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Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Titel: Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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schüttelte den Kopf.
    »Ms. Schafer, wissen Sie, wie groß Ms. Trammel ist?«
    Ich wandte mich meiner Mandantin zu und bedeutete ihr, aufzustehen. Wahrscheinlich hätte ich erst den Richter um Erlaubnis bitten müssen, aber ich war gerade so schön in Fahrt und wollte keinen Schwung verlieren. Perry sagte nichts.
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte Schafer.
    »Würde es Sie überraschen zu hören, dass sie nur einen Meter sechzig groß ist?«
    Ich nickte Lisa zu, und sie setzte sich wieder.
    »Nein, ich glaube nicht, dass mich das überraschen würde.«
    »Einen Meter sechzig, und trotzdem ist sie Ihnen über vier Fahrspuren voller Autos hinweg aufgefallen?«
    Wie erwartet, legte Freeman Einspruch ein. Perry gab dem Einspruch statt, aber ich brauchte keine Antwort, um den Geschworenen zu vermitteln, worauf es mir ankam. Ich sah auf die Uhr und stellte fest, dass es zwei Minuten vor zwölf war. Ich schoss meinen letzten Torpedo ab.
    »Ms. Schafer, könnten Sie einen Blick auf das Foto werfen und uns die Stelle zeigen, wo Sie die Angeklagte auf dem Gehsteig gesehen haben?«
    Aller Augen richteten sich auf das große Foto. Wegen der Autos auf dem Parkstreifen waren auf dem Bild die Fußgänger auf dem Gehsteig nicht zu erkennen. Freeman sprang auf und legte Einspruch ein, mit der Begründung, die Verteidigung versuche, die Zeugin und das Gericht in die Enge zu treiben. Perry rief uns zu sich an die Richterbank. Als wir uns dort einfanden, wies er mich streng zurecht.
    »Mr. Haller, ja oder nein, ist die Angeklagte auf dem Foto?«
    »Nein, Euer Ehren.«
    »Dann versuchen Sie hier nur, die Zeugin auszutricksen. Das lasse ich in meinem Saal nicht zu. Entfernen Sie das Foto.«
    »Euer Ehren, ich versuche hier niemanden auszutricksen. Sie braucht doch nur zu sagen, dass die Angeklagte nicht auf dem Foto ist. Aber sie kann die Passanten auf der anderen Straßenseite eindeutig nicht sehen, und genau das versuche ich den Geschworenen klar …«
    »Es interessiert mich nicht, was Sie zu tun versuchen. Nehmen Sie Ihr Foto runter, und wenn Sie noch mal eine solche Nummer versuchen, können Sie sich auf eine Verhandlung wegen Missachtung des Gerichts gefasst machen. Ist das klar?«
    »Ja, Sir.«
    »Euer Ehren«, sagte Freeman. »Man sollte den Geschworenen sagen, dass die Angeklagte nicht auf dem Foto ist.«
    »Ganz meiner Meinung. Und jetzt wieder zurück auf Ihre Plätze.«
    Auf dem Weg zum Pult nahm ich die Schautafeln von der Staffelei.
    »Meine Damen und Herren«, erklärte der Richter. »Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die Angeklagte nicht auf dem Foto war, das Ihnen der Verteidiger gezeigt hat.«
    Der Hinweis an die Geschworenen störte mich nicht groß. Ich hatte erreicht, was ich wollte. Der Umstand, dass die Geschworenen darauf hingewiesen werden mussten, dass Lisa Trammel nicht auf dem Foto war, unterstrich lediglich, wie schwierig es gewesen wäre, auf dem Gehsteig jemanden zu sehen und zu erkennen.
    Der Richter forderte mich auf, mit dem Kreuzverhör fortzufahren, und ich beugte mich zum Mikrophon vor.
    »Keine weiteren Fragen.«
    Ich setzte mich und legte die Schautafeln unter dem Tisch auf den Boden. Sie hatten ihren Zweck erfüllt. Ich hatte zwar einen Rüffel des Richters einstecken müssen, aber das war die Sache wert. Wenn man sein Ziel erreichte, war es das immer wert.

23
    L isa Trammel war hellauf begeistert nach Margo Schafers Kreuzverhör. Sogar Herb Dahl konnte nicht anders, als mir zu gratulieren, als uns der Richter in die Mittagspause schickte. Ich warnte die beiden, sich noch keine zu großen Hoffnungen zu machen. Wir standen noch ganz am Anfang des Prozesses, und mit Augenzeugen wie Schafer hatte man im Zeugenstand in der Regel die geringsten Probleme. Uns standen noch schwierigere Zeugen und schwierigere Tage bevor. Darauf konnten sie Gift nehmen.
    »Trotzdem«, sagte Lisa. »Sie waren großartig. Diesem verlogenen Miststück haben Sie es so richtig gezeigt.«
    Diese hasserfüllte Giftspritze ließ mich kurz innehalten, bevor ich antwortete. »Trotzdem wird die Staatsanwältin die Gelegenheit erhalten, sie zu rehabilitieren, wenn sie sie nach der Mittagspause noch einmal in den Zeugenstand ruft.«
    »Und dann machen Sie sie im zweiten Kreuzverhör noch mal fertig.«
    »Ähm … hier geht es eigentlich nicht darum, jemanden fertigzumachen. Das ist nicht Sinn und Zweck …«
    »Hätten Sie Lust, mit uns Mittag essen zu gehen, Mickey?«
    Sie unterstrich den Vorschlag, indem sie den Arm um

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