Michael, der Finne
Willst du daher deine Schuld freimütig bekennen oder weiterhin auf Satan vertrauen und bei deinem Leugnen verharren?«
»Ich bin keine Hexe«, rief Barbara, »und ich bin nicht mit dem Teufel im Bunde, was immer die Leute hinter meinem Rücken reden mögen. Seit meiner Kindheit haben die Menschen mich gehaßt, weil ich häßlich bin und anders als sie.«
»Auf die deutliche Aufforderung zum freiwilligen Geständnis wies die Hexe störrisch die Anklage zurück«, diktierte Pater Angelo, »gestand jedoch, sie sei seit ihrer Kindheit anders als andere Leute.«
Er wandte sich aufs neue an Barbara.
»Sowohl während deiner Haft als auch jetzt vor diesem Gericht habe ich mein Bestes getan, dich zu einem freiwilligen Geständnis zu bewegen«, sagte er. »Aber du bleibst verstockt. Daher wird sich das Gericht auf zwei Stunden vertagen; dann wird der Prozeß in Übereinstimmung mit der Praxis der Inquisition mit der Folter fortgesetzt. Glaube nicht, meine Tochter, daß der Teufel, dein Verbündeter, dir dann helfen kann! Gestehe und spare uns diese schmerzliche Pflicht, die weder uns noch dich freuen wird!«
»Aber ich bin keine Hexe«, jammerte Barbara und brach in Tränen aus. Pater Angelo übersah ihre Tränen und befahl dem Schließer, sie in ihre Zelle zurückzuführen.
»Pater Angelo«, flehte ich, »laßt mich mit meinem Weibe sprechen und sie überreden, daß ein Geständnis das Beste für sie ist, wenn sie schuldig ist, denn ich kann den Gedanken an ihre Leiden nicht ertragen.«
»Das ist unmöglich, Michael«, versetzte er ungehalten. »Sie würde Euch nur wieder behexen, wie Euch schon der eigene Verstand sagen muß.«
Er wies mich an, zur Küche des Fürstbischofs zu gehen und dort zu essen. Ich hatte aber keinen Appetit und schritt zwei lange Stunden im Hof auf und ab. Ich versuchte den Schließer zu bestechen, mich zu Barbara einzulassen; der aber, habgierig wie er war, wagte es doch nicht, durch Ungehorsam gegen Pater Angelos ausdrücklichen Befehl seine Haut aufs Spiel zu setzen. Zum Dank für das Geld, das ich ihm bot, versprach er jedoch, ihr eine gute Mahlzeit zu bringen.
Als die ehrwürdigen Väter weingerötet aus den Gemächern des Fürstbischofs zurückkehrten, sich den Mund wischten und eifrig miteinander sprachen, näherte ich mich noch einmal Pater Angelo und beschwor ihn, mich zum nächsten Abschnitt des Prozesses zuzulassen.
Diesmal war er umgänglich und entgegnete: »Ich habe Eure Bitte vorausgesehen und die Frage mit dem Fürstbischof erörtert. Dergleichen ist bisher noch nie erlaubt worden; allein dies ist ein ganz außergewöhnlicher Fall, und ich glaube kaum, daß Ihr aus dem Bann befreit werden könnt, in den sie Euch versetzt hat, wenn Ihr nicht das Geständnis aus ihrem eigenen Mund hört. Daher dürft Ihr dank der Gunst des Fürstbischofs zugegen sein, doch nur unter der Bedingung, daß Ihr weder mit Worten noch Gebärden in den Gang der Untersuchung eingreift, sondern ruhig auf Eurem Platz bleibt. Auch müßt Ihr den üblichen Eid ablegen, keinen der Anwesenden zu hassen oder ihm Böses zu wünschen, noch irgend jemand zu versuchen, verleiten oder bestechen, in Eurem Auftrag Rache zu nehmen, sondern Euch mit dem abzufinden, was vorgeht.«
Wir kehrten ins Turmgemach zurück, wo ich den Eid ablegte, den mir Pater Angelo vorsprach. Dann ging es im Gänsemarsch die Treppe zur Folterkammer hinab, die fensterlos war und ein gewölbtes Dach hatte. Den Raum erhellten zwei Fackeln, in deren Licht man den Scharfrichter und seinen Gehilfen erkennen konnte. Sie waren in schmuckes Rot gekleidet, wie ihr Gewerbe es vorschreibt, obwohl sie bei einer Folter weder Blut vergießen noch bleibende Verletzungen zufügen dürfen. Als ich mich in diesem Keller umsah, versuchte ich mich mit dem Gedanken zu trösten, daß keine jener abscheulichen Kneifzangen und Daumenschrauben gebraucht würden; aber eine Leiter, die auf einem Gestell ruhte, ein Seil, das von einem Rad in der Decke herabhing, und schwere Steingewichte reichten hin, mir den Angstschweiß hervortreten zu lassen. Die guten Väter ließen sich hier und dort nieder und klagten über die schlechten Sitzgelegenheiten.
Dann wurde Barbara, schreckensbleich und zitternd, hereingebracht; aber als der Scharfrichter auf Pater Angelos Befehl erklärte, wie seine Werkzeuge angewandt würden, bestritt sie immer noch mit demütigen und flehenden Worten ihre Schuld und sagte, sie könne nicht eingestehen, was sie nicht getan habe. Pater Angelo
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