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Mich hat keiner gefragt - Mich hat keiner gefragt

Titel: Mich hat keiner gefragt - Mich hat keiner gefragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse
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also mit Zoran und bat ihn, mit mir ein Auto zu suchen. Gott sei Dank hatte ich noch 3000 DM. Die hatte ich aus der Wohnung mitgenommen, als ich ging. Das war mein Geld, ich hatte es über mehrere Jahre gespart, indem ich immer mal wieder einen Zehner oder Zwanziger weggelegt hatte. Und jetzt konnte ich dieses Geld gut brauchen. Zoran und ich sind also zu verschiedenen Gebrauchtwagenhändlern in unserer Gegend gefahren und haben uns Autos angeschaut. Nach drei Tagen hatten wir eines: Einen VW-Polo für 4000 DM, die Hälfte habe ich angezahlt und den Rest über einen Kredit finanziert. Als ich den Schlüssel in der Hand hielt, war ich unglaublich stolz. Endlich hatte ich ein eigenes Auto und konnte mich frei bewegen. Jetzt fehlte nur noch eine Wohnung.
    Zudem brauchte ich meine Sachen. Außer der Plastiktüte mit ein paar Kleidungsstücken und dem Geld hatte ich damals nichts mitgenommen. Alle meine Kleider, Papiere und Fotos waren noch in unserer Wohnung. Aber ich hatte keinen Schlüssel, und einfach klingeln und danach fragen konnte ich doch auch nicht. Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass Mustafa schon längst aus unserer gemeinsamen Wohnung ausgezogen war. Er hatteein paar Tage nach meiner Flucht seine Sachen und die der Kinder gepackt und war zu den Eltern gezogen. Das hatte Frau M. vom Frauenverein inzwischen herausgefunden. Also hat sie bei den Schwiegereltern angerufen, um mit Mustafa einen Termin wegen meiner Habseligkeiten auszumachen. Aber meine Schwiegermutter verleugnete ihn zunächst und sagte, er sei nicht da. Als Frau M. ihr dann mitteilte, dass es um meine Kleider und persönlichen Dinge ging, die sie gerne aus unserer gemeinsamen Wohnung abholen wolle, hat Mustafa ihr den Hörer aus der Hand gerissen und »Leck mich am Arsch« ins Telefon gebrüllt. Dann warf er den Hörer auf die Gabel.
    Mustafa wohnte mit den Kindern also wieder bei den Eltern . Sie lebten noch immer in dem gleichen Haus, und weil zwei der Brüder ausgezogen waren, hatten sie jetzt genug Platz. Das beruhigte mich einerseits, weil ich wusste, dass die Kleinen dort gut versorgt waren, aber Sorge bereitete mir natürlich, was man ihnen dort alles über mich erzählt haben konnte. Und diese Sorge war nicht unbegründet. Der Mann vom Jugendamt hatte die Familie besucht, um sich einen Eindruck zu verschaffen und dann Frau M. vom Frauenverein berichtet, die Kinder seien beeinflusst worden. Auf die Frage, ob sie lieber zu ihrer Mutter wollten, haben Birgül und Ali wohl sofort mit »Nein« geantwortet, sie »wollten lieber beim Papa bleiben«. Ich war am Boden zerstört, als ich das hörte. Aber gleichzeitig hat es mich auch angespornt. Ich musste endlich eine eigene Wohnung finden. Je schneller, desto besser.
     
    In dieser schweren Zeit war ich drei Monate krankgeschrieben. Als ich an meinen Arbeitsplatz zurückkehrte, fühlte ich mich einigermaßen stabil. Meine äußeren Wunden waren verheilt, und wie es in mir drinnen aussah, wusste niemand. Aber es war gut, wieder zu arbeiten. Alle freuten sich, mich zu sehen. In der Mittagspause erzählte mir eine Kollegin aus der Verwaltung, dass meine Schwiegereltern einige Wochen zuvor nach mir gefragt hatten. Sie hatten mich also tatsächlich gesucht. Dabei hatte ichviele Wochen lang ganz in ihrer Nähe gewohnt. Aber das wussten sie natürlich nicht. Mustafa hat mir auch aufgelauert, er wusste inzwischen, dass ich ein Auto hatte, und konnte so immer ganz leicht nachprüfen, welche Schicht ich arbeitete. Einmal hat er mich auf dem Firmenparkplatz abgepasst. Ich hatte Spätschicht, und es war dunkel, als ich zu meinem Wagen ging. Da stand er, an meine Wagentür gelehnt, und rauchte eine Zigarette. » Merhaba, Ayşe «, sagte er und fragte mich, wie’s mir geht. In den fast zwanzig Jahren, die wir verheiratet waren, hatte er mich fast nie bei meinem richtigen Namen genannt. Immer war ich nur die Schlampe, die Nutte gewesen. Und jetzt, wo es zu spät war, war ihm wieder eingefallen, wie ich heiße. Ich antwortete entschlossen: »Mustafa, was immer du mir zu sagen hast, ich komme nicht zurück.«
    Er bettelte und flehte. Als er jedoch einsah, dass es mir ernst war, zischte er: »Aber die Kinder kriegst du nicht. Das kannst du vergessen«, und ging wutschnaubend davon.
    Ich habe dann meinem Freund erzählt, was vorgefallen war. Er versprach mir, mich von nun an abends immer abzuholen.
    Anfang April 1998 fand ich eine eigene Wohnung in einem Nachbardorf. Es war zwar nur ein kleines

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