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Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Titel: Mich gibt s ubrigens auch fur immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seidel Jana
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danke!
    Â»Irgendwelche guten Vorsätze?«, fragt Juli.
    Â»Nein, gar keine«, sage ich ehrlich. Ich habe nie geraucht, gehe zu Fuß oder fahre im Sommer mit dem Fahrrad zur Arbeit und esse verdammt viel frisches Gemüse, seit ich in einem Bioladen gejobbt habe. Oh, da wäre ja noch das Studium. Aber das werde ich sicher nicht mit einem guten Silvestervorsatz abschließen.
    Â»Vielleicht mich exmatrikulieren«, sage ich, ohne darüber nachzudenken.
    Â»O.k., gute Idee«, sagt sie leicht dahin.
    Und plötzlich schwebt diese Möglichkeit im Raum. Einfach alles hinwerfen, nach über zehn Jahren Studium? Wo ich doch insgesamt mehr Scheine als alle anderen Studenten habe, die ich kenne, nur eben leider in völlig verschiedenen Fächern? Andererseits bin ich niemandem Rechenschaft schuldig, weder gibt es da besorgte Eltern noch irgendeine andere gesellschaftliche Instanz. Allein darüber nachzudenken, löst den Druck in meiner Brust. Ja, vielleicht sollte ich wirklich nicht mehr studieren. Aber wie bringe ich das Hrithik bei, der eher erfolgsverwöhnte Menschen mit Biss – siehe Melanie – gewohnt ist? Nimmt er mich dann noch ernst? Das muss ich sofort mit Juli besprechen.
    Â»Ach, weißt du, wo ist der Unterschied, ob du nun weiter eingeschrieben bist, ohne hinzugehen, oder einen klaren Schnitt machst? Das wäre doch viel konsequenter. Das muss Hrithik einfach akzeptieren.«
    Juli hat recht. Vielleicht sollte ich mir echt ein Herz fassen und aufhören, mir selbst und anderen vorzugaukeln, ich würde irgendwann einen Abschluss bekommen. Alles andere erinnert irgendwie an die Männer aus Fernsehdramen, die ihren Job verloren haben, das ihren Familien aber verschweigen und dann das ganze Geld in Spielhöllen versaufen – bis alles auffliegt. Nur, dass ich mich nicht in Spielhöllen vor meinem Studium drücke, sondern, ganz im Gegenteil, die Zeit mit ernsthafter Arbeit verbringe. Wenn ich wenigstens einen tollen Traumjob in petto hätte, mit dem ich einen Studienabbruch rechtfertigen könnte.
    Â»Aber was mache ich dann?«, frage ich.
    Â»Ich habe gerade einen Artikel in einer Zeitschrift gelesen, dass man auf Stellenausschreibungen pfeifen sollte. Du musst dir nur eine Liste mit deinen Stärken und Schwächen machen und dir daraus deinen Traumjob maßschneidern. Dann suchst du ganz gezielt nach Unternehmen, in die dein Profil passt. Und weil ihr euch dann wie Yin und Yang ergänzt, wirst du genau das richtige Auftreten haben, den Job bekommen und immer glücklich und zufrieden sein.«
    Das klingt gar nicht so schwierig. Werde in nächster Zeit diese Liste anlegen. Und mich endlich intensiv mit dem Hinduismus auseinandersetzen. Aber erst im nächsten Jahr. Womit ich Knall auf Fall schon zwei gute Vorsätze hätte.
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    N ach einem völlig entspannten Silvesterabend mit Käsefondue und anschließendem spontanem Anstoßen mit meinen Freunden und deren Partnern in der Innenstadt, kehre ich am Neujahrstag gestärkt und voller Pläne an meinen Platz in der Cafeteria des Altersheims zurück.
    Â»Könntest du mir eine Traubensaftschorle machen?«, fragt Lilly mich, als sie auftaucht. »Frohes neues Jahr erst mal«, ergänzt sie und küsst mich auf die Wange.
    Â»Dir auch ein schönes neues Jahr. Du nimmst keinen Kaffee?«, frage ich überrascht.
    Â»Nein, in dieser Woche esse und trinke ich nur Rotes. Ich habe Fabian schon gesagt, er soll sich etwas einfallen lassen. Er war nicht begeistert.« Sie kichert.
    Armer Fabian. Mir fällt auf Anhieb nur rohes Fleisch ein.
    Â»Was hast du denn nun eigentlich am Sonnabend gemacht, als du aus dem Laden gegangen bist?«
    Â»Gleich zwei Punkte auf einmal erledigt. Ich hatte plötzlich Angst, ich schaffe nicht mehr alle 100.«
    Ich verspüre einen fetten Kloß im Hals. Aber zum Glück bleibt Lilly nie lange in niederschmetternder Lebensendstimmung, wie es viele andere ältere Menschen tun.
    Â»Auf jeden Fall habe ich am Nachmittag eine spontane Demo ins Leben gerufen und abends in der Oper mitgesungen – mein Lieblingsstück. Aber erst ganz am Ende bei ›Teneste la promessa‹. Damit sie mich nicht rauswerfen, bevor ich den dritten Akt gesehen habe.«
    Oh Gott.
    Â»Was für eine Demo?« Ich versuche, ganz ruhig zu bleiben.
    Â»Nun ich habe ein paar Schilder bemalt und bin dabei auf Nummer sicher gegangen: Gegen

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