Mia - Gefangene des Schicksals (Buch 2) (German Edition)
zusammenzubrechen.
Zwanghaft hielt ich
an dem Gedanken fest, dass Sara auch in Zukunft sicher wäre. Dass ihr Leben es
wert war, diese Hölle hier zu ertragen. Dass diese Hölle, mit Luciens
Verschwinden, wieder etwas leichter zu ertragen wäre.
"Du hättest nie
kommen dürfen!", brachte ich trotz des Knotens in meiner Kehle hervor.
"Du hättest mich einfach vergessen sollen! Du musst wieder gehen!"
Mit diesen Worten
rannte ich zur Tür und hoffte, dass Nicolai da war, um mich zurückzubringen,
und ich es bis in mein Appartement schaffen würde, bevor die Dunkelheit in
meinem Inneren nach außen drang.
Kurz vor dem Zimmer,
in dem ich erwacht war, hörte ich hinter mir ein ohrenbetäubendes Krachen, das
Bersten von Holz und gleichzeitig die falschen Töne eines Klaviers, das nun nie
wieder eine Musik von sich geben würde.
"Ist wohl nicht
gut gelaufen!", meinte Nicolai, kurz nachdem wir in meinem Appartement
angekommen waren.
Nein, es war
wahrlich nicht gut gelaufen. Doch immerhin hatte ich es bis in mein Zimmer
geschafft, noch keine einzige Träne vergossen und vor allem, ich stand noch
aufrecht. Noch!
Da er offensichtlich
auf eine Antwort wartete, schüttelte ich langsam den Kopf, bevor ich ihm den
Rücken zudrehte. Ich war nicht fähig etwas zu sagen. War nicht fähig irgendetwas
zu tun, außer mich darauf zu konzentrieren, weiter zu atmen.
Ich wusste nicht,
was er in meinem Gesicht gesehen hatte, doch ich war dankbar für den leisen
Seufzer den er ausstieß und der mir verriet, dass er nicht weiter nachbohren
würde. Zu mindestens nicht jetzt.
"Du
entschuldigst, wenn ich dich verlasse, aber ich muss einen mächtigen Vampir
wahrscheinlich davon abhalten, ein ganzes Haus zu zerkleinern.", erklärte
er ruhig.
Wieder nickte ich
mechanisch und spürte prompt seine Abwesenheit ... und als wäre sein
Verschwinden der Auslöser, knickten meine Beine ein und ich fiel auf die Knie.
Mein Kopf dröhnte,
als hätte wer einen Presslufthammer in meine Schläfen gepflanzt und mein Körper
begann unkontrolliert zu zucken, während ich mich immer wieder fragte, wann ich
in meinem Leben den Weg eingeschlagen hatte, der mit Seelenqualen gepflastert
war.
Denn genau das war
es. Ein beschissener Trampelpfad, gesäumt von Schmerz, der von einer Hölle in
die Nächste führte.
Langsam trübte sich
meine Sicht. Wurde von Bildern verdrängt, die sich auf Ewig wie dunkle Schatten
in meine Seele gegraben hatten. Tränen rollten stumm über meine Wange. Trafen
mit einem leisen Geräusch auf den blankpolierten Holzfußboden auf. Tropf,
tropf, tropf, ...
Das Zimmer begann
vor meinen Augen zu verschwimmen. Stattdessen sah ich Lucien. Seine Augen, die
voller Abscheu auf mich nieder blickten. Tropf, tropf, tropf, ...
"Dein Blut,
süßer als Wein, deine Erregung, berauschender als Blut!" Tropf, tropf,
tropf, ...
"Wie weit bist
du gegangen, Mia?" Tropf, tropf, tropf, ...
"Wie
weit?" Tropf, tropf, ...
"Zu
weit!", flüsterte ich zu mir selbst, bevor mein Kopf mit einem lauten
Geräusch auf dem Boden aufschlug.
8
"Nur noch
diesen Abend!", flüsterte ich meinem Spiegelbild zu. "Das überlebst
du! Du bist stark. Nur noch ein paar Stunden durchhalten, dann sind alle wieder
weg!"
Ich sah in meinen
goldbraunen Augen die Lüge, die ich mir einzureden versuchte. Denn wenn ich
ehrlich zu mir selber war, musste ich mir eingestehen, dass ich alles andere
als stark war. Dass ich mich noch nie in meinem Leben so beschissen verletzlich
und schwach gefühlt hatte, wie gerade eben.
Einst war ich von
Deadwalkern entführt worden. 21 Tage lang hatten sie mich gefoltert, geschlagen
und misshandelt, ich war mehr tot, als lebendig.
Doch wenn ich nun die
Wahl gehabt hätte, hätte ich lieber die körperlichen Schmerzen einer Folter
ertragen, als die Emotionen und Gefühle, die mich nun innerlich zu zerreißen
schienen. Am liebsten wäre ich einfach verpufft. Aus und vorbei. Einfach weg.
Alles vergessen. Nichts niemals geschehen.
Doch so sehr ich es
mir auch wünschte, es geschah kein Wunder. Es tat sich kein Loch auf, um mich
zu verschlingen.
Und nach endlosem
Dasitzen und Schweigen, stand ich schließlich auf und machte mich auf den Weg
nach unten, zum Fest, zu Ehren des ägyptischen Königs Ra, der laut Geschichte,
den Fluch der Vampire in ewiger Dunkelheit zu verweilen, gemildert hatte, und
ihnen das Recht gab, im Licht zu gehen, solange sie ihren Blutdurst unter
Kontrolle hatten.
Es war somit das
größte Fest, das Vampire feierten -
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