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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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in Gnaden auf, meinte aber, er müsse für seine Teilnahme an einem so erniedrigenden Handel die Hälfte aller Gaben fordern – es müßten nämlich Gaben sein, meinte er; Geld zu fordern, dazu könne er sich nicht herablassen, und wenn er die Geschenke an die Juden veräußere, müsse er zweifellos mit Verlust verkaufen. Der Barbier erklärte ihm jedoch, er brauche nur jeden Abnehmer zu strengem Schweigen verpflichten und dann unter dem Vorwand einer augenblicklichen Verlegenheit eine stattliche Anleihe fordern, deren Gegenwert eine außergewöhnlich wertvolle Mitteilung über Pescara bilden sollte.
    Schließlich mußten Andy und ich uns bereit finden, den Erlös zu gleichen Teilen mit de Lannoy zu teilen und überdies die Entschädigung für den Barbier von unserer Hälfte zu bestreiten, so daß auf jeden von uns nur zwanzig Prozent entfielen. Und doch trösteten wir uns bei dem Gedanken, so allen Schwierigkeiten und Gefahren aus dem Weg zu gehen. Sobald allgemein bekannt war, daß Pescara selbst seine Verbündeten angezeigt hatte, würde der Straßenraub vergessen und unser Leben und unsere Ehre gerettet sein. Bis dahin sollten Andy und ich ruhig in Madrid bleiben, während de Lannoy, begleitet von unseren besten Wünschen für das Gelingen seines Vorhabens, eiligst nach Toledo ritt.
6
    Binnen kurzem aber wurde uns unbehaglich zumute, da wir weder von Sieur de Lannoy noch von seinem Barbier ein Sterbens wörtchen vernahmen. Wir verbrachten die Zeit mit frommen Gebeten für Seine Allerchristlichste Majestät von Frankreich, dessen angegriffene Gesundheit und Melancholie bekannt geworden waren, und starrten lange auf das von der Sonne ausgedörrte Hochland und das Flußbett, wo das Wasser infolge der herbstlichen Trockenheit in Tümpeln stand. Ein Tag um den anderen verging in vergeblichem Warten, und wir fingen an zu fürchten, de Lannoy habe uns schändlich betrogen.
    So schlimm stand es jedoch nicht, denn nach zwei Wochen wurden wir aufgefordert, unverzüglich dem Vizekönig unsere Aufwartung zu machen. So ritten wir nach Toledo. Ich muß gestehen, daß der Anblick dieser reichen, wunderschönen Stadt meine Meinung über Spanien beträchtlich hob. Der Sieur de Lannoy wohnte hier in einem stillen Palast, in dessen Säulenhof zwischen reifenden Weinreben Springbrunnen ihr anmutiges Spiel trieben.
    Er empfing uns gnädig und sprach: »Ich bin euch eine Erklärung schuldig und will offen sein. Die Sache ist nicht so gut ausgegangen, wie ich gehofft hatte.«
    Der Barbier reichte ihm eine Liste, und ich hörte mit aufgerissenen Augen zu, als er Namen und Beträge vorlas, denn er hatte mit achtzehn verschiedenen Abgesandten seine Geschäfte gemacht. Der venezianische Gesandte hatte die höchste Summe hinterlegt – dreitausend Golddukaten. Der geringste Betrag stammte vom Vertreter des ungarischen Königs, der nur zehn aufgebracht hatte. Der päpstliche Gesandte hatte nur zweitausend geboten und erklärt, er habe die ganze Sache kommen sehen. Insgesamt hatte de Lannoy neuntausendeinhundertundzehn Dukaten eingenommen; er gestand, es hätte auch schlechter ausfallen können. Doch dann verdüsterte sich seine Miene.
    »Meine Bemühungen wurden zum Großteil vereitelt und haben böses Blut gemacht, weil trotz des Versprechens unbedingten Stillschweigens, das ich in jedem einzelnen Falle forderte, jedermann das Geheimnis schleunigst weiterverkaufte. So kam die Sache rasch dem Kaiser zu Ohren, der flugs achttausend Dukaten von mir entlehnte, um seinen Truppen in Mailand den rückständigen Sold auszuzahlen. Er meinte, es sei nur recht und billig, daß seine Feinde auf diese Weise sein Heer finanzierten, und gab mir sein Wort, mir die Summe zurückzuerstatten. Wenn dies geschieht, dann sollt ihr euren Anteil haben, das sind viertausendfünfhundertundfünf Dukaten, davon ihr meinem Barbier neunhundertundelf abgeben müßt.«
    Diese Ungerechtigkeit und Undankbarkeit ließ mir das Blut siedendheiß zu Kopf steigen, und ich forderte wenigstens unseren Anteil an den elfhundert Dukaten, die ihm verblieben waren.
    Er seufzte jedoch tief und sagte: »Das habe ich gefürchtet. Als Edelmann verstehe ich aber wenig von Geldsachen, und in meiner Erbitterung, daß der Kaiser die von mir so mühsam und unter großer Gefahr für meine Ehre erhobene Summe entlehnt hatte, wollte ich mein Glück beim Würfelspiel versuchen. Zu meinem größten Bedauern verlor ich tausend Dukaten. So blieben mir nur einhundertzehn, und wenn ihr weiter auf eurer

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