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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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anzulegen. Er war ein angenehmer junger Mann mit hungrigen Augen und schien geneigt, meine Interessen zu fördern. Wir unterhielten uns unterwegs recht gut und kehrten in eine Taverne auf ein Glas Wein ein, bevor wir zu Meister Fuchs kleinem Heim gingen, dessen Giebel zwischen zwei große Kaufhäuser eingezwängt war. Wir schickten die Wachen des Bischofs weg, damit sie auf unsere Kosten Bier trinken konnten, und traten ein. Aus den Stuben über uns schallte uns Vogelgezwitscher entgegen. Da hingen in den Fenstervertiefungen viele Käfige aus Zweigen oder Golddraht, darin die Vögel lustig auf ihren Stan gen auf und ab hüpften. Das Bettzeug hatte man auf den Boden auf einen Haufen geworfen, die Kissen aufgerissen und die Schlösser der Truhen aufgesprengt. Der Sekretär des Bischofs schüttelte angesichts dieser Verwüstung den Kopf und begann geistesabwesend einen silbernen Humpen zu liebkosen, der ihm aufgefallen war.
    Ich erklärte, ich wollte für die Vögel Samen und Wasser holen und erwähnte im Weggehen, Meister Fuchs habe mir eine lateinische Bibel versprochen. Darauf meinte der Sekretär eifrig, er wolle anfangen, danach zu suchen. Ich stieg mit einer Kerze in den Keller hinunter und fand bald den losen Ziegel und die Börse darunter. Mit einem Seufzer der Erleichterung nahm ich sie an mich und kehrte in die Küche zurück, wo ich viele Sorten Vogelsamen, jede in einer eigenen kleinen Schachtel, entdeckte.
    Die schönsten Vögel schenkte ich zwei wohlgekleideten Kinderchen, die ich auf der Straße lachen und spielen hörte. Sie schlugen vor Freude die Hände zusammen und versprachen, gut auf sie zu achten. Die übrigen ließ ich aus dem oberen Fenster fliegen, wenngleich sie ihrer Freiheit nicht recht froh schienen und erst wegflogen, als ich die Käfige geschüttelt hatte.
    Der Silberhumpen war vom Bord verschwunden, allein ich bemerkte eine Ausbuchtung von entsprechender Größe im Talar des Sekretärs. Daher steckte auch ich kurzerhand zwei kleine Silberbecher und ein abgenütztes Weinglas mit eingraviertem Wappenschild zu mir. Dann machten wir uns an die Untersuchung der auserlesenen Garderobe des Kommissärs, wobei wir es vermieden, einander anzusehen. Schließlich packte der Sekretär den Stier bei den Hörnern und führte aus, wenn alle diese kostbaren Kleidungsstücke, ganz zu schweigen von einer wertvollen Sammlung von Zinngeschirr, im Inventar angeführt würden, würde man uns sogleich verdächtigen, etwas gestohlen zu haben. Meister Fuchs hatte, so setzte er hinzu, wegen seines düsteren Berufes ein sehr einsames Leben geführt, daher könne niemand Umfang und Art seines Besitzes kennen. Die Wachen des Bischofs, die hier bereits das Unterste zu oberst gekehrt hatten, hätten allen Grund, zu schweigen, da die Geldtruhe erbrochen worden war. Eine Münze war nirgends zu sehen, von den Kerzenleuchtern, die aus Silber gewesen sein mußten, keine Spur. Er erwähnte ferner, ein ihm bekannter Jude würde gerne viel von dem Vorhandenen in flüssiges Silber verwandeln und könne auch den Mund halten, obwohl er habgierig und bösartig sei.
    Ich billigte seine vernünftige Einsicht, und so entwarfen wir, nicht ohne gewisse Einschränkungen, das Inventar, in dem meine Erbschaft im Wert von fünfzig Gulden gebührend vermerkt wurde. Mir fielen die erwähnten silbernen Gefäße, ein Talar aus Wolle, die lateinische Bibel, die große Hakenbüchse und das übrige zu. Dazu kamen Kugelbeutel, Pulvermaß und das silberbeschlagene Pulverhorn, auch ein Gürtel mit Holzbechern daran, in denen Pulverladungen im voraus nach neuzeitlicher Art abgemessen werden konnten. So konnte man die Büchse siebzehnmal hintereinander laden. Abgesehen von diesen im Inventar angeführten Gegenständen nahm ich einen kostbaren Pelzmantel an mich. Für etliche andere Gewänder, das Zinn, das Federbett und ein Paar schöne Stühle zahlte uns der Jude, den wir herbeigeholt hatten, zweiundsiebzig Gulden, nachdem er sich viele Male das Haar gerauft und Abraham angerufen hatte. Von diesem Betrag erhielt ich die Hälfte und wurde so mit einem Schlag ein wohlhabender Mann.
    Mit vereinten Kräften gelang es uns, ein ansehnliches und glaubhaftes Inventar anzufertigen. Es fehlte nichts, was ein alleinstehender Mann brauchen konnte; es stellte auch niemand je seine Genauigkeit in Frage. Darüber und über dem Feilschen mit dem Juden war es Abend geworden; nun kehrten wir gemeinsam als guter Freund in den Palast des Bischofs zurück. Hier lud mich

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