Mich gibt s ubrigens auch fur immer
Prüfung bestehen muss, aber die Antworten komplett vergessen hat. Auch die, die man vor einer Minute noch wusste. Dabei muss ich gleich viele kleine Texte deklamieren â auf Englisch, aus Rücksicht auf Hrithiks Verwandtschaft. Irgendwie verpasse ich, in Panik versunken, fast den Beginn der Zeremonie, bis mich Hrithiks Stimme zurückholt.
»So unbekannt wir einander waren, so vereint stehen wir jetzt hier. Mögen wir ein Geist und eine Seele sein.«
Hrithik lobt â den Vorschriften gemäà â ausschweifend meine zukünftige heroische Tätigkeit als Mutter von Helden. Ich bitte die Götter um Geschick und Gesundheit, die mir auferlegten Aufgaben zu erfüllen. Danach müssen wir verschiedene Punkte unseres Körpers mit zwei mit Wasser benetzten Fingern berühren. Ich versuche, Hrithiks Bewegungen so schnell und geschickt nachzuahmen, dass es fast nach Gleichzeitigkeit aussieht. Dann geht es weiter. Hrithiks Text ist so lang, dass ich mich nach einer Weile damit begnüge, ihn anzusehen ⦠meinen Mann. So toll dieses Gefühl auch ist, bin ich immer noch eher eine angespannte als eine strahlende Braut. Bestimmt stolpere ich und falle in das Feuer, das wir gleich umschreiten müssen. Dann wäre ich doch noch eine waschechte Sati. Schade, dass Stefan nicht kommen konnte, um das mitzuerleben. Allerdings würde mein Opfer wohl nicht zählen, so ganz ohne toten Ehemann. Als ich an der Reihe bin, kommen die Worte, die Chadni mir eingebläut hat, zum Glück ganz wie von selbst von den Lippen, während wir zunächst nicht das Feuer, sondern den ungefährlichen Altar umrunden. »Lass uns einander ergeben sein. Lass uns unsere Nöte und Freuden teilen, einander umsorgen und mit liebendem Auge betrachten.«
Am Ende hebe ich brav meinen rechten Fuà und stelle ihn auf den Felsbrocken vor mir. Weil ich keinen Bruder oder keine Mutter habe, die mir nun eigentlich helfen müssten, springt mein Freund Peter ein. Die Steinbesteigung steht wohl für all die Hürden, die man als Paar gemeinsam
meistern muss. Dann werfen Hrithik und ich mit aufeinandergelegten Händen drei Ladungen Popcorn ins Feuer. Damit sind wir bei dem Teil angelangt, in dem ich Gott um Unterstützung für mein neues Leben auÃerhalb meines Elternhauses bitte. Fast muss ich dabei kichern. Aber Tradition ist Tradition, und so ende ich, ohne mit der Wimper zu zucken: »Ich bete, dass Gott die Vereinigung unserer Herzen segnen möge.«
Und schon marschieren wir ums Feuer herum. Nach jeder Runde werfen wir erneut Popcorn hinein. Und ich stolpere kein einziges Mal! Am Ende kommt es trotzdem fast zum Eklat, und mein Patzer wird von sehr lautem Raunen begleitet. Fast hätte ich Hrithk beim Hinsetzen seinen Platz geklaut. Schnell verknotet der Priester Hrithiks Schal mit meinem Tuch. Wir stehen auf, und Hrithik legt seine Hand auf meine Schulter. Diesmal sind es nur sieben Schritte, die wir um das Feuer machen, aber nach jedem einzelnen Schritt müssen wir vor einer der sieben aufgebauten Schalen mit Reis stehen bleiben. Der Priester spricht dazu Mantras, die uns Wohlstand, Glück, ein langes Leben und das ganze Pipapo sichern sollen. Hrithik hat mir mal gesagt, dass es in Indien nur deswegen so wenige Scheidungen gibt, weil sich niemand ein zweites Mal auf eine solche Zeremonie einlassen würde. Das klingt plausibel. Endlich nähern wir uns dem Endspurt. Der wunderbare Mann an meiner Seite wendet sich mir mit liebevollem Blick zu: »Die sieben Schritte vollendet, mögest du ein Leben lang meine Begleiterin sein. Mögest du mich bei meiner Verantwortung unterstützen, erfolgreich die Pflichten auszuführen, die ich nun als Hausherr übernehme. Mögen wir mit vielen Kindern gesegnet sein, die alle die volle Zeitspanne eines menschlichen Lebens erleben.«
An der Stelle schnaubt Toni laut. Tja, Hinduismus ist nichts für Emanzen. Aber ich weià ja, dass Hrithik selbst sich niemals einen Text ausgedacht hätte, bei dem es letztlich darauf hinausläuft, dass er der Hausherr und Bestimmer und ich eine Gebärmaschine sein soll. Deswegen kann ich den Worten ganz und gar gelassen lauschen. Es kostet schlieÃlich nichts, seiner Familie diese kleine Freude zu machen. Der Priester besprenkelt uns mit Wasser, als Ãbergang zur Sonnenmeditation. Gemeinsam blicken Hrithik und ich in die Sonne und bitten ihren Schöpfer um Kraft für uns. Dann wenden
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