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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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sah, daß Pater Angelo einen Stein ins Rollen gebracht hatte, den er nicht mehr aufhalten konnte – den Beginn eines Erdrutsches, der den letzten Rest des Ansehens der Kirche in einem Land, in dem evangelische Gedanken schon brodelten, überwältigen und begraben würde. Es war klar, daß dieser schreckliche Skandal um jeden Preis vermieden werden mußte und daß Pater Angelos Eingebung in elfter Stunde noch alles retten konnte.
    Hier kehrte der Schließer mit Speise und Trank zurück, und Meister Fuchs aß mit gutem Appetit. Tiefe Züge starken Bieres erfrischten sein Gedächtnis, und ab und zu schlug er sich an die Stirn, wenn ihm ein bisher vergessener Name wieder einfiel.
    Als er sich satt gegessen hatte, legte ich ihm zitternd die Hand auf die Schultern und sprach: »Meister Fuchs, was wollt Ihr mir zum Dank für eine schmerzlose Erlösung – eine Rettung vor Folter und Scheiterhaufen –, durch die Ihr als reuiger Sünder Eure Seele der Gnade Gottes empfehlen könnt, geben?«
    Er antwortete ruhig: »Michael Pelzfuß, für einen solchen Dienst würde ich Euch segnen bis zu meinem letzten Atemzug. Ihr habt wenig Grund, mir dankbar zu sein – obgleich Euer Weib ganz zweifellos eine Hexe ist und an mir schrecklichere Rache geübt hat, als man hätte denken können. Aber vielleicht ist mein Segen nicht viel wert; so will ich Euch sagen, Ihr werdet unter einem losen Ziegel im Boden meines Kellers eine Börse mit fast siebzig Goldstücken finden; darunter einige gute rheinische Gulden und venezianische Dukaten. Ich hoffe um Euretwillen, daß die Rauhbeine des Bischofs dies Versteck nicht entdeckt haben – und wenn Ihr in meinem Heim sonst etwas Brauchbares findet, nehmt es als Zugabe. Wenn sie aber an meiner Tür schon das bischöfliche Siegel angebracht haben, so seid vorsichtig, damit man Euch nicht des Diebstahls anklagt. Versprecht mir, für meine Vögel zu sorgen und sie entweder braven Kindern zu schenken oder freizulassen, wie Ihr es am besten findet.«
    Er sprach immer ernster und schien zu fürchten, ich quälte ihn mit falschen Hoffnungen aus Rache für das Böse, das er mir angetan hatte. Er sprach von einer herrlichen Hakenbüchse von dem neuen Muster des kaiserlichen Heeres, die er besitze und die ich nehmen dürfe, wenn ich wollte, dazu auch einige silberne Trinkbecher und eine lateinische Bibel. Aber ich fürchtete, in ernste Schwierigkeiten zu geraten, wenn ich an mich nahm, was nun Kirchengut war, und es kostete ihn einige Mühe, meine Bedenken zu zerstreuen. Er versprach, mir eine schriftliche Vollmacht auszustellen, Güter im Werte bis zu fünfzig Gulden aus seinem Haus wegzuschaffen, und gab mir auch manchen klugen Rat.
    Sein Angebot begeisterte mich jedoch nicht allzusehr, denn irdische Güter schienen mir nun, da Barbara sterben sollte, eitler Tand. Doch sagte mir die Vernunft, die Zeit würde vergehen, und ich würde bald Geld brauchen. So dankte ich ihm denn, und er stellte mittels des Schreibzeugs, das ich am Gürtel trug, die versprochene Vollmacht aus. Ich gab ihm Pater Angelos Strick und des Bischofs Messer und sagte ihm, er könne seine Todesart wählen – er könne hängen oder sich die Pulsadern aufschneiden. Er habe bis zum Morgen Zeit zur Entscheidung.
    Meister Fuchs packte mit einer Hand den Strick, mit der anderen das Messer.
    »Ihr habt mir da eine harte Nuß zu knacken gegeben, Michael!« rief er. »Ich weiß nicht, was ich wählen soll. Ein gewöhnliches Hängen ist unmöglich, da meine Füße im Stock festgeschraubt sind. Das langsame Erkalten durch Verbluten ist auch nicht gerade anziehend. Wenn ich ein Schaff mit heißem Wasser haben und die Hände hineinhalten könnte, während ich mir die Adern öffne, wäre es nicht so schlimm – aber ich habe ja, wie Ihr sagt, Zeit genug, die Sache zu überlegen, und das wird mir die Stunden bis zum Hahnenschrei vertreiben!«
    Ich wollte ihn eben seinen Gedanken überlassen, als er mich, von plötzlicher Angst gepackt, zurückhielt. Sein Mut war ihm vergangen, und ich sah nur einen schmutzigen erschreckten Greis, dessen Bart beim Sprechen zitterte.
    »Selbstmord ist eine Todsünde, Michael. Aber die Folter, die mir bevorsteht, ist den Höllenqualen vergleichbar, was ich, der ich sie so oft mit ansah, wissen muß. Sagt, daß Ihr glaubt, Gott wird mir verzeihen, wenn ich mir aus menschlicher Schwäche selbst das Leben nehme – sagt, daß Christus selbst mich durch sein Blut erlöst hat, wie alle anderen armen Sünder!«
    Ich erwiderte,

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