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Mich kriegt ihr nicht!: Gebrauchsanweisung zur digitalen Selbstverteidigung (German Edition)

Mich kriegt ihr nicht!: Gebrauchsanweisung zur digitalen Selbstverteidigung (German Edition)

Titel: Mich kriegt ihr nicht!: Gebrauchsanweisung zur digitalen Selbstverteidigung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pernille Tranberg , Steffan Heuer
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desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie mit ihr direkt oder indirekt online konfrontiert werden. Facebook kann einzelne Nutzer mit jeder derartigen Geschichte verknüpfen, auch wenn Sie diese auf einer ganz anderen Webseite lesen, nur weil darauf eine »Gefällt mir«-Taste prangt oder Sie sich mit Facebook-Connect registriert haben.
    Wenn Sie auf Ihrem Computer oder Smartphone ohne Schutz, wie Blockern oder permanenter SSL-Verschlüsselung, nach etwas suchen, lassen Sie Google sowie Dutzende von Datensammlern wissen, welche Gesundheitsthemen Sie interessieren, Ihnen Sorgen machen oder an welcher Erkrankung Sie vielleicht leiden. Pharmafirmen lecken sich die Finger nach solchen Surfmustern. Das Stigma gesundheitlicher Probleme wird Teil Ihrer digitalen Identität und folgt Ihnen durchs Netz. Es bestimmt, welche Suchergebnisse, Anzeigen und andere Inhalte Sie künftig zu Gesicht bekommen werden.
    Menschen verbringen in der Tat sehr viel Zeit damit, nach Symptomen, Krankheitsbeschreibungen und Therapien zu suchen. Laut einer Erhebung unter Yahoo-Nutzern in den USA vom Januar 2012 waren drei der fünf häufigsten Symptome, die innerhalb eines Monats auf mobilen Geräten gesucht wurden: Schwangerschaft, Herpes und HIV. Auf dem Desktop, dessen Nutzer generell älter sind, zählten Gastroenteritis, Herzinfarkt, Gicht und Gürtelrose zu den meistgesuchten Krankheiten. 2 Man muss noch einmal betonen: Jeder dieser Suchbegriffe und jede besuchte Webseite zu diesen Themen können nicht nur von Google und Facebook jederzeit mit Ihnen als Person verbunden werden – wenn nötig, über Jahre in der Vergangenheit.
    Millionen von Patienten sind auf Geräte angewiesen, die sie entweder am oder im Körper tragen, von einer Insulinpumpe bis zum Herzschrittmacher. Für sie ist der Zugang zu ihren eigenen überlebenswichtigen Daten komplizierter. Man nehme zum Beispiel Herzdefibrillatoren. Sie verfolgen die Signale des wichtigsten Muskels im Körper und halten das Herz so unter Kontrolle. Sie sind überlebenswichtig, aber perverserweise haben die Patienten, die diese Geräte im Brustkorb tragen, bislang weder die Möglichkeit noch das Recht, die Daten einzusehen oder auszuwerten, die ihr eigener Körper erzeugt. Die Gerätehersteller sind im Besitz dieser Vitaldaten und weigern sich, eine Abbildung oder den Export der Daten zu erlauben.
    Unter Patienten mit einer Leidenschaft für Informatik und Netzkultur regt sich Widerspruch. Einer von ihnen ist der Exilbrasilianer Hugo Campos. Er wurde prominent, weil er sich mit der Medizintechnik-Industrie und Regulierungsbehörden anlegte, um den Zugriff auf seine ureigenen Körperdaten zu erhalten. 3
    Während andere Patienten gespannt darauf warten, wie der Streit ausgeht, haben einige die Geduld verloren und »hacken« sich in ihren eigenen Körper. Wieder andere haben beliebte und gut besuchte Internetforen wie PatientsLikeMe gegründet, auf denen man sich je nach Krankheit oder Therapieansatz zusammenfinden und diskutieren kann – als Patient oder Angehöriger eines Kranken. Diese Seiten sind Teil der »Verbürgerlichung« des Medizinbetriebes. Grundsätzlich ist der Wandel jedes Bürgers zum Datensammler und Forscher oder sogenannten Citizen Scientist zu begrüßen, da damit die Idee des informierten Patienten in die Praxis umgesetzt wird. Doch diese Foren reißen zugleich große Löcher in die Privatsphäre von Patienten und deren Familien.
    Gewiss, es geht bei implantierten Geräten wie Insulinpumpen um brisante Sicherheitsfragen und Geschäftsgeheimnisse der Hersteller. Aber das Recht an den eigenen Vitaldaten ist ein Thema, das weiter an Bedeutung gewinnen wird. Das liegt schon allein daran, dass immer mehr Menschen mit Sensoren ausgestattet werden, die früher oder später fast alle unsere biologischen Parameter protokollieren und überwachen können.
    Für und Wider des Teilens von biometrischen Daten
    Aber wir wollen nicht nur die negativen Seiten betrachten. Die Verfolgung und Überwachung sowie das Teilen von Vitalfunktionen haben viele positive Aspekte, wenn der Datenschutz ernst genommen wird. Sich mit anderen zu messen motiviert viele Menschen, aktiver zu sein sowie gesunde Gewohnheiten zu entwickeln und vor allem beizubehalten. Das mag auch positive finanzielle Folgen haben: Wenn Sie all Ihre biometrischen Daten mit Ihrem Arzt oder Ihrer Versicherungsgesellschaft teilen, könnten Sie bessere therapeutische Beratung und sogar einen Rabatt für die Erhaltung Ihrer

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