Mexiko, mein anderes Leben (German Edition)
wie der Herd angeht, sie Probleme mit dem Fernseher haben oder sich Gedanken machen, wo sie denn einen Besen finden können, um sauber zu machen. Weil sie das Haus selbst sauber und ordentlich halten, ist in solchen Zeiten die Putzfrau fast überflüssig. Ständig bedanken sie sich bei uns für die Gastfreundlichkeit, und oft wurden wir auch schon zum Essen eingeladen. Natürlich sind wir gastfreundlich, aber wir verdienen doch auch damit unser Geld! Aber die Japaner sehen das anders und gegen ihre Freundlichkeit haben wir nie etwas einzuwenden. Bevor diese Gäste abreisen, ziehen sie selbst ihre Betten ab, legen die benutzen Handtücher ordentlich zusammengefaltet in die Waschküche und bringen ihren Müll in den Container, der vor der Garage steht. Nur schade, dass sich die wenigsten Urlauber so verhalten.
Ganz schwere Zeiten sind für uns angesagt, wenn sich eine Gruppe unter dem Namen „Bachelor Party“ – Junggesellen-Abschied – anmeldet. Kurz nach der Anreise landen die Koffer in der Ecke und im ganzen Haus werden Fotos der zukünftigen Braut verteilt. Ihr Lächeln erstrahlt dann in allen Ecken und Winkeln des Hauses, aber es ist nur gut, dass das Foto nicht sehen und hören kann. Junge Mexikanerinnen sorgen für den „würdigen“ Abschied und es wird gesoffen, bis der Arzt kommt. Eine zehnköpfige Gruppe hatte in drei Tagen tausend Flaschen Bier und sechs Flaschen Tequila fließen lassen! Das war aber nur der Tagesverbrauch, denn die Nacht verbrachten die harten Jungs im „Cabo Wabo”. Dieser Club wird vom Van-Halen-Sänger und Songwriter Sammy Hagar betrieben und ist ein Muss für jeden Partyfan.
Aufgrund des hohen Alkoholpegels kam es auch zu einigen Unfällen. Die Glastür unserer Terrasse war härter als der Kopf eines Bachelors, der sich eine schwere Gehirnerschütterung zuzog. Ein anderer Junggeselle verletzte sich bei einem Sturz in der Kneipe schwer am Kinn. Das hielt die Männer aber nicht vom Trinken ab, sodass am nächsten Morgen die Scherben einer Bierflasche dafür sorgten, dass erneut der Arzt kommen musste. Einmal erlebten wir etwas ganz Seltsames mit einer Gruppe. Es waren junge Männer und Frauen, normale Durchschnittsamerikaner und auch keine Kampftrinker. Nach der ersten Nacht in unserem Haus wollten sie plötzlich sofort wieder abreisen. Wir waren ganz entsetzt und fragten nach den Gründen, weil wir alles tun wollten, damit sie blieben. Sie ließen sich aber nicht von ihrer Entscheidung abbringen, keine Nacht länger wollten sie bei uns bleiben, in einem Spukhaus. In der ersten Nacht hätte ein Geist ihre Schlafzimmertüren geöffnet und sei durch die Zimmer geschwebt, das Geschirr in den Küchen habe geklappert und Stühle seien zu Boden gefallen. Zuerst dachten wir, die Gringos machten Witze, aber sie meinten es todernst und waren selbst jetzt am Morgen noch am Zittern. Nach einer scheinbar ewig dauernden Diskussion konnte Robert die jungen Leute überreden, doch zu bleiben, aber nur unter einer Bedingung: Robert sollte die kommenden Nächte im Haus Wache halten, damit er im Notfall den Geist, der ja sicherlich wiederkommen würde, vertreiben konnte. Bei der ganzen Sache fiel es sehr schwer, ernst zu bleiben, aber Robert hielt sein Versprechen. Zumindest teilweise. Irgendwann spät nach Mitternacht waren aus allen Schlafzimmern nur noch Geräusche zu hören, die auf einen tiefen, ruhigen Schlaf unserer lieben Gäste schließen ließen und er schlich sich auch wie ein Geist leise davon. So verliefen dann auch die folgenden Nächte. Robert war am Morgen etwas übermüdet, aber unsere Gruppe war sehr zufrieden und dankbar für den Schutz, den er ihnen gegeben hatte. Den Geist, der in den Nächten sein Unwesen trieb, haben wir nie gesehen.
Wir beide glaubten nicht an Spukgeschichten, aber etwas Seltsames hatten wir auch schon erlebt. Vor vielen Jahren hatten in der Kellerwohnung die Eltern von Heinz, dem Zahnarzt, gewohnt. Der alte Mann fuhr jeden Tag zum Fischen raus und kam oft mit einem großen Fang nach Hause, um dann mit seiner Frau Rosmarie eine schöne Mahlzeit zuzubereiten. Im hohen Alter verstarb der Vater von Heinz dann in dieser Wohnung. Nachdem alle Räume renoviert worden waren, zog ein frischer, neuer Duft ein, und nichts erinnerte mehr an den alten Mann und seine Fische. Wenn uns jedoch Verwandte oder Freunde besuchen, wohnen sie in diesen Räumen, und in ihrer ersten Nacht werden sie jedes Mal von einem intensiven Fischgeruch
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