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Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Titel: Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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einzurichten, schaffte ich es erst um kurz vor acht nach Hause. Dort saß meine Ex-Frau auf der Treppe zur vorderen Veranda. Unsere Tochter war nicht bei ihr. Im vergangenen Jahr hatten wir uns mehrere Male ohne Hayley getroffen, und ich freute mich auf ein weiteres solches Treffen. Ich war nach den mentalen und körperlichen Anstrengungen des Tages todmüde, aber Maggie McFierce ließ mich wieder aufleben.
    »Hallo, Mags. Schlüssel vergessen?«
    Sie stand auf, und bereits an ihrer steifen Haltung und der geschäftsmäßigen Art, mit der sie sich den Hosenboden abwischte, konnte ich erkennen, dass etwas nicht stimmte. Als ich auf der obersten Stufe ankam, beugte ich mich vor, um ihr einen Kuss zu geben – nur auf die Wange. Aber sie wich sofort zurück und bestärkte mich in meinem Verdacht.
    »Von dir hat Hayley das also«, bemerkte ich. »Dieses Wegducken, wenn ich ihr einen Kuss geben will.«
    »Nur dass du’s weißt, Haller, ich bin nicht deswegen hergekommen. Und meinen Schlüssel habe ich deshalb nicht benutzt, weil ich dachte, du könntest es als eine Art Interessenkonflikt betrachten, wenn du einen Staatsanwalt bei dir zu Hause antriffst.«
    Jetzt wurde mir alles klar.
    »Warst du heute beim Yoga? Hast du Andrea Freeman getroffen?«
    »Ganz genau.«
    Plötzlich hatte ich nicht mehr die Energie, mich aufzurappeln. Ich schloss die Haustür auf wie ein Häftling, der die Demütigung über sich ergehen lassen muss, sich selbst den Raum aufzusperren, in dem sie ihm die Todesspritze verpassen.
    »Komm rein. Ich glaube, das lässt sich alles klären.«
    Sie folgte mir rasch nach drinnen. Meine letzte Bemerkung hatte weiteres Öl ins Feuer gegossen.
    »Was du getan hast, ist widerwärtig. Unsere Tochter derart schamlos zu missbrauchen.«
    Ich wirbelte herum.
    »Ich soll unsere Tochter missbraucht haben? Dass ich nicht lache. Unsere Tochter wurde in diese Geschichte hineingezogen, und ich habe nur rein zufällig davon erfahren.«
    »Das spielt keine Rolle. Du bist abscheulich.«
    »Nein, ich bin Strafverteidiger. Und deine gute Freundin Andy hat mit meiner Ex-Frau im Beisein meiner Tochter über mich und meinen Fall gesprochen. Und dann hat sie mich rundweg angelogen.«
    »Was redest du da? Sie lügt nicht.«
    »Ich spreche nicht von Hayley. Ich spreche von Andy. Ich habe sie am ersten Tag, an dem sie den Fall zugeteilt bekommen hat, gefragt, ob sie dich kennt, und sie hat gesagt, nur flüchtig. Ich glaube, wir sind uns beide einig, dass das nicht der Fall ist. Und ich bin zwar nicht sicher, würde aber doch stark vermuten, wenn wir diese Situation zehn verschiedenen Richtern schildern, würden wahrscheinlich zehn einen Interessenkonflikt sehen.«
    »Wir haben doch gar nicht über dich oder den Fall gesprochen. Das kam nur zur Sprache, als wir zusammen Mittag gegessen haben. Hayley war rein zufällig dabei. Wie stellst du dir das vor? Dass ich mich deinetwegen nicht mehr mit meinen Freunden treffe? Da kannst du lang warten.«
    »Wenn alles so harmlos ist, warum hat sie mich dann angelogen?«
    »Es war keine direkte Lüge. Es ist nicht so, dass wir dicke Freundinnen sind. Wahrscheinlich wollte sie nur nicht, dass du deswegen einen Riesenaufstand machst, was du ja jetzt prompt tust.«
    »Jetzt bewerten wir Lügen also schon nach einer Stufenskala. Manche sind indirekt und nicht der Rede wert. Wegen solcher Lügen braucht man sich keine Gedanken zu machen.«
    »Jetzt komm mir doch nicht mit so einem Unsinn, Haller.«
    »Möchtest du was trinken?«
    »Nein danke. Ich bin nur gekommen, um dir zu sagen, dass du nicht nur mich und deine Tochter blamiert hast, sondern auch dich selbst. Das war richtig mies, Haller. Du hast etwas Unschuldiges von deiner Tochter dazu benutzt, dir ein Druckmittel zu verschaffen. Das ist absolut unterstes Niveau.«
    Ich hatte immer noch meinen Aktenkoffer in der Hand. Jetzt stellte ich ihn auf den Tisch in der Essnische. Ich legte die Hände auf die Rückenlehne eines der Stühle und stützte mich darauf, während ich überlegte, wie ich mich am besten aus der Affäre ziehen konnte.
    »Na, was ist?«, stichelte Maggie. »Du hast doch auch sonst immer auf alles gleich eine Antwort parat. Der große Strafverteidiger. Los, lass hören, ich warte.«
    Ich lachte und schüttelte den Kopf. Sie war so unglaublich schön, wenn sie wütend war. Total entwaffnend. Und das Schlimme daran war, dass sie es, glaube ich, wusste.
    »Ach, du findest das also auch noch komisch. Du drohst jemandem damit, seine

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