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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Scharfrichter seine Mahlzeit beendet hatte, meinte er etwas mißtrauisch und unter vielem Rülpsen, da ich nun einmal hier sei, möchte es mir etwa genehm sein, ihn zu entlohnen. Er schwatzte viel von seiner Armut und seiner zahlreichen Familie, wagte mir aber nicht in die Augen zu sehen, als er vier Gulden forderte, wovon einer für seinen Gehilfen bestimmt sei.
    Um ihn loszuwerden, gab ich ihm fünf, was den armen Teufel vor Entzücken fast von Sinnen brachte. Er kniete nieder, küßte mir die Hand und rief Gottes Segen auf mich und Barbara herab. Überdies ließ er mir seine Salben und Arzneien und wies mich an, was zu tun sei, wenn das Fieber stiege. Er versicherte mir auch, wenn ihm, wie er hoffe, die Aufgabe zufalle, Barbaras Urteil zu vollstrecken, wolle er ihr den Kopf so rasch und geschickt vom Rumpf trennen, daß sie es kaum merken würde. Als er sich eben anschickte, uns zu verlassen, fiel mir ein, daß ich Meister Fuchs seit dem Erwachen aus meiner Ohnmacht nicht mehr gesehen hatte; da ich fürchtete, er könnte kommen, Barbara von mir trennen und sie die Nacht über in den Stock legen, fragte ich, was aus ihm geworden sei.
    Der Scharfrichter rieb sich verlegen die ungefügen Hände und vertraute mir schließlich im Flüsterton an, Meister Fuchs sei in Haft und liege im Stock im Verließ unter dem Turm.
    »Es war so«, erklärte er. »Wir hatten eben mit dem fünften Grad begonnen, und ich dachte schon, meine ganze Geschicklichkeit sei vergeblich, als die Hexe – ich meine die edle Frau hier – begann, die Namen ihrer Bundesgenossen zu nennen. Sie leugnete auch weiterhin, daß Ihr, Herr, an dem Verbrechen irgendwelchen Anteil gehabt hättet. Dafür erklärte sie, sie habe mehrmals zu Weihnachten und in der Johannisnacht Meister Fuchs auf dem Brocken gesehen; und er muß allem Anschein nach ein besonderer Günstling Satans gewesen sein, denn er wies den anderen Zauberern und Hexen ihre Aufgaben zu und feierte auch die Schwarze Messe. Dann schwor sie bei allen Heiligen, Meister Fuchs sei der größte Hexenmeister, der je in deutschen Landen aufgetreten sei. Daher ließ ihn Pater Angelo trotz einiger Bedenken und ungeachtet der Schwüre und Beteuerungen Meister Fuchs’ festnehmen und in den Stock legen. Dieser gescheite kleine Hund hier hatte ihn, wie Ihr Euch erinnern werdet, schon angeklagt. Und als man ihn abgeführt hatte, war uns, als fiele es uns wie Schuppen von den Augen, und wir gedachten aller kleinen Absonderlichkeiten in Meister Fuchs’ Gebaren in den vergangenen Jahren, und ich zweifle nicht, daß es Pater Angelo gelingen wird, überreiches Beweismaterial gegen ihn zu sammeln. Das erklärt auch, wieso Meister Fuchs zu seinem reichen Wissen über die Hexenkunst kam.«
    Diese Geschichte erstaunte und verwirrte mich so, daß ich mich dem Wahnsinn nahe fühlte. Wie konnte er, als unermüdlicher Hexenverfolger seit zwanzig Jahren in Amt und Würden, dieses Verbrechens schuldig sein? Aber der Scharfrichter zuckte nur die Achseln und erwiderte, des Teufels List gehe über den menschlichen Verstand.
6
    Endlich waren Barbara und ich zusammen allein, und ich fand einen schwermütigen Trost darin, wenngleich die Luft im Gewölbe voller Schweiß und Pein hing und die fürchterlichen Folterwerkzeuge rings um uns noch immer von Barbaras langen Leidensstunden zeugten. Auf dem Herd brannte ein starkes Feuer; ich hatte für sie meinen Mantel auf dem Boden ausgebreitet und hielt nun ihr geschorenes Haupt in meinen Händen. Ihre weitgeöffneten Augen leuchteten beim Schein des Feuers, und ich fühlte, daß ihr Fieber im Steigen war.
    Nach einer kleinen Weile sagte sie: »Michael, ich glaube nicht mehr an Gott.«
    Ich bekreuzigte mich und hieß sie nicht so Schlimmes reden, sondern ruhig sein und an ihr Seelenheil denken, nun da die Kirche ihr vergeben habe – und sie bald sterben solle. Sie fing zu lachen an, zuerst leise, dann schrill und mißtönend, bis ihr ausgemergelter Körper in Krämpfen zu liegen schien.
    »So hältst selbst du mich für eine Hexe und glaubst mich im Bunde mit dem Teufel! Warum hältst du mich dann in deinen Armen und tröstest mich?«
    Mir wollte lange keine schlüssige Antwort einfallen. Schließlich sagte ich aufrichtig: »Ich weiß es nicht. Vielleicht, weil ich dich in der Zeit unseres Glücks so hielt und nun, in dieser schweren Stunde, mich danach sehne, dich in meinen Armen zu bergen, obwohl ich aus deinem eigenen Munde vernommen habe, du seiest eine Hexe.«
    In dem

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