Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Titel: Mich gibt s ubrigens auch fur immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seidel Jana
Vom Netzwerk:
an.
    Â»Kann ich etwas für dich tun?«, frage ich. Aus irgendeinem Grund scheint es mir natürlich, ihn zu duzen.
    Zögernd greift er in die Innentasche seines khakifarbenen Parkas, mit dem zerrupften Fellfutter. Dann hält er ein Buch hoch, das mir vage bekannt vorkommt. Schwarz-weißes-Comic-Bild und blutrote Schrift. Auweia, mein letzter Kunde ist also der Sohn meines ersten Kunden. Der Kreislauf des Lebens – wie wunderbar.
    Ich beiße mir angestrengt auf die Lippe. Meine Glieder fühlen sich steif an, und mir schießt das Blut in den Kopf. Die Situation ist mir so unangenehm, dass ich ihn nur verkrampft anstarre. Dann grinst er plötzlich über das ganze Gesicht – und sieht unerwartet nett, schelmisch und fast hübsch aus. Sein Lächeln deutet an, was er ohne die Unterdrückung seines schrecklichen Vaters sein könnte.
    Â»War das Absicht?«, fragt er.
    Ich leugne gar nicht erst, sondern nicke nur.
    Â»Cool. Ich glaube nicht, dass sich irgendjemand schon mal erlaubt hat, meinen Vater so zu verarschen. Außerdem ist der Krimi viel teurer als das Psycho-Buch. Habe ich nachgesehen. Du hast ihm zehn Euro zu viel abgeknöpft.«
    Er grinst wieder und scheint sein Glück kaum fassen zu können.
    Ich beschließe: Dies ist der perfekte Zeitpunkt für eine heiße Schokolade.
    Â»Setz dich hin«, sage ich bestimmt.
    Â»Echt?«, fragt er glücklich. Freunde hat er offenbar auch nicht. Er lässt sich auf die Chaiselongue fallen, und ich verschwinde in die winzige Küche. Als ich mit der Schokolade wiederkomme, lümmelt er dort mit dem Vaterbuch in der Hand.
    Â»Gar nicht mal so übel«, findet er.
    Ich hole mir einen Stuhl und rücke zu ihm hin. Komme mir in meiner erhöhten Position ein bisschen wie eine Psychotherapeutin vor. Hm … für Psychologie war ich noch nie eingeschrieben. Schnell reiche ich ihm die Hand.
    Â»Herzlichen Glückwunsch nachträglich zu deinem 23. Geburtstag!« Er verzieht das Gesicht.
    Â»Es war mein 21.«
    Â»Oh, dein Vater hat gesagt …«.
    Â»Ja, kann ich mir vorstellen. Wahrscheinlich kommt ihm die Zeit mit mir schon viel länger vor.«
    Wir sehen schweigend zu Boden. Das Gespräch nimmt eine unangenehme Richtung.
    Â»Wohnst du noch zu Hause?«
    Â»Ja«, sagt er verlegen.
    Â»Warum?«
    Â»Ich studiere hier in Hamburg Pharmazie. Mein Vater hat eine Apotheke, die ich übernehmen soll. Eigentlich hat er sogar fünf. Aber eine läuft auf den Namen meiner Mutter, weil man in Deutschland nur vier haben darf.«
    Er wird ja richtig gesprächig. »Egal, auf jeden Fall verdienen meine Eltern viel zu viel, als dass ich BAföG bekommen könnte. Aber mein Vater ist geizig und will mich nicht finanziell unterstützen. Ich könnte das Geld natürlich einklagen. Nur, will man echt gegen seine Eltern klagen?« Er zuckt resigniert mit den Achseln.
    Â»Ich habe schon überlegt, mir einen Job zu suchen«, sagt er und schaut sich um. »Toller Laden übrigens. Du brauchst wohl nicht noch jemanden?«
    Â»Leider nicht meiner. Ich bin hier auch nur Aushilfe für einen Tag.«
    Â»Schade, der Laden steht dir.« Er grinst wieder. Wie gewinnend er aussehen kann. Das mit dem Laden habe ich heute doch schon mal gehört. Mist, das führt meine Gedanken echt in Versuchung, sich in gefährliche Bahnen zu begeben.
    Ich denke nach. Gerne würde ich dem Jungen helfen. Ich glaube, er könnte ein echt guter Typ sein – mit einem vernünftigen Haarschnitt, nicht ganz so hängenden Schultern und losgelöst von der väterlichen Tyrannei. »Lass mir deine Telefonnummer hier. Ich arbeite nämlich eigentlich gar nicht hier, sondern in einem Altersheim, da werden oft mal Jobs für Studenten frei.«
    Â»Ne, lass mal. Ich wische bestimmt nicht alten Leuten den Hintern ab.«
    Â»Das machen die gelernten Kräfte, die würden dich da gar nicht ranlassen«, beruhige ich ihn. »Aber es gibt Hausmeistertätigkeiten und auch Jobs in der Küche.«
    Â»Cool. Oh, und danke für das Geburtstagsgeschenk. Also das Buch und den Kakao und das alles hier.« Er sieht verlegen in seine Tasse, als würde die ihm einen Grund nennen, noch nicht gehen zu müssen. Armer Junge.
    Â»Wie ist dein Vater denn so?«, will er wissen.
    Ich denke kurz nach. »Abwesend.« Das scheint mir die unverfänglichste Antwort zu sein.
    Â»Cool.« Oh,

Weitere Kostenlose Bücher