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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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sich dem Teufel und empfing sein Mal. Ihre Lehrmeisterin war eine gewisse Hexe, die vor zehn Jahren verbrannt wurde. Merket wohl, Michael, wenn es jemals den leisesten Zweifel an der Möglichkeit eines Bundes mit dem Teufel gab, so beweist die einhellige Übereinstimmung der Aussagen aus verschiedenen Ländern – die Ähnlichkeit selbst der geringfügigsten Einzelheiten – das Bestehen solcher Bündnisse über jeden Zweifel hinaus. Dies Geständnis ist ein weiteres Glied in der Kette, welche die heilige Kirche nun seit Jahrhunderten rund um das Reich des Teufels schmiedet.«
    »Guter Gott im Himmel!« rief ich. »Foltert Ihr sie denn immer noch? Hat sie noch nicht genug gestanden?«
    Er sah mich an, als zweifle er an meinem gesunden Verstand.
    »Sie muß natürlich die Namen ihrer Spießgesellen nennen«, versetzte er. »Das ist der schwierigste Abschnitt aller Untersuchungen, und ich fürchte, man wird sie dem vierten und fünften Grad unterwerfen müssen, bis man ihr alle erforderlichen Aussagen abgerungen hat. Aber wir sind entschlossen, nötigenfalls die ganze Nacht hindurch fortzufahren. Hören wir nämlich jetzt auf und warten wir bis morgen, so kann sie widerrufen, wie Hexen es oft tun, wenn sie während der Nacht von Satan neue Kraft erhalten haben. Ich glaube an Eure Unschuld, Michael, aber wir müssen sie natürlich auch über Euch befragen und von ihr auch die Namen all derer erfahren, die sie an den Hexensabbaten auf dem Brocken erkannte. Das wird Zeit und Geduld erfordern.«
    Bei diesen Worten schwanden mir wieder die Sinne, und ich blieb in einer wohltuenden Ohnmacht bis spät abends liegen. Als ich erwachte, stand Pater Angelo, eine Fackel in der Hand, über mich gebeugt.
    »Erwache, mein Sohn. Alles ist vorüber. Wir haben eine glänzende Schlacht geschlagen und haben gesiegt. Ihr seid für unschuldig an allen Vergehen befunden worden, und wenn Ihr wollt, dürft Ihr Euer Weib sehen, um ihr Lebewohl zu sagen. Sie kann Euch nicht mehr schaden. Das Gericht hat ihr angesichts ihres vollen Geständnisses und ihrer Reue Gnade erwiesen. Daher werden wir, wenn wir sie dem weltlichen Arm ausliefern, fordern, daß ihr zuerst das Genick gebrochen werde, bevor sie verbrannt wird, und ihr so die Qualen des Feuers erspart bleiben.«
    Er ging, und ich taumelte mit zitternden Knien die steile Treppe hinab, Rael unter dem Arm, und betrat aufs neue den Keller – jenen Keller, den ich in Angstträumen bis heute immer wieder vor mir sehe. Denn wenn schon die körperlichen Schmerzen der Folter gewaltig sind, so ist die Seelenqual dessen, der die Folterung eines ihm teuren Menschen hilflos mit ansehen muß, vielleicht noch schrecklicher.
    Auf dem offenen Herd der Folterkammer brannte ein Feuer, und der Scharfrichter betreute mit geübter Hand Barbara, während er sie mit freundlichen Worten zu trösten versuchte. Sie weinte leise, unaufhörlich und untröstlich, obwohl er ihr die Schultern wieder eingerenkt und sie mit schmerzstillenden Essigverbänden umgeben hatte. Auch der Schließer war zugegen; ich drückte ihm Geld in die Hand und heischte Speise, starken Wein und mehr Wasser für den Hund.
    Barbara schlug die Augen halb auf; ich fühlte, wie ihr Herz wild gegen die Rippen schlug. Als ich ihre gemarterten Knöchel und Zehen zart liebkoste, fuhr sie vor Schmerzen auf. Gleich darauf erschien der Schließer wieder und brachte in zwei dampfenden irdenen Schüsseln das Abendbrot. Er trug auch einen Zinnkrug voll Wein unter dem Arm, was den Scharfrichter so von Herzen erfreute, daß er mich einen edlen Herrn nannte und mir dankte, daß ich ihm nicht gram sei.
    »Ich habe einen Eid geschworen, mich nicht zu rächen«, sagte ich, »und Euch fällt das Geschehene in keiner Weise zur Last. Ihr tut Eure Pflicht gegenüber Euren Herren – und ich sehe, Ihr habt ein gutes Herz, denn Ihr arbeitet so sorgfältig und sachte wie ein Arzt, um die Verheerungen, die Ihr angerichtet habt, wiedergutzumachen. Eßt und trinkt, Freund. Ihr habt ein hartes Tagewerk hinter Euch, das Euch gewiß kein Vergnügen bereitete. Dann laßt uns allein.«
    Ich versuchte, Barbara Speise und Trank zu reichen, doch sie konnte nur eine Schüssel Suppe und etwas Wein zu sich nehmen. Rael aber fraß heißhungrig, bis seine mageren Flanken sich rundeten, und er war so glücklich, wieder mit uns vereint zu sein, daß er immer wieder im Fressen innehielt und herbeigelaufen kam, um Barbara die Hand zu lecken oder sich an meinem Knie zu reiben.
    Nachdem der

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