Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
Vom Netzwerk:
kamen zurück, stießen und schlugen ihn und schleppten ihn fort ins Gefängnis, da sie sonst niemand fanden, den sie hätten festnehmen können. Für diese Schurkerei werden sie teuer bezahlen, so wahr mir Gott helfe! Das meint auch mein Alter, den ich bis heute früh vergessen hatte, herauszulassen.«
    Sie streichelte Andy die Wange und setzte hinzu: »Du bist in guten Händen, mein Freund, denn so wahr ich mit Genehmigung des Rats eine Schenke führe und Steuern zahle, will ich dich hier herauskriegen. Daher trink dieses Bier aus – es ist mein bestes –, damit du wieder zu Kräften kommst.«
    Da ich sah, daß es Andy an nichts mangelte, er wohl betreut wurde und meine Gegenwart überflüssig war, ging ich auf eine Quart Bier in die Drei Kronen, wo der Wirt seines Weibes Erzählung Wort für Wort bekräftigte.
    Das starke Bier erfrischte mich und machte mir Mut, die andere Taverne aufzusuchen und nach dem Fremden zu fragen, der dort mit seiner Schwester wohnte. Er stand anscheinend im Rufe eines reichen und freigebigen Mannes, denn man führte mich ohne Zögern auf seine Kammer. Beim Eintritt schlug mir zugleich der angenehme Duft von Siegellack entgegen; auf dem Tisch, an dem der Fremde saß und schrieb, brannte eine Kerze. Er benützte ein feines Schreibzeug, das in einer Kupferbüchse am Gürtel zu tragen war. Er erkannte mich, erhob sich mit freundlichem Gruß vom Tisch und ergriff meine Hand. Das war schmeichelhaft, denn er trug das gefällige, vornehme Gebaren wirklicher Herren zur Schau, denen ein feines Quartier, täglich Wein, prächtige Kleider und gute Bedienung selbstverständlich waren.
    Er sagte mir, er heiße Didrik Slaghammer und sei der Sohn eines Kölner Kaufmanns, der vom Kaiser geadelt worden sei. Seit seiner Jugend sei er stets in fremden Ländern gereist und habe kürzlich in Danzig und Lübeck Handel getrieben. Geschichten von den heiligen Stätten Finnlands, die an der ganzen Ostsee berühmt seien, hätten ihn nach Abo gelockt; denn er habe zwar in seinen jungen Jahren ein wüstes Leben geführt, sei jedoch seit seinem dreißigsten Lebensjahr besonnener geworden und finde nun Vergnügen an lobenswerten Handlungen, wie etwa Wallfahrten nach heiligen Stätten, wenn sie nicht allzu schwer zugänglich seien. Er gab mir zu verstehen, daß er mich auf diesen Wallfahrten als Führer und Dolmetsch benötige.
    Hocherfreut erzählte ich ihm von der Straße des heiligen Heinrich, von der Sonne von Nadendal, vom Heiligen Kreuz zu Anianpelto, von der von Riesen erbauten Kirche zu Reso und vielen anderen heiligen Stätten. Seine Gedanken schweiften ab, während ich sprach. Er unterdrückte ein Gähnen, das sein katzenartiges Raubtiergebiß bloßlegte, und begann mit einem Dolch zu spielen, der auf dem Deckel seines Reisekoffers lag.
    »Man hat versucht, mich mit Geschichten über dieses wilde Land und seine reißenden Tiere und Räuber zu schrecken«, bemerkte er, »daher habe ich ein paar dieser neumodischen Halfterpistolen mitgebracht, die mir schon aus manchem schlimmen Gedränge herausgeholfen haben.«
    Er zeigte mir kurzläufige Waffen in einer doppelten Pistolenhalfter, die man über den Pferderücken legen konnte, so daß die schweren, bleibeschlagenen Griffe leicht zur Hand waren. Doch schien mir sein Interesse an solchen Dingen kaum zu seiner erklärten Frömmigkeit zu passen.
    Plötzlich fragte er mich, ob ich gehört hätte, daß König Christian gegen Schweden rüste, und was das finnische Volk davon halte. Ich erwiderte, diese Gerüchte hätten dem Handel schweren Schaden zugefügt. Die Kaufleute von Abo wagten aus Furcht vor dänischen Kriegsschiffen nicht, ihre Schiffe auf die offene See zu schicken. Sie müßten durch gefährliche Küstengewässer Kurs auf Lübeck nehmen, wo sie oft Gegenwinden zum Opfer und Seeräubern von Ösel und der estnischen Küste zur Beute fielen. Und obgleich diese Handelsleute von Abo sich um Lübecker Geleitschutz bemühten, wollten die Lübecker Bürger ihn nicht länger gewähren, da der Stadtrat von Abo nicht mehr, wie in früheren Jahren, die Hälfte seiner Sitze deutschen Mitgliedern vorbehielt, sondern alle städtischen Ämter mit Männern aus dem eigenen Volk besetzte. Ich prahlte auch mit der Pulvermühle und den Kanonen, die gegossen würden, und meinte, den Jüten würde ein heißer Empfang zuteil werden, wenn sie sich jemals in den Schußbereich der Festung Abo wagen sollten.
    Herr Didrik spielte versonnen mit seiner Pistole, zog den Hahn ab und

Weitere Kostenlose Bücher