Mia - Gefangene des Schicksals (Buch 2) (German Edition)
alles in mich hineinzustopfen.
Der erste Bissen des
zarten Fleisches brachte mein Gesicht zum Strahlen. Ich konnte mir ein
genussvolles: "Mmh", nicht verkneifen.
Ein Seitenblick auf
Iljas verriet mir, dass er mich noch immer beobachtete.
"Was ist?",
fragte ich nun und schalt mich gleich darauf, weil ich mit vollem Mund
gesprochen hatte.
Er lächelte. "Es
scheint dir zu schmecken!"
Ich schluckte den
Bissen runter, murmelte: "Es ist köstlich!", und steckte den nächsten
in den Mund.
Iljas nippte an
seinem Weinglas.
"Kann ich dir
nichts davon schmackhaft machen?", fragte ich etwas verlegen. Ich würde
mich nie daran gewöhnen, in der Gegenwart von Vampiren zu essen. Man aß stets
allein.
"Nein danke,
ich esse später."
Also lag ich vorhin
nicht so falsch, dass er der Typ Vampir war, der das Nuckeln an einem Hals, als
Essen bezeichnete.
"Nuckeln am
Hals klingt doch sehr abgedroschen, nicht wahr!"
Ich verschluckte
mich fast an den Bohnen. Hüstelte kurz und nahm einen ordentlichen Schluck Wein
um nachzuspülen. "Gewöhnt man sich eigentlich irgendwann einmal daran,
dass du einem in den Kopf schaust?"
"Ich glaube
nicht, aber ich gewöhne mich durchaus daran, was ich in den Köpfen so finde!"
Ok, so könnte man es
auch betrachten. "Wie ist das? Gedanken lesen, meine ich!"
"Anstrengend!",
antwortete er prompt.
"Anstrengend?",
wiederholte ich, während ich mir eine Gabel mit Huhn in den Mund schob.
"Ja. Bei mir
ist es eine Art Dauerberieselung. Ich habe diese Gabe ständig, kann sie nicht
ausschalten. Immer sehe und höre ich, was die Leute so denken."
"Was meinst du
mit sehen?" Dem Huhn folgten ein paar Bohnen.
"Wenn du jetzt
zum Beispiel an Lucien denkst…" Er beendete den Satz nicht, sondern musterte
mich, als könne er durch mich hindurch blicken, bevor sich seine Mundwinkel ein
wenig hoben und er meinte: "Er trägt eine schwarze Hose und ein schwarzes
tailliertes Hemd, das er an den Ärmeln hochgekrempelt hat. Seine Haare glänzen
im Licht und seine Augen strahlen in einem intensiven Blau."
Ich starrte ihn mit
offenem Mund an. Es war genau das Bild, das ich gerade von Lucien im Kopf
hatte.
"Ich lese nicht
nur die Gedanken", erklärte er. "sondern sehe auch die dazugehörigen
Bilder, die derjenige dabei vor seinem inneren Auge hat. Das Gefährliche dabei
ist nur, dass ich diese Bilder nicht immer beurteilen kann. Jeder hat seine
eigene Vorstellung von den Dingen. Jeder interpretiert seine Sicht der Dinge
und fügt diese unbewusst in seine Gedanken ein. Ist zum Beispiel jemand
Farbenblind und sieht Rot als Schwarz, dann würde er mir auch in seinen
Gedanken ein Schwarz vorspielen, obwohl es in Wirklichkeit vielleicht Rot ist.
Oder nehmen wir Lucien. Ich muss dir sagen, in Wirklichkeit sieht er gar nicht
so gut aus, wie du ihn dir vorstellst!"
Röte schoss mir in
die Wangen. Lucien war gutaussehend und sicherlich sah er noch ein Stück besser
aus, als in meinen Gedanken. Ich nahm einen Schluck Wein und schob eine Gabel
Reis hinterher. Das Essen war ausgezeichnet.
"Jetzt
verstehst du sicherlich, was ich mit einem interpretierten Gedanken meine."
Wieder hatte er dieses allwissende Schmunzeln auf seinen Lippen.
Mit dem Gedanken,
dass ich all meine Gedanken überprüfen müsste, bevor ich sie dachte, was
natürlich schwachsinnig war, tauchte plötzlich ein Bild von Iljas in meinem
Kopf auf.
"Hab ich
wirklich so volle Lippen?", fragte er gespielt erschrocken und befühlte
mit seinem Zeigefinger seinen Mund.
Sein Ausdruck war
dermaßen komisch, dass ich zwanghaft ein Lachen unterdrücken musste, mich dabei
verschluckte, hustete und sich ein paar Reiskörner auf Tisch und Teller
verteilten. Iljas Schmunzeln wurde breiter und ich konnte sehen, dass auch er
einem Lachen nahe war.
Hinter uns ging die
Flügeltür auf und der Kellner trat zu uns. "Kann ich ihnen behilflich
sein?"
Iljas hielt sich
vornehm die Hand vor den Mund. "Nein Danke John. Wir kommen zurecht."
Aufgrund von Johns
Blick, wurde mir klar, dass dieses Verhalten hier im Haus nicht angemessen
schien und so nahm ich die Serviette und tupfte vornehm meine Mundwinkel ab."Entschuldigung!"
"Du hast eine
lebhafte Fantasie!", meinte Iljas und schenkte Wein nach, während ich die
Körner, die sich über den Rand meines Tellers gestohlen hatten, wieder
einsammelte. "Es ist schon interessant, wie sich jeder sein eigenes Bild
von seinem Gegenüber macht. Manche Körperteile scheinen immer besonders
hervorzustechen."
Kaum hatte er diesen
Satz
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