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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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anzutreten. Als er das getan hatte, blieb mir keine andere Wahl, als mich der Hilfe eines tapferen Offiziers zu versichern, der im Begriff war, eine lange Seereise anzutreten. Er verlangte nach Abwechslung und Gesellschaft, um den Abschiedsschmerz zu lindern, und versprach, mir zu helfen, als er meine Geschichte gehört hatte. Er flößte Meister Rotbart im Wein einen Schlaftrunk ein; dann verbrachten wir eine angenehme Nacht zusammen; schließlich ließ er Rotbart von seinen Leuten an Bord seiner Galeere schaffen und ihn, während er schlief, an eine Ruderbank ketten. Wir lachten sehr vergnügt, als wir an Meister Rotbarts Überraschung dachten, wenn ihn ein Peitschenhieb auf hoher See wecken würde.«
    »Liebe Madame Geneviève«, sagte ich, »wir wollen über Meister Eimers elendes Los nicht lachen, sondern lieber für ihn beten; denn das Leben eines Galeerensklaven ist kein Scherz.«
    »Ihr hättet ihm in meinem Auftrag schon längst die Kehle durchschneiden sollen«, erwiderte Madame Geneviève, »wenn er nur sein Geld nicht in jenen Papieren angelegt hätte. So aber konnte ich es erben, ohne Verdacht zu erregen, weil jedermann wußte, daß er nach Ungarn wollte und an seinem Verschwinden nichts Verdächtiges fand. Ich kaufte drei junge, makellose Mädchen von einem türkischen Kaufmann, dazu schöne Möbel, Teppiche und Spiegel, die ich auf dem Seeweg nach Marseille sandte. Damit richtete ich dieses Haus ein, wo ich nur Edelleute empfange, die zehn Dukaten und mehr für eine Nacht bezahlen können.«
    Madame Geneviève klatschte in die Hände; sogleich traten drei junge Mädchen mit verschleierten Gesichtern ein, die durchschimmernde orientalische Hosen trugen. Die eine war fast schwarz, die zweite braun, und die dritte und schönste hatte aschfarbene, grünlich schillernde Haut. Sie berührten mit den Fingerspitzen Stirn und Brust und verneigten sich tief und dienstbereit vor uns.
    Madame Geneviève sagte: »Sie brauchen diese Schleier nicht zu tragen, denn ich habe sie taufen lassen und sie christliche Gebete gelehrt, in der Hoffnung, daß mir dies am Jüngsten Tag als Verdienst angerechnet wird. Aber sie sind noch scheu in Gegenwart fremder Männer und enthüllen lieber den Leib als das Gesicht. Das hat großes Aufsehen hervorgerufen, und mancher Edelmann hat schon einen Dukaten dafür bezahlt, sie den Schleier ablegen zu sehen. Die Männer haben seltsame Gelüste; nichts zieht sie so sehr an wie das, was unrecht und verboten ist. Ja, ich habe viel über erstaunliche und ungewöhnliche Freuden gelernt, seit ich anfing, mich dem Berufe ernsthaft zu widmen, und werde wohl bald selbst den Wünschen von Bischöfen und Kardinälen gerecht werden können, was in der Regel nur römische Kurtisanen zuwege bringen.«
    Nachdem sie auf meinen Wunsch die Mädchen entlassen hatte, fuhr sie fort und erzählte uns, sie habe, nachdem sie sich hier niedergelassen hatte, nach ihren vier Kindern in Tours geschickt und sie in einem nahen Dorf untergebracht. Sie besuche sie täglich und führe sie zur Messe, habe auch einen Priester bestellt, der sie lesen und schreiben lehre. Sie sprach so natürlich von ihrem schändlichen Beruf, daß ich keine Worte fand, obwohl ihre Treulosigkeit und meine eigene Eifersucht mich quälten. Ich befahl Andy, uns allein zu lassen, und überschüttete sie dann mit Vorwürfen; ich fragte sie, was aus der Liebe geworden sei, deren sie mich mit tausend zärtlichen Schwüren zu Nürnberg versicherte. Sie aber war um ihre Verteidigung nicht verlegen und meinte, jene treue Liebe sei gestorben, als ich sie im Stich ließ. Da erkannte ich erst ihr wahres Wesen. Nun wußte ich, sie hatte mich nur dazu verleiten wollen, Meister Eimer zu töten; angeekelt stieß ich ihre liebkosenden Hände weg. Als sie mir aber, um mich zu beschwichtigen, die Stelle eines Zuhälters und Andy die des Türhüters anbot, kannte meine Wut keine Grenzen; ich verwünschte sie und verließ das Haus.
    Andy aber bewog mich, mit ihr zusammen am nächsten Tag die Kinder zu besuchen, weil ich in der Tat gerne unseren Sohn sehen wollte. Und hierin hatte Madame Geneviève nicht gelogen. Der Junge hatte in der Tat Andys schläfrige Augen und denselben blonden Haarschopf auf dem Kopf. Auch das Mädchen war sehr hübsch mit seinen runden, roten Wangen, den goldigen Locken und den blitzenden Äuglein, und Madame Geneviève verkündete stolz, sie werde eines Tages ihrer Mutter Ehre machen. Sie drückte mich mit ihren dicken Ärmchen so fest

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