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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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schwermütigen Blick, den sie auf mich richtete, brannte das Fieber.
    »Du wirst mir nicht glauben, Michael, aber ich liebe dich und habe nur dich geliebt, seit ich dich zum erstenmal sah. Denke nicht zu schlecht von mir, jetzt da ich sterben soll und wir einander nie mehr sehen werden. Aber welche Eide sind heilig genug, mich in deinen Augen reinzuwaschen? Keine. Ich kann nur schwören, daß ich, so wahr ich nicht mehr an Gott, die heilige Kirche und die Sakramente glaube, keine Hexe bin und niemals mit dem Teufel im Bunde war, obwohl ich gesündigt und mit Dingen gespielt habe, mit denen man nicht spielen soll. Von bösen Kräutern und deren Gebrauch erfuhr ich durch alte Weiber und Kohlenbrenner. Dem Steuereinnehmer wünschte ich Böses um deinetwillen – vielleicht wünschte ich auch anderen Böses, wenn sie mich erzürnt hatten –, und mein böser Wille war, wie es scheint, stärker als der anderer Leute. Das ist meine ganze Hexerei. Eines wünschte ich mir aus ganzem Herzen, mit meinem ganzen Willen und meiner ganzen Kraft: daß du mich lieben solltest. Und du liebtest mich. Doch daran war keine Hexerei, das schwöre ich.«
    In ihren Worten und Blicken lag so viel Ernst, daß ich ihr glauben mußte.
    »Ich glaube dir, Barbara«, erwiderte ich. »Daß du aber einen Unschuldigen mit dir ins Verderben reißen konntest und mit dieser Sünde auf dem Gewissen sterben willst! Wenn du jetzt wahr sprichst, dann hast du ja nie Meister Fuchs auf dem Brocken gesehen und falsches Zeugnis wider ihn abgelegt. Und nach allem, was ich heute abend hier gesehen habe, wird Pater Angelo ihm gewiß ein Geständnis erpressen, das Meineid sein und seine Seele zur Hölle verdammen wird.«
    Barbara lachte leise und berührte mit der Hand meine Wange.
    »Du bist ein großer Einfaltspinsel, Michael. Aber das habe ich immer gewußt, und vielleicht liebe ich dich eben darum. Wenn du alle Höllenqualen hier auf Erden erduldet hättest, wie ich es getan habe, würdest du nicht solchen Unsinn sprechen. Pater Angelo hätte nicht von mir abgelassen, solange noch ein Fünkchen Leben in mir Todesqualen leiden konnte, wenn ich nicht den Namen irgendeines Spießgesellen genannt hätte. Ich nannte Meister Fuchs nicht nur aus persönlicher Rache, sondern weil mir die Scharen von armen Teufeln einfielen, die er auf den Scheiterhaufen gebracht hat, und die Hunderte Unschuldiger, die er zu Bettlern gemacht hat, indem er ihnen den Reinigungseid abverlangte. Meister Fuchs hat sich selbst die Grube gegraben. Aber vielleicht meinst du, ich hätte meinen Qualen ein Ende machen sollen, indem ich dich als meinen Helfershelfer nannte – denn das war das zweite Geständnis, das Pater Angelo so eifrig von mir erzwingen wollte!«
    Das hatte ich vergessen; und beim Gedanken daran, was hätte geschehen können, wenn Barbara mich nicht so innig geliebt hätte, brach mir der kalte Schweiß aus allen Poren.
    »Verzeih mir meine Einfalt«, sprach ich demütig. »Du bist gut und treu und klüger als ich. Daß du solche Todesqualen ausstehen konntest, ohne mich zu nennen! Ich an deiner Stelle hätte dich gewiß verraten.«
    Da lächelte Barbara und küßte mir mit heißen, trockenen Lippen die Hand.
    »Was soll das törichte Gerede? Die Sanduhr läuft ab. Sei gut zu mir, Michael, wie in den Tagen unseres Glückes. Halte mich fest, denn das Fieber ist gnädig und ich werde die Schmerzen nicht fühlen; und ich fürchte mich hier im Dunkeln …«
7
    Schwermütiger Friede erfüllte mein Herz, als ich tags darauf Pater Angelo aufsuchte. Meine Angst war wie abgestorben, fühlte ich doch, daß alles, was Barbara noch zustoßen konnte, nur gut sein konnte, verglichen mit dem, was sie durchlitten hatte. Auch ist dem Fühlen und Leiden des Menschen eine Grenze gesetzt. Ist die einmal überschritten, so bricht der Schmerz die Dämme der Seele und ergießt sich hinaus in eine weite, stille See. Dann ist alles Leid vorbei.
    Ich kann mir meine Ruhe an jenem heiteren Morgen nicht anders erklären. Mit Barbaras Tod hatte ich mich abgefunden, und die Gewißheit, daß weder Macht und Reichtum der Welt noch selbst ein kaiserliches Gebot ihrem Schicksal Einhalt gebieten konnte, wenn sie einmal in den Händen der heiligen Kirche war, stärkte meinen Seelenfrieden.
    Allein Pater Angelo war alles andere als ruhig und gefaßt. Er schritt aufgeregt im Arbeitszimmer des Bischofs auf und ab, hager vor Schlaflosigkeit und Angst. Nachdem wir einige Worte über Barbara gewechselt hatten,

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