Michael, der Finne
Interesse und auf eure Kosten.«
Er fuhr fort, von Steuern, Zehnten und Abgaben zu sprechen; auch meine zukünftige Erhebung in den Adelsstand war vorgesehen. Endlich überreichte mir der Sekretär das Dokument. Ich konnte nur niederknien und mich aus des Kaisers Nähe zurückziehen; das wertlose Papier trug ich als einzigen Lohn davon. Tränen der Empörung brannten mir in den Augen; ich ging stracks in die Taverne, wo Andy und der kleine Barbier auf ihren Anteil an der Beute warteten.
Möge mir verziehen werden – ich vergeudete mein letztes bißchen Silber und betrank mich so gewaltig, daß ich des Kaisers Geiz und Undankbarkeit laut verfluchte. Ich war auch keineswegs der einzige, denn viele freundliche Zechbrüder stimmten mir bei und meinten, eher könne man einem Stein Blutstropfen als dem Kaiser Geld abpressen.
Während ich tobte, fluchte, in ohnmächtiger Wut auf den Tisch hieb und dabei Wein auf das kostbare Papier verschüttete, trat ein Spanier herzu, dessen Kleidung schäbig, dessen Schwert aber vortrefflich schien. Er hob das Dokument auf und las es mit Mühe zu Ende.
Dann blickte er mich aus brennenden, hungrigen Augen an, die wohl immer nach fernen Horizonten geschaut hatten, und fragte: »Was wollt Ihr dafür nehmen?«
»Gott sei mir gnädig«, antwortete ich. »Ich bin wirklich ins Land der Verrückten geraten. Nichts will ich dafür.«
Er fuhr fort: »Mein Name ist Simon Aguilar. Gedenket meiner im Gebet; ich werde es wohl brauchen. Ich will euch nicht verhehlen, daß dies Papier in den richtigen Händen – die gar wohl meine sein können – seinen Besitzer reich machen kann. Es wird mir auch ermöglichen, meinen jungen Bruder mitzunehmen, der unter der Bedingung, nach der Neuen Welt zu segeln, aus dem Gefängnis entlassen werden kann. Bleibt er hier, wird man ihm zur großen Schande unserer Familie Nase und Ohren abschneiden.«
Ich versetzte: »Nehmt das Papier in Gottes Namen. Es wird Euch lediglich des Notars Siegel und Unterschrift kosten, wodurch die Schenkung rechtskräftig wird.«
Simon Aguilar umarmte uns beide und versprach, an uns zu denken, wenn er in der Neuen Welt Fürst und Grande geworden sei. Als wir den Handel vor einem Notar abgeschlossen hatten, schieden wir von dem armen Verrückten und kehrten niedergeschlagen in de Lannoys Haus zurück.
7
Unser Toben in der Taverne hatte offenbar Aufsehen erregt, und man war uns gefolgt, denn am nächsten Morgen – wir hatten kaum Zeit gehabt, unsere brummenden Schädel unter den Wasserstrahl zu halten – trat ein Hauptmann mit einem Federhut an uns heran und fragte, ob wir mit ihm ein Glas Wein trinken und ein gewinnbringendes Geschäft erörtern wollten.
Er führte uns nicht in eine Taverne, sondern in ein Haus, dessen stadtseitige Front keine Fenster hatte; es stand dicht an der Stadtmauer. Er bat uns, diese unscheinbare Zufluchtstätte zu entschuldigen, und fügte hinzu, er habe Grund, Spähern aus dem Weg zu gehen. Er heiße Emilio Cavriano, stamme aus Mantua und sei im Dienste des französischen Königs nach Spanien gekommen, um den königlichen Gefangenen mit Briefen und Geschenken aufzuheitern. Er setzte uns guten Wein vor und fragte dann, ob unsere Abneigung gegen den Kaiser echt sei und wir in die Dienste eines anderen, freigebigeren Herrn treten wollten.
Ich meinte, es täte mir leid, den Kaiser so in aller Öffentlichkeit verwünscht zu haben; Andy aber erklärte, er sei als ehrlicher Soldat bereit, sein Schwert zu verkaufen und dem Meistbietenden Treue zu schwören, solange er nicht übers Meer nach fremden Ländern zu fahren brauche, sondern als Christ gegen gute Christen kämpfen dürfe. Unser Gastgeber meinte, es drehe sich hier nicht ums Kämpfen, nicht einmal ums Fechten; Treue, Gehorsam und Reitkunst seien alles, was man von uns verlange. Zum Zeichen seiner ehrlichen Absicht gab er jedem von uns drei Dukaten Angeld und nahm uns den Eid ab, einen Monat lang dem französischen König treu zu dienen.
Dann sagte er: »Dies ist eine so große Sache, daß Eide wenig bedeuten; verratet Ihr mich aber, so werde ich nicht davor zurückschrecken, Euch zu töten, wenn Ihr auch fliehen mögt. Der Lohn aber, der Euer harrt, bindet Euch fester an mich als alle Eide.«
Er plante nichts Geringeres, als König Franz’ Flucht aus dem Alkazar zu bewerkstelligen und ihn über die Grenze nach Frankreich zu bringen. Ein Mann, der sein Leben für König Franz aufs Spiel setze, sei für den Rest seiner Tage ein reicher Mann –
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