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Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Titel: Mick Jagger: Rebell und Rockstar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Spitz
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hatte, nutzte diese Verwechslung, um sich an seinem früheren Kumpel zu rächen. Er gab zu, dass er Hasch rauchte, um runterzukommen, Speed einwarf, wenn er einen Energieschub brauchte, und sich nicht im geringsten dafür schämte, diese Drogen zu nehmen. Danach gefragt, ob er wie McCartney auch LSD konsumiere, verriet der für Mick gehaltene Brian Jones, dass ihn LSD längst nicht mehr reize und er bereits auf der Suche nach einer neuen Superdroge sei: »LSD interessiert mich nicht mehr sonderlich, jetzt wo alle es nehmen. Der Name wird bald durch den Dreck gezogen werden.« Er kippte seinen Drink herunter, sah sich um und sagte, dass er es hier langweilig fände. Er lud den Journalisten kurzerhand ein, ihn woandershin zu begleiten, wo er mit ihm marokkanisches Hasch rauchen könne. Der Zeitungsreporter verließ den Club in der Überzeugung, Mick Jagger hätte ihn auf einen echt heißen Trip eingeladen. Für ihn war das eine absolute Top-Story.
    Als am 5. Februar 1967 unter dem Titel »Pop Stars and Drugs: The Facts Will Shock You« der zweite Teil eines groß angelegten Features in der News of the World erschien, fiel Mick aus allen Wolken, als er neben haarsträubenden Geschichten über die Ausschweifungen einiger Kollegen, wie The Who, Moody Blues, Cream und dem bereits seit Längerem unter Beschuss stehenden Donovan, auch die ihm zugeschriebenen Zitate las, in denen er seinen Drogenkonsum öffentlich eingestand. Er war außer sich und wollte das Blatt umgehend verklagen. Sein Freund Robert Fraser, ein Gallerist mit guten Beziehungen, warnte ihn allerdings vor diesem Schritt, da er damit den »Oscar-Wilde-Fehler« begehen würde. Der irische Schriftsteller war auf der Höhe seines Erfolges von dem Marquess of Queensberry der Sodomie bezichtigt worden. Kurz zuvor war Wildes Beziehung zu dem Sohn des Marquess, Lord Alfred Douglas (der liebevoll Bosie genannt wurde), publik geworden. Wilde reichte eine Verleumdungsklage gegen den Marquess ein und setzte sich damit einer Reihe von persönlichen Angriffen und Gegenklagen aus, die letztlich mit seiner Haft im Zuchthaus von Reading endeten. Oscar Wildes Theaterstücke wurden abgesetzt, seine Bücher kamen auf den Index und seine Familie distanzierte sich von ihm. Paul McCartney, um nur einen von vielen zu nennen, verehrte Fraser als »eine der einflussreichsten Personen in der Londoner Szene der 60er-Jahre«. Bei seinen Abendgesellschaften im Stil eines traditionellen Salons tauschten sich die damals smarten, jungen Popstars mit den etwas älteren angesagten Künstlern wie dem Pop-Art-Maler Peter Blake, dem Fotografen Michael Cooper und dem Regisseur Christian Marquand aus. Auch Mitglieder der gehobenen Gesellschaft, die selbst eher Käufer als Schöpfer neuer Kunstwerke waren, fanden sich unter seinen illustren Gästen. Und so trugen beispielsweise auch die Guiness-Erbin Tara Browne und John Paul Getty junior mit dazu bei, dass die Stones, die mit ihnen sowohl in Frasers Wohnung als auch in seiner Galerie ein- und ausgingen, mit ihnen rauchten, sich R’n’B-Platten anhörten und ebenso weltbewegende wie sinnfreie Themen diskutierten, als noch ein bisschen gesellschaftlich einflussreicher und dekadenter wahrgenommen wurden, als sie es ohnehin schon waren.
    Fraser war schwul und kurz davor, im Drogensumpf zu versacken. Doch wie Mick kam er aus guten Verhältnissen und war sowohl in der bürgerlichen Welt als auch in der der Hippies zu Hause. Zur Letzteren fühlte er sich allerdings stärker hingezogen, was sowohl an den von ihm ausgestellten Pop-Art-Künstlern wie Andy Warhol und Jim Dine gelegen haben dürfte als auch an dem interessanten, teils auch etwas zwielichtigen Gefolge, das sich um die Stones scharte. »Er bewegt sich gerne am Rande der Gesellschaft, wo es auch viel kriminelle Energie gibt«, schrieb Mick im Vorwort zur Fraser-Biografie Groovy Bob . Dem trotz allem vorsichtigen Fraser gelang es, sich über Wasser zu halten, während Mick unterging.
    In einem eher seltenen Anflug von Naivität und mangelnder Weitsicht, der womöglich auf sein überhöhtes Geltungsbewusstsein und seinen neu errungenen Wohlstand zurückzuführen war, zog Mick keine Konsequenzen aus Oscar Wildes Fehlern. Er ließ die Angelegenheit nicht auf sich beruhen und reichte Klage ein, womit er die News of the World- Redakteure erst recht animierte, eine wie auch immer geartete Möglichkeit zu finden, ihn als Drogenkonsumenten zu überführen. Er war jetzt im Fadenkreuz, auch von moralisch

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