Mich gibt s ubrigens auch fur immer
Wir können uns wieder gegenseitig aufziehen. Wie schön. Dennoch versetzt mir die Erinnerung einen Stich.
»Das Kapitel Melanie ist endgültig abgehakt«, sagt er bestimmt, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Ich möchte mit dieser Frau nichts mehr zu tun haben. Jemand wie sie passt ganz und gar nicht in mein Leben. Darin brauche ich einfach nur dich.«
Ich weià nicht, was ich darauf antworten soll, deswegen lehne ich einfach nur glücklich meinen Kopf an seine Schulter. Ich kann es gar nicht erwarten, nach Hause zu kommen.
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E in paar Wochen später stehe ich vor dem Spiegel und kann nicht fassen, was ich sehe: Ich bin jetzt tatsächlich eine Braut. Vielleicht nicht nach hiesig geltendem Recht, weil wir zunächst nur die hinduistische Trauung für Hrithiks Familie durchziehen. Die standesamtliche Trauung folgt in drei Monaten, weil wir natürlich keinen Termin mehr bekommen haben. Das Gute an den ganzen Zeremonien: Wir können zweimal in die Flitterwochen fahren. Das erste Mal begeben wir uns gleich im Anschluss an die indische Feier auf die Reise. Wir fahren mit Lothar und Lilly an die Ostsee. Tatsächlich haben die beiden einen tauchbegeisterten Pfarrer aufgetrieben, der sie im Haifischbecken trauen wird. Und nach unserer offiziellen, standesamtlichen Vermählung wollen wir endlich einmal gemeinsam nach Indien reisen. Darauf freue ich mich wie verrückt. Viel mehr als auf die Aneinanderkettung von Ritualen, der ich mich gleich unterwerfen muss. Bestimmt habe ich trotz Chadnis strenger Unterweisung schon die Hälfte der Aufgaben vergessen, die mir bevorstehen. Ich trage einen roten Sari mit goldenen Stickereien, meine Haare sind kompliziert mit goldenen Kämmen hochgesteckt. Auch dabei hatte Chadni ihre Finger im Spiel. Ihr ist es sogar gelungen, einen Stoff aufzutreiben, der meinem blassen, europäischen Teint schmeichelt. Es wäre übertrieben zu sagen, dass wir nun ein inniges, schwesterliches Verhältnis hätten. Dafür sind wir einfach zu verschieden. Aber auch da machen wir es nun wie in einer echten Familie: Man muss nehmen, was man kriegt. Und wir tragen unser Schicksal mit Humor und aufkeimender Zuneigung. Deswegen würde ich zusammenfassen: Als angehende Schwägerinnen machen wir uns schon mal nicht schlecht.
»Das haben wir ja super hinbekommen«, sagt Chadni stolz, als wir gemeinsam mein Spiegelbild betrachten. Juli und Toni haben unserem Treiben kichernd und mit einem Glas Prosecco in der Hand vom Sofa aus zugesehen. Ich versuche ihnen zuliebe ein schwungvolles Schulterkreisen wie in einem Bollywood-Film. Das wird sofort von einem gar nicht so sanftem Klaps Chadnis unterbunden.
»Ruinier mein Werk nicht. In dem Teil darfst du nur noch anmutige Bewegungen machen, klar? Ich habe keine Lust, dass du über den Stoff stolperst und alles kaputt machst.«
Ich bin etwas beleidigt, weil sich meine Bewegung für meinen Geschmack äuÃerst anmutig angefühlt hat. Juli und Toni lachen noch lauter. Missbilligend sieht Chadni die beiden an, aber auch ihr rechter Mundwinkel zuckt verräterisch. Jetzt fehlt nur noch einer: Kurt. Er wollte mit einem GroÃraumtaxi vom Flughafen aus direkt bei mir vorfahren, um uns abzuholen. Wie es indische Tradition ist, treffen wir Mädchen samt Brautvater die anderen männlichen Gäste, Hrithik und seinen 40-köpfigen Anhang im Saal des Landgasthofs, den wir zu diesem Anlass gemietet haben. Ich bin mir nicht sicher, ob so viel rustikale, deutsche Gemütlichkeit und indischer Glitzerkram perfekt zusammenpassen. Zumindest passen wir alle in den Raum rein. Die Türklingel unterbricht meine Gedanken. Flink öffnet Juli meinem Vater die Tür und begrüÃt ihn mit einer fröhlichen Umarmung. Nachdem er Chadni und Toni höflich die Hand geschüttelt hat, stehen wir einander für einen kleinen Moment wieder hilflos gegenüber. Die gemeinsame Zeit war kurz, und unser Neuanfang ist noch zu frisch für selbstverständliche Gesten. Bei unserer ungeschickten Umarmung können wir uns prompt auf keine Seite einigen. Deswegen knallt seine Stirn brutal an meine. Chadni schnaubt: »Wehe, das gibt eine Beule«, ruft sie erbost. Kurt schaut sie irritiert an und lässt mich wieder los.
»Ja, meine Schwägerin ist eher von der dominanten Sorte und fürchtet um ihr Werk«, helfe ich ihm und ignoriere, dass Chadni mir die Zunge rausstreckt. Armer Kurt. In
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