louis hat
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