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Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)

Titel: Mexiko, mein anderes Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klimm
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Lenkrad wie den Joystick eines Videospiels bedienten.
           Es war dichter Feierabendverkehr und die Autos quälten sich Stoßstange an Stoßstange durch die Stadt. Pünktlich wollten wir zum vereinbarten Termin bei unserer Steuerberaterin sein und hofften, dass auch sie zum verabredeten Zeitpunkt in ihrer Kanzlei wäre. Hier in Cabo spricht man sich nur mit dem Vornamen an, ganz gleich, ob es sich um Ärzte, Steuerberater oder Elektriker handelt. Nun waren wir also unterwegs zu Adriana. Eigentlich war ihre sogenannte Kanzlei nur ein enger Raum, in dem ihr Schreibtisch stand, und dieser Raum befand sich im Gebäude der „Anonymen Alkoholiker“. Dort herrschte ein reges Treiben, aber nur selten verirrten sich Menschen in die Kanzlei. Schon am Eingang hing der Geruch von Tequila und Bier in der Luft. Manche Alkoholiker erreichten diese Stätte der angeblichen Heilung nur noch schwankend. Wir dagegen wollten nur zu unserer
           Steuerberaterin, die aber leider doch nicht anwesend war. Ihr Gehilfe, ein dicker, kleiner Mexikaner gab uns zu verstehen, wir sollten einen Moment warten, bis Adriana für uns Zeit hätte. Dabei führte er seinen Daumen mit dem Zeigefinger so dicht zusammen, dass nur noch zwei Millimeter fehlten, bis die beiden Finger aufeinandertrafen. Diese zwei Millimeter waren das Synonym für zwei mexikanische Minuten, die sich aber durchaus etwas länger hinziehen konnten. Nach einer Stunde erschien Adriana um uns mitzuteilen, dass es schon zu spät sei und wir uns am nächsten Tag um die gleiche Zeit wieder treffen sollten. Das war einer von den Momenten, wo die mexikanische Mentalität mit unserem deutschen Denken aufeinanderprallte. Es war uns unverständlich, wieso sie uns nun nach Hause schickte, wo doch sie selbst zu spät gekommen war. Ohne etwas erreicht zu haben, quälten wir uns durch den ständig dichter werdenden Verkehr zurück nach Hause.
           Während wir uns immer noch über den geplatzten Termin ärgerten, krachte es. Auf einer Kreuzung, an der wir die Vorfahrt hatten, fuhr uns ein Mexikaner in die Seite. Ein Geräusch von Metall auf Metall, und dann standen wir. Außer einem Blechschaden und dem Ärger, den wir dadurch hatten, bekamen wir aber auch noch andere Probleme. Bei einem Unfall zwischen einem Mexikaner und einem Ausländer ist es für die Polizei ganz klar, dass ihr Landsmann unschuldig ist. Dieser musste wohl gerade von einer kleinen Feier der „Anonymen Alkoholiker“ gekommen sein, denn dass er nicht mehr nüchtern war, konnte jeder schon von Weitem riechen, aber das war ja kein Vergehen.
           Zum Glück hatte ein Amerikaner den Unfall gesehen und war damit ein wichtiger Zeuge geworden. Die Polizisten gingen nicht gerade zaghaft mit uns um, denn wir mussten unser kaputtes Auto stehenlassen und man nahm uns auf die nächste Polizeistation mit. Auf der Ladefläche eines offenen Pick-ups wurden wir von zwei bewaffneten Polizisten wie Schwerverbrecher abgeführt. Gleich neben der Polizeistation befand sich auch das örtliche Gefängnis. Da wir stundenlang warten mussten, um zur Klärung des Unfalles aufgerufen zu werden, konnten wir auch einen Blick hinter seine Gitter werfen, denn unser Warteraum befand sich gleich daneben. In einem dunklen Gang reihte sich Zelle an Zelle und alles erinnerte an die Kerker des Mittelalters. Die Gefangenen schrien lauthals, fluchten oder jammerten. Eine unerträgliche, abgestandene und stickige Luft, in der Fliegen und andere Insekten umherschwirrten, machte das Atmen schwer. Mütter mit ihren Kindern besuchten die Gefangenen und versorgten sie mit Essen und Trinken. In den Zellen stand eine harte Liege und eine verdreckte Toilette, sonst nichts.
           Nach Stunden langen Wartens wurden wir endlich von diesem gruseligen Mittelalter-Schauspiel erlöst und unser amerikanischer Zeuge durfte erklären, dass wir absolut keine Schuld an diesem Crash hatten. Davon ließen sich die Polizisten aber nicht überzeugen, und uns wurde bald klar, worum es ging: um Geld! Nachdem wir einige Hundert Dollar etwas mehr oder weniger unauffällig unter dem Tisch an die korrupten Polizisten bezahlt hatten, waren wir nicht mehr schuldig. Das Geld hatte unsere Unschuld „bewiesen“. Gesetze werden hier ignoriert und jederzeit kann man für etwas verurteilt werden, das man nicht getan hat. Die Unschuld zu beweisen gleicht dem berühmten Kampf gegen Windmühlenflügel, ist fast unmöglich. Aber mit genügend Geld kann man sein

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