Mia - Gefangene des Schicksals (Buch 2) (German Edition)
Sicht kam schön langsam zurück und ich sah
ihn, auf Knien, mit aufgebissenem Handgelenk.
Er hatte mir sein
Blut gegeben!
Mein Bewusstsein war
dabei alles zu verarbeiten, den Tagtraum von der Realität zu trennen. Gabes
Stimme hallte noch in meinem Kopf, seine Worte, seine Bitte, wiederholten sich
und drängten mich, zu ihm zu gehen. Luciens Brüllen, das er ausgestoßen hatte,
als Gabes Name über meine Lippen kam, dröhnte in meinen Ohren.
Ich sah den Schatten,
der sich meinem Gesicht näherte, Luciens Hand, die mich berühren wollte.
Instinktiv wich ich zurück.
Augenblicklich
spürte ich seinen Schmerz, den diese Geste bei ihm auslöste. Sein frisches
Blut, das nun in mir zirkulierte, war stark und verlieh seinen Gefühlen in mir
mehr Kraft.
Hinter ihm standen
Nicolai, Zanuk und Aeron. Ihre dunklen Augen lagen auf mir. Starrten mich
nieder. Ich fühlte mich eingeengt, wie ein verletztes Tier, das man zu fangen
versuchte.
"Ich muss zu
ihm!", flüsterte ich, mehr an mich selbst gerichtete, als an mein
Gegenüber.
Wieder ein Stich in
meiner Brust.
"Nein!",
kam es nun von Lucien und seine Stimme hatte einen bedrohlichen Unterton.
Ich rutschte noch
ein Stück zurück. "Ich muss zu ihm!"
Verzweiflung drohte
mich zu packen. Alle meine Instinkte sagten mir, dass ich zu Gabe musste, dass
ich ihm vertrauen konnte, dass dies der einzige Weg war, an Antworten zu
gelangen.
Doch der Schmerz in
meinem Inneren - Luciens Schmerz -, den ich zu verschulden hatte, warnte mich
davor, vorschnell zu handeln.
Seine
Kiefermuskulatur zuckte und die Anspannung seines Körpers ließ ihn zittern.
"Lucien, ich …
bitte … versteh doch!" Mein Wispern war das Flehen der Hoffnungslosigkeit,
die diese aussichtslose Situation mit sich brachte.
"Niemals!",
knurrte er. Seine Nasenflügel bebten und die Qual, die seine Seele durchzog,
als würde man sie mit bloßen Händen zerquetschen, ließ mich nach Atem ringen.
"Er sagt, wir
sind in Gefahr, alle!", brachte ich hervor.
"Ich werde
nicht zulassen, dass du zu ihm gehst!" Die Entschlossenheit, mit der er
jedes einzelne Wort belegte, machte mich unsicher.
"Ich muss…"
"Nein!" Sein
Schrei hallte von den Wänden wieder und die Macht, die von seinem Körper
ausging, presste mich nach hinten.
Ich starrte ihn aus
schreckgeweiteten Augen an und sah das Tier in ihm, das an seiner Beherrschung
zerrte und die Oberhand übernehmen wollte. Ich spürte die immense Kraft, die es
ihm kostete, gegen den Instinkt, mich zu packen und willenlos zu machen,
anzukämpfen und somit sein Wort zu brechen.
Ich war hin und her
gerissen zwischen Trauer und Wut, Enttäuschung und Zorn. Mein Verstand sagte
mir, dass ich es diesem Mann nicht zumuten konnte, an meiner Entscheidung
festzuhalten. Dass es unser mühsam aufgebautes Vertrauen, nicht nur erschüttern,
sondern bis auf die Grundmauern abreißen würde, und es einen Keil zwischen uns
treiben würde, der zu groß war, um ihn wieder zu entfernen.
Doch mein Instinkt
riet mir, an meinem Vorhaben festzuhalten, dass es wichtig war, mit Gabe zu
reden, dass es unser aller Leben retten könnte.
Dann plötzlich,
hörte ich die sanfte Stimme meiner Mutter, die mein Herz erwärmte und mir Halt
gab. "Hör auf deine innere Stimme, me sijala!", flüsterte sie. "Dein Wille ist deine Kraft!"
"Mia!"
Luciens Stimme klang nun weit weg, obwohl ich mir bewusst war, dass er vor mir
kniete. "… ich flehe dich an…"
"Es tut mir
leid.", flüsterte ich durch meine Tränen und konzentrierte mich auf den
Mann, den ich wie einen Bruder liebte, während ich meinem Gehirn befahl, in
Schlaf zu fallen.
"Lucien, sie …",
hörte ich Nicolai.
"Nein!",
schrie Lucien und packte meinen Arm.
Doch die Dunkelheit
zerrte schon an meinem Unterbewusstsein und ich spürte einen Sog, der wie ein
Spalt in der Wirklichkeit, nur darauf wartete, dass ich ihn willkommen hieß.
"Ich komme
zurück!", waren meine Worte, bevor das verzweifelte Gesicht meines
Seelengefährten sich in Nichts auflöste.
Eine grauenhafte
Dunkelheit drohte mir mein Denken zu nehmen, meine Willenskraft zu rauben und
mich gefangen zu halten. Verzweifelt hielt ich an meinen Gedanken fest.
Und plötzlich begann
ich zu fallen. Mein Fall schien immer schneller zu werden. Mein Magen drehte
sich und mein Gleichgewichtssinn spielte mir vor, dass es hier, wo immer ich
auch war, kein Oben oder Unten, kein Links oder Rechts gab. Hier gab es keine
Zeit, kein Hier und Jetzt ... und plötzlich peitschte mir Luft entgegen,
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