Mia - Vom Schicksal gezeichnet (Buch 1) (German Edition)
Gedanken, in meinem Inneren aufkeimte, war schlimmer als alle
körperlichen Wunden die ich je erfahren hatte, und die Erkenntnis, dass ich
mehr für Lucien empfand als Begierde, dass ich ihn vermutlich liebte, trug
nicht dazu bei, dass ich mich besser fühlte.
Gedemütigt, verletzt
und zutiefst gekränkt, brach ich endgültig zusammen und ließ meinen Tränen
freien Lauf.
24
Hatte ich gestern
gedacht, meine Stimmung hätte ihren Tiefpunkt erreicht, so wurde ich heute
eines besseren belehrt. Als es am späten Nachmittag, Zeit war aufzustehen, wäre
ich am liebsten im Bett geblieben und hätte Trübsal geblasen, mich in
Selbstmitleid gebadet. Wahrscheinlich würde ich auch jetzt noch dort unter
meiner Decke liegen, hätte mich Gabe nicht aus den Federn geholt und gefragt ob
ich mit ihm frühstücken möchte.
Den Toast mit
Erdnussbutter stopfte ich mühsam in mich hinein, ohne richtig zu schmecken was
ich da überhaupt aß. Meine Gedanken waren immer noch beim gestrigen Vorfall,
und egal wie ich es drehte und wendete, nichts konnte meine Enttäuschung
darüber mindern.
Wir waren gerade auf
dem Weg in die Trainingshalle, als Gabe sich zum zehnten Mal nach meinem
Befinden erkundigte.
„Du siehst heute
nicht gut aus, Mia. Fehlt dir was?“ Er schien wirklich besorgt zu sein. Mir
ging er jedoch auf die Nerven.
Ich seufzte. „Mir
geht´s gut!“
Einige Schritte
später. „Bist du vielleicht krank?“
„Nein, Gabe, ich bin
nicht krank!“
„Vielleicht hat
Aerons Hacken dich gestern doch verletzt. Gehirnerschütterungen erkennt man oft
erst am nächsten Tag!“
Ich verdrehte nur
die Augen.
„Deine Lippe ist ja
wieder heil!“ Er streckte seine Hand nach mir aus, um mein Gesicht besser
begutachten zu können.
Ich schlug sie
jedoch in der Luft weg. „Mir geht’s gut! Geht das jetzt in deinen Kopf!“
fauchte ich ihn an und warf ihm einen bedrohlichen Blick zu.
Dass er meine
aufgeplatzte Lippe zur Sprache brachte, ließ mein Fass nun überlaufen. Es
erinnerte mich wieder an Lucien.
Glücklicherweise
erkannte er meine äußerst schlechte Stimmung, und so setzten wir unseren Weg
zur Trainingshalle schweigend fort.
Kurz vor der Tür
hielt ich inne. „Geh du schon mal vor, ich hab was vergessen, komm gleich
nach!“ Mit diesen Worten drehte ich mich um und ging den Weg zurück, den wir
gekommen waren. Ich musste jetzt unbedingt alleine sein und mich wieder unter
Kontrolle bringen. Meine Gedanken drehten sich im Kreis und zeigten mir Bilder
von Lucien, die ich nicht sehen wollte, und flüsterten Wörter, die ich nicht
hören wollte.
Ich bog in einen
Korridor, der von dem Hauptgang abging, ließ mich, an die Mauer gelehnt, zu
Boden sinken und legte meinen Kopf zwischen meine Knie.
Mut, Glaube,
Selbstkontrolle,…
Ich konzentrierte
mich auf meine Atmung, ließ sie langsamer und gleichmäßiger werden. Dann auf
mein Herz, das viel zu schnell in meiner Brust schlug. Ich zählte die Schläge,
die stetig weniger wurden. Dann konzentrierte ich mich auf meine Muskeln,
zuerst die in meinen Schultern, die sich allmählich entspannten, dann meine
Rückenmuskulatur, …
Doch so sehr ich
mich auch bemühte, so sehr ich mich ablenken wollte, die Bilder in meinem Kopf
wollten einfach nicht verschwinden. Ich hatte Lucien vor Augen, kalt und
emotionslos. Die Worte die er in meinen Gedanken, immer und immer wieder
wiederholte, schnürten mir die Kehle zu. „Halt dich von mir fern. Das ist
das Beste für uns Beide. Ein Fehler. Niemals! Raus hier!“
Stille Tränen liefen
über meine Wange, tropften auf den weißen Marmor und hinterließen eine
verräterische Spur der Traurigkeit.
Seit Lucien in mein
Leben getreten ist, war ich nicht mehr Herr über meine Gefühle, die zu einer
unkontrollierbaren Gewalt geworden waren und jeden Moment drohten, wie eine
Naturkatastrophe über mich herzufallen und mein logisches Denken zu zerstören.
Der Schmerz der
Ablehnung in mir war so unbeschreiblich groß, dass sich mir unweigerlich die
Frage stellte, ob Liebe es wert war, dermaßen zu leiden.
Ra tat vermutlich
gut daran, den Schwarzen Kriegern, die Fähigkeit zu lieben zu nehmen, war die
Liebe doch das Mächtigste was einem wiederfahren konnte und gleichsam das
Zerstörerischste was ich je erlebt hatte. Es raubte einem den Verstand. Ließ
zu, dass das logische Denken irrational wirkte und man von Gefühlen übermannt
wurde, denen man nicht die Stirn bieten konnte.
Liebe war fähig,
einen zu vernichten, die Persönlichkeit zu rauben
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