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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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nur die Kerle an, sie sind bald so fett, daß sie kaum noch watscheln können. Wenn es mit rechten Dingen zuginge, so hätten sie schon seit einer Woche nichts mehr ins Maul zu stopfen.«
    Nein, es ist doch zweifellos eine richtige Meuterei! Als Buckwheat heute morgen während eines Regenschauers Wasser aus der Dachrinne des Kartenhauses holte, traf ihn eine Revolverkugel von der Back in die Schulter. Das Geschoß hatte durch die Entfernung an Schlagkraft eingebüßt, so daß es nur eine leichte Fleischwunde verursachte. Aber er stellte sich an, als ob er sterben sollte, bis Pike dem Theater ein Ende machte und ihm ein paar tüchtige Backpfeifen versetzte.
    Ich möchte Pike nicht zum Chirurgen haben. Er wühlte mit seinem Zeigefinger in der Wunde, um die Kugel zu suchen. Es gelang ihm auch, das Geschoß herauszuziehen, während er die andere Hand drohend bereit hielt, um dem armen Jungen im Bedarfsfall eine neue Backpfeife zu geben. Dann erst schickte er ihn nach unten, wo Margaret die Wunde reinigte und verband.
    Ich sehe sie so selten, daß es ein Erlebnis ist, wenn ich einmal eine halbe Stunde mit ihr allein verbringen kann. Sie hat von morgens bis abends genug zu tun, um ihr Haus in Ordnung zu halten. Sie hat für alle aus dem Schiffersgat Reserveunterzeug holen lassen und ihnen befohlen, in dem soeben gebrachten Regenwasser zu baden. Sie hat ihnen verboten, im Heckraum Pfeife zu rauchen. Ferner hat sie die Leute angewiesen, Wände, Decke und alles übrige abzuschrubben und dann morgen mit dem Anstrich zu beginnen. Und das alles überzeugt mich wieder, daß die Meuterei nur in meiner Einbildung besteht.

    Die Meuterer hungern tatsächlich immer noch nicht! Heute haben sie Albatrosse gefangen. Wenige Minuten, nachdem sie den ersten gefangen hatten, wurde der Kadaver über Bord geworfen. Es ist nicht schwer, den Schluß zu ziehen, daß Männer, die am Verhungern sind, gute Nahrung nicht in dieser Weise fortwerfen. Aber woher in aller Welt bekommen sie ihre Lebensmittel?
    »Ich denke und denke darüber nach, bis ich ganz dumm im Kopf bin«, sagte Pike zu mir. »Und doch kann ich keine Erklärung dafür finden. Ich kenne jeden Zollbreit an Bord der Elsinore und weiß, daß es nicht ein Gramm Lebensmittel vor dem Mast gab, und doch futtern sie jetzt! Ich habe den ganzen Proviantraum durchsucht, soweit ich sehen kann, fehlt nicht das allergeringste.« Ich weiß, daß er heute morgen mit dem Steward und dem Koch viele Stunden im Proviantraum verbracht hat, wo sie alles durchgesehen und mit den Verzeichnissen der Agenten in Baltimore verglichen haben. Wo kriegen sie es denn her?
    Ich beginne jetzt zu begreifen, was, diese ewigen Wachen bedeuten. Zunächst bedeuten sie, daß ich zwölf und mehr von den vierundzwanzig Stunden an Deck verbringen muß. Ein gut Teil der übrigen zwölf vergeht mit Essen, An- und Ausziehen und dem Zusammensein mit Margaret. Die Folge ist, daß ich mehr Schlaf nötig habe, als ich bekommen kann. Ich lese jetzt fast überhaupt nicht mehr. Sobald ich meinen Kopf auf das Kissen lege, schlafe ich ein. Oh, und ich schlafe wie ein kleines Kind und esse wie ein Tagelöhner, und seit vielen Jahren habe ich mich in rein körperlicher Beziehung nicht so großartig befunden wie jetzt.
    Der Faun ist übrigens nicht tot – trotz meiner unglücklichen Kugel. Heute kam er zur Ecke des Mittschiffshauses, wo er stehenblieb und mit traurigen Blicken nach der Kampanje starrte.
    Es ist immer noch herrliches Wetter, und wir wissen nicht, wie lange Zeit noch vergehen soll, bis unsere Meuterer ihre geheimnisvollen Vorräte aufgegessen haben und vom Hunger zur Arbeit zurückgetrieben werden.
    Wir sind jetzt beinahe recht West von Valparaiso und etwas weniger als tausend Meilen von der Westküste Südamerikas entfernt. Die leichten nördlichen Winde, die von Nordost nach West umlaufen, würden uns, wie mir Pike sagt, ohne Schwierigkeiten nach Valparaiso bringen, wenn wir nur Segel gesetzt hätten. Aber segellos, wie das Schiff jetzt ist, treibt es auf der See umher. Wir würden überhaupt nicht weiterkommen, brächte uns die schwache Abdrift nicht täglich ein kleines Stückchen nordwärts!
    Bei dem Steuermann wird der Gedanke, Rache am Untersteuermann zu nehmen, immer mehr zur fixen Idee. Über die Meuterei grinst Pike nur, nennt sie einen unangenehmen Happen, den wir schlucken müssen, spricht vergnügt davon, daß seine Heuer immer mehr anwächst, und bedauert nur, daß er nicht an Land ist, um an dem spannenden

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