Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)
Kampftrinkern wiederholte sich täglich. Am Morgen nach der ersten amerikanischen Partynacht bekamen wir dann noch eine Beschwerde von den Anwohnern unserer Wohnanlage wegen Ruhestörung. Es war nur eine Verwarnung, aber würde sich der Krawall wiederholen, sollten wir eine Strafe von fünfhundert Dollar zahlen! Die folgende Nacht begann natürlich genauso und Robert versuchte den Gringos klar zu machen, dass es so nicht geht. Aber für diese normale Verständigungsform hatten sie keinen Empfang mehr, weil der Alkohol die grauen Zellen im Gehirn schon heftig benebelt hatte. Es blieb uns noch ein Ausweg, um die Situation in den Griff zu bekommen: Robert legte nur zwei Schalter im Haus um: den für den Strom und den für die Heizung des Whirlpools. Das Licht ging aus, der „Suppentopf“ wurde kalt und die fröhlichen jungen Leute waren auf einmal ganz nüchtern. Robert meinte dazu trocken: Wir sind in Mexiko und da kann es schon mal passieren, dass der Strom ausfällt. Die Gringos gingen dann frustriert in ihre Betten, die Nacht war gerettet, und die eine Woche mit den betrunkenen Gästen ging auch vorbei. Allerdings brauchten wir danach drei Tage, um den normalen Zustand des Hauses wieder herzustellen. Das war unsere Premiere als Manager und wir hofften, dass es auch noch andere US-Amerikaner geben würde, die bei uns Urlaub machen wollten. Die Saison hatte begonnen und bald zogen die nächsten Touristen bei uns ein. Keine partysüchtigen Singles, sondern Golfer hatten diesmal das Haus gemietet.
Mit der Zeit konnten wir, sobald eine Gruppe das Haus betrat, vorhersagen, wie diese sich verhalten würde. Die Reisenden aus den gleichen Ländern oder mit den gleichen Hobbys haben immer dieselben Gewohnheiten. Die Golfergruppen bestehen aus acht bis zehn gesetzten, gepflegten, älteren Männern, die sich zusammen ein Auto mieten. Für diese Touristen sind Corona und Tequila nicht der Mittelpunkt des Urlaubes, was die ganze Situation auch gleich viel entspannter machte, denn laute Partys in der Nacht gibt es bei diesen Touristen nicht. Die Golfer stehen sehr früh auf, um mit den ersten Sonnenstrahlen am Morgen ihre Kugel über den grünen Rasen zu schießen. Spät am Nachmittag kommen sie zurück, um sich dann von einem Partyservice bei uns im Haus verwöhnen zu lassen. Gleich bei ihrer Ankunft fragen sie nach einem Bügeleisen, da sie ja mit glatten Hemden oder Shirts den Rasen betreten wollen. Sie hören auch ganz konzentriert zu, wenn Robert seine Rede hält, weil sie nichts verkehrt machen wollen. Die Zimmer sind aufgeräumt und die Handtücher liegen erst auf dem Fußboden, wenn sie schmutzig sind. Der einzige Nachteil bei diesen Gruppen ist, dass sich die gepflegten, verheirateten Männer in den besten Jahren dann nach ihrem genussvollen Schlemmer-Dinner für die Nacht mexikanische Edelnutten bestellen. Zwar entspricht das nicht unserem moralischen Empfinden, aber natürlich können die Gäste machen, was sie wollen. Die Nächte verlaufen auch ziemlich still und leise, da sich jeder Gast mit seiner Auserwählten in seinen Schlafraum zurückzieht. Irgendwann ganz spät in der Nacht parkt eine Taxe vor dem Haus und die Mädchen fahren mit ein paar Hundert Dollarscheinen in ihrer kleinen Tasche wieder nach Hause. Die Golfer stehen dann ganz früh und sehr zufrieden auf, um bei Sonnenaufgang wieder auf dem grünen Rasen zu sein.
Ähnlich ist es bei den Fischergruppen, die auch oft zu uns kommen. Wir leben hier auf Lands End und sind nur vom Meer umgeben. Der Pazifik und der Golf von Kalifornien sind für Fischer genauso ein Paradies wie die Golfplätze für die Golfer. Marlin, Thunfisch oder Dorado sind die begehrtesten Fische, die man hier angeln kann. Wer einen Marlin am Haken hat, der ist der König, denn so ein Fisch kann eine Länge von 4,60 Metern und ein Gewicht bis zu 750 kg haben. Diesen Riesenfisch an Land zu ziehen ist das Ziel einer jeden Fischergruppe. Diese Gringos sind auch etwas ältere und sehr gestandene Männer. Früh gehen sie ins Bett, um die ganze Nacht nicht von heißen Mädchen, sondern nur von großen Fischen zu träumen. Noch bevor die Sonne auch nur einen Strahl auf die Erde schickt, stehen sie auf und mieten ein großes Boot, um den ganzen Tag auf den großen Fang zu warten. Wenn sie spät am Abend mit so einem riesigen Fisch heimkehren, dann sind sie die glücklichsten Menschen der Welt, heizen den Grill an und verzehren ihre große Beute. Was sie nicht schaffen
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