Mia - Gefangene des Schicksals (Buch 2) (German Edition)
gehe, dann wüsste ich nicht einmal wohin. Da wurde mir
schlagartig klar, dass ich nicht nur kein zu Hause mehr hatte - was eigentlich
seit einem Jahr zutraft -, sondern, nichteinmalmehr einen Platz zum Wohnen.
Ich versuchte meine
Gedanken zu verdrängen, aber das war mir nicht möglich, also nahm ich mein
Weinglas und nippte daran, ohne Iljas anzusehen, der sicherlich bereits alles
gesehen hatte.
Zu meiner
Überraschung legte er seine Hand über meine. "Mia, du bist hier so lange
willkommen wie du möchtest. Mein Haus ist dein Haus. Und damit du dich auch
zurechtfindest, schlage ich nun eine Führung vor."
Meine Führung begann
im Untergeschoss, wo sich etliche Trainingsräume für das Wachpersonal - von dem
ich noch niemanden gesehen hatte -, und ein nicht unbeachtliches Waffenlager
befanden. Doch den Großteil des unterirdischen Gemäuers nahm eine riesige
Bibliothek ein. Ich hatte noch nie so viele Bücher in einem Raum gesehen. Nicht
einmal die Bibliothek im Orden der Wächter konnte hier mithalten.
"Interessant.",
murmelte Iljas und lotste mich weiter. Wir durchkämmten das Haus systematisch
von unten nach oben. Es war einfach nur riesig, und die vielen Gänge und Winkel
machten es einem fast unmöglich, sich alles zu merken. Allein das Erdgeschoss
hatte sicherlich mehrere hundert Quadratmeter. Speisesaal, Küche, weitere
kleine Bibliotheken, Wohnzimmer, Aufenthaltsräume, Büroräume und vieles mehr. Ich
hatte noch nicht einmal die Hälfte gesehen und mir schwirrte schon der Kopf.
"Das ist
wunderschön.", kommentierte ich, während ich mich in der großen
Eingangshalle im Kreis drehte und die Malereien auf der gewölbten Decke
betrachtete. "Es erinnert irgendwie an Leonardo Da Vincis Kunstwerk, in
der Sixtinischen Kapelle."
"Gut erkannt!",
sagte Iljas, während ich ihm einen fragenden Blick zuwarf. "Leonardo war
ein Meister seines Faches. Er hat mir einen Gefallen getan und diese Decke
bemalt."
Das gibt’s doch
nicht. Ein Kunstwerk dieses Ausmaßes in einem Haus eines Vampirs.
"Komm, hier
geht’s lang."
Mein Mund stand noch
immer offen, als ich ihm in den zweiten Teil des Erdgeschosses folgte.
Nach etlichen
weiteren Zimmern traten wir in einen riesigen Saal, dessen Südwand eine einzige
Glasfront war. Mondlicht erhellte den Boden, der ein kleines Meisterwerk - ein
Mosaik aus verschiedenfarbigen Holzstücken, die ein lebhaftes Muster bildeten
-, war. Auch die Wände waren mit Holz verkleidet, das filigran gearbeitete
Schnitzereien aufwies, die einen täuschend echtaussehenden Wald darstellten.
Die hohe Decke war es jedoch, die diesen Raum etwas Bezauberndes verlieh. In
einem tiefen Dunkelblau, das fast Schwarz wirkte, war sie mit unzähligen
Sternen bedeckt und wirkte fast wie der Nachthimmel selbst.
Mein Blick fiel auf
das schwarze Klavier, das in der Mitte des Raumes stand. Es erinnerte mich an
mein letztes Zusammentreffen mit Lucien, unser Gespräch, das nicht gerade gut
ausgegangen war.
"Spielst du?",
fragte ich und war erstaunt, welch herrliche Akustik hier herrschte.
"Nicht so gut
wie Lucien!", gestand er.
Mir wurde wieder
bewusst, wie wenig ich über Lucien wusste. Ich liebte einen Mann den ich nicht
kannte. Es gab wahrscheinlich zig Frauen, die mehr über ihn wussten als ich.
Meine Gedanken schweiften zu seiner Begleiterin und wieder einmal packte mich
die Eifersucht. Ich konnte nicht verhindern, mich immer wieder zu fragen, was
er das letzte Jahr getrieben hatte, im wahrsten Sinne des Wortes. Lucien lagen die
Frauen zu Füßen und wahrscheinlich hatte er immerzu ein paar an jeder der Hand.
Z gab einst zu, dass mächtige Vampire sehr ausgeprägte Instinkte hatten. Auf
meine Frage hin, wie diese Instinkte aussehen würden, sagte er schlicht und
einfach: Blut und Sex. Ich konnte mir also gut vorstellen, wie er das letzte
Jahr verbracht hatte.
"Eifersucht ist
ein seltsames Gefühl. Sehr mächtig. Ich habe es oft in den Gedanken Anderer
miterlebt und doch erstaunt es mich immer wieder, wie schmerzhaft es ist, wenn
es von einem Besitz ergreift."
Seltsam, mächtig und
schmerzhaft waren gute Begriffe, um das zu beschreiben was ich fühlte, wenn meine
Gedanken zu Lucien schweiften. Besonders seit ich sein Blut in mir trug.
"Woher kennst
du Lucien?", fragte ich.
Er schien kurz zu
überlegen was er mir antworten sollte, bevor er sich ans Fenster stellte und in
die Nacht blickte. "Ich kenne Lucien seit Ewigkeiten, doch unsere Wege
trennten sich. Erste im Mittelalter, um 1400, begegneten wir uns
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