Michael, der Finne
hereingebrochen und der Jüngling vom Blitz getroffen worden sei, obwohl er unter einem Baum Schutz gesucht habe, während Barbara auf freiem Feld stand. Die Zeugen waren der Meinung, daß sie mit Hilfe des Teufels den Blitz auf ihren Sohn gelenkt und sich dabei ihres eigenen Namens bedient habe, da die heilige Barbara die Menschen vor dem Blitzschlag schützt.
Eine Frau erklärte, die Milch in ihren Brüsten sei nach einem Streit mit Barbara versiegt. Mein Freund, der Steuereinnehmer, bezeugte, daß Barbara ihn mit ihrer Schwarzen Kunst auf der Treppe stolpern und den rechten Arm brechen ließ, den er zu seiner Arbeit brauchte. Das tat sie, um seine Stelle für mich zu erhalten. Des weiteren hatte sie ihn jeden Tag zum Abendessen bei sich verlockt, um den Arm nicht heilen zu lassen. Der Gerichtsdiener erklärte, wir hätten ihn und sein Weib aus ihrem behaglichen Heim getrieben, um es selbst in Besitz zu nehmen, und wies darauf hin, sie wären nie ausgezogen, hätten sie nicht befürchtet, Barbara könne ihnen durch Zauberkraft Schaden zufügen. Die Ratsherren führten an, wie Barbara schon von Kind auf eine bekannte Hexe gewesen sei und bereits einmal den Reinigungseid habe leisten müssen. Schließlich bezeugte ihr eigener Vater, daß einmal, als Barbara seine Werkstätte betrat, der Schmelzofen am selben Tag mit fürchterlichem Getöse zersprungen sei und großen Schaden angerichtet habe.
Solcherart waren die Aussagen, die ich voll bitterster Entrüstung las; doch sank mir bei jeder der Mut. Das letzte Papier war noch nicht unterzeichnet, und ich fing an, es zu lesen, ohne gleich zu erkennen, daß es meine eigene Aussage enthielt.
Ich, Michael Pelzfuß, oder Michael de Finlandia, Bakkalaureus der Universität Paris, sagte darin aus, wie mich Barbara auf geheimnisvolle Weise zerschlagen und ausgeraubt in einem Wald gefunden hatte, und daß nur der Teufel selbst sie zu dem Versteck geführt haben konnte, wo die Buschklepper mich wie tot hatten liegen lassen. Im Laufe meiner Krankheit hatte mir Barbara bittere Tränklein eingeflößt, deren Zusammensetzung mir unbekannt war. Sie waren zweifellos nach irgendeinem magischen Rezept gebraut, denn bald darauf verliebte ich mich in Barbara, ungeachtet ihrer Häßlichkeit, und freite sie. Während unserer ganzen Ehe fuhr sie fort, mich zu behexen, so daß ich sie immer noch für die lieblichste aller Frauen hielt. Nun aber, da mir die Wahrheit offenbart worden war, widersagte ich ihr und allen Werken des Teufels und gestand, daß ich mich nur durch Zauberei hatte verleiten lassen, sie zu heiraten.
Als ich das fürchterliche Dokument gelesen hatte, hob ich den Blick und sprach mit fester Stimme: »Pater Angelo, diese Aussage werde ich nie unterzeichnen, denn sie ist unwahr.«
Er machte eine ungeduldige Bewegung, bezwang sich aber und fragte in versöhnlichem Ton: »Sind das nicht die Worte, die Ihr zu mir gesprochen habt? Seht Ihr nicht ein, daß ihre Hexenkünste Euch an sie banden? Denn kein vernünftiger Mensch könnte sie für die lieblichste Frau der Welt erklären.«
Ich weigerte mich aber trotz seiner Überredungsversuche, die Aussage zu unterzeichnen. Schließlich ließ er sie neu aufsetzen, und ich erzählte darin, wie Barbara mich im Wald gefunden und gesundgepflegt hatte, daß ich sie aus freien Stücken geheiratet hätte und sie nun mehr als jemand anderen auf der Welt liebte. Als ich aber hinzufügen wollte, daß ich während unserer Ehe kein einziges Mal etwas bemerkt hatte, was auf Zauberei schließen ließe, fiel er mir ins Wort und sagte, nicht mir käme die Entscheidung über Schuld oder Unschuld Barbaras zu, sondern den Richtern, die ihre Schlüsse aus dem gesammelten Beweismaterial, darunter meiner eigenen Aussage, ziehen würden. Zu spät erkannte ich nun, daß er meine Aussage gegen Barbara verwenden wollte. Doch unterzeichnete ich das Dokument, weil sein Wille stärker war als meiner und weil ich hoffte, dem Prozeß beiwohnen und ihn an der Verdrehung meiner Worte hindern zu können; er nahm die unterzeichnete Aussage entgegen. Nun war er wieder ruhig und gelassen, und Schönheit und Mitleid leuchteten aus seinem Gesicht, als er mich ansah.
»Glaubt mir, Michael«, sagte er, »auch ich bin nur ein Mensch, und die Last, die man mir auferlegt hat, scheint mir oft zu schwer, als daß ich sie tragen könnte. Doch muß ich meine Schwäche überwinden, wenn ich der Kirche treu dienen will. In einem Fall wie diesem ist selbst das Mitleid eine grausame
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