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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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seufzte nur und wies Meister Fuchs an, mit der Untersuchung zu beginnen.
    Dazu nahmen die Henkersknechte Barbara den Kittel ab. Sie stand nackt da. Sie warfen sie zu Boden und banden sie mit Händen und Füßen an die Leiter. Sie war sehr schlank geworden, aber ihr gründlich gewaschener Körper war weiß, und die einzigen sichtbaren Spuren ihrer Haft waren die dunklen Ringe, die der Stock an den Fußknöcheln und Handgelenken hinterlassen hatte. Sie stöhnte einige Male, als sie ihr das Haar bis auf die Haut abschnitten und nicht das kleinste Büschel stehen ließen. Dann trat Meister Fuchs vor und begann sie gründlich nach irgendeinem teuflischen Talisman zu untersuchen, der sie gegen Schmerz unempfindlich machen könnte. Pater Angelo zog es in seiner Schamhaftigkeit vor, diesem Vorgang keine Aufmerksamkeit zu schenken; er unterhielt sich leise mit den anderen Würdenträgern. Ich hielt diese freilich grausame und, schamlose Behandlung dennoch nicht für unerträglich, denn ich segnete jeden Augenblick, der Barbara wirklich Schmerzen ersparte.
    »So manche Hexe hat sich gerühmt, sie könne ganz unempfindlich bleiben, wenn sie nur einen winzigen Lappen ihres Gewandes behalten dürfe«, bemerkte Meister Fuchs. »Aber wenn diese hier jetzt nicht vollkommen machtlos ist, dann will ich nicht’ länger fähig sein, mein Amt zu verwalten.«
    Er zog sich zurück, und die guten Väter traten unter laut gesungenen Gebeten an die nackte Barbara heran. Sie besprengten sie mit Weihwasser und steckten ihr geweihtes Salz in den Mund. Diese Reinigungszeremonie erhöhte noch die Vorsicht der Henkersknechte; sie hatten sich schon verstohlen bekreuzigt, während sie Barbara an Händen und Füßen banden. Ich erkannte, daß selbst die guten Väter sie in diesem dumpfen, von Fackeln erleuchteten Kellergewölbe fürchteten, und dieser Anblick erfüllte mich mit Verzweiflung, zeigte er doch, daß sie in gutem Glauben handelten und von ihrer Schuld überzeugt waren.
    Pater Angelo befahl Meister Fuchs, die Nadelprobe zu machen. Er nahm eine lange, scharfe Nadel und begann damit nach einem unempfindlichen Hexenmal an Barbaras Körper zu suchen. Die guten Väter beugten sich neugierig vor, um diesen Vorgang zu verfolgen, und seufzten jedesmal tief, wenn sie aufschrie und Blut floß. Meister Fuchs untersuchte jeden winzigen Leberfleck gründlich, ja selbst ihre Brustwarzen, so daß sie vor Schmerz kreischte. Schließlich fand er ein großes Muttermal auf der Hüfte, das nicht blutete, als er hineinstach; es schien sie auch nicht zu schmerzen. Das war zweifellos das Mal, das der Teufel ihr aufgedrückt hatte, zum Zeichen, daß sie zu den Seinen gehörte. Ich war überaus bestürzt und entsetzt, hatte ich doch in leidenschaftlichen Augenblicken dies Mal, das ich für einen Leberfleck hielt, oft geküßt.
    Der Sekretär nahm das Ergebnis der Nadelprobe zu Protokoll; sie hatte eine hufeisenförmige, unempfindliche Stelle auf der Haut der Hexe, einen Zoll oberhalb des rechten Hüftknochens, enthüllt. Pater Angelo ließ Barbara von der Leiter losbinden; dann wurde sie gewogen. Keinen überraschte es, daß sie gute zehn Pfund leichter war, als eine Frau von ihrem Wuchs und ihrer Gestalt hätte sein sollen. Das bestärkte nur die allgemeine Überzeugung von ihrer Schuld, da Hexen weniger wiegen als andere Leute und im Wasser an der Oberfläche treiben.
    Pater Angelo ließ Barbara ihren Kittel wieder anziehen und forderte sie erneut zu einem Geständnis auf. Sie aber stand gesenkten Hauptes und gab keine Antwort, worauf Pater Angelo mit sichtlichem Widerwillen dem Mann befahl, seine Pflicht zu tun. Er ergriff sie, während sein Gehilfe ihr die Hände auf dem Rücken band. Dann wurde das Seil, das von dem Rad herabhing, um ihre Handgelenke gebunden; sie wurde bis zur Decke hochgezogen; dort ließ man sie mit äußerst unnatürlich ausgerenkten Schultergelenken hängen. Dann lockerte der Scharfrichter das Seil und ließ sie fallen, fing sie aber wieder auf, bevor sie den Boden erreichte, und entrang ihr dadurch einen herzzerreißenden Schrei, da ihr die Arme beinahe aus den Gelenken gerissen wurden.
    »Michael«, schrie sie, »Michael!«
    Mir lief der Schweiß übers Gesicht, und ich erhob die Hand gegen Pater Angelo. Aber im Lichte der Fackeln sah ich ihn Barbara mit verzerrten Zügen anstarren; große Schweißtropfen glitzerten auf seiner reinen, hohen Stirn. Er litt wie ich unter diesem schauerlichen Anblick, und meine Hand sank kraftlos herab.

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