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Microsklaven

Microsklaven

Titel: Microsklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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haben durfte, war ein Spirograph. Den habe ich zum ersten Mai bekommen, aber ich mußte auch wirklich darum betteln. Und ich mußte so tun, als wollte ich ihn deshalb haben, weil es was Mathematisches war - sauber und lösbar. Doch meine Eltern mißtrauten der Mathematik, weil sie unpolitisch ist. Das sind echte Freaks.« Dustys Unterarme ähneln denen von Popeye. Die Venen, die darin pulsieren, sehen aus wie mäandernde Flüsse. Einmal brüllte Ethan, während ich mich mit ihm unterhielt, plötzlich quer durch den Raum: »Mein Gott, Dusty - ich kann ja von hier aus deinen Puls zählen!«
    I ch habe Karla gefragt, ob sie mit Barbie-Puppen aufgewachsen sei, und sie antwortete (ohne von ihrer Tastatur aufzusehen): »Das ist superpeinlich: Ich hab' nicht nur mit Barbies gespielt, sondern das auch noch viel zu lange - bis zur neunten Klasse.« Dann sah sie zu mir herüber und wartete darauf, daß ich ihr Vorhaltungen machte.
    Ich war tatsächlich ziemlich überrascht, und das sah man mir wahrscheinlich an. Sie begann wieder zu tippen und sagte über das Klacken ihrer Finger auf der Tastatur hinweg: »Aber bevor du mich für einen hoffnungslosen Fall hältst, solltest du wissen, daß ich meine Barbie mit sehr ehrenvollen Aufgaben betraut habe - ich hab' die Hot-Wheels-Bahn meines Bruders auseinandergenommen und daraus eine Barbie-Toyota-Montagehalle gebaut, Barbie einen weißen Overall angezogen, ihr ein Klemmbrett in die Hand gedrückt und Jobs für viele arbeitslose Amerikaner geschaffen.« Sie schwieg einen Moment und sah von ihrer Tastatur auf: »Mein Gott, kein Wunder, daß meine Eltern mich für blöd hielten.«

MONTAG
    H eute nachmittag, als ich bei Todd und Dusty in ihrem Häuschen in Redwood City war, habe ich versucht, in ihrem Kühlschrank etwas zu essen zu finden.
    Keine gute Idee. Pillen, Wässerchen, Kapseln, Pulver... alles, nur nicht das, was normale Menschen als »Essen« bezeichnen. Da stand ein Rubbermaid-Behälter voll Popcorn. Es gab Turbo Tea, Amino-Paste, reines Kreatin, Mus-L-Blast 2000+, rohe Hühner, Super Infiniti 3000, Chrom-Tabletten und ein paar Fläschchen, deren Inhalt ich der Höflichkeit halber lieber nicht näher ergründen wollte.
    Ich frage mich wirklich, ob Todd Steroide nimmt. Ich meine, er ist körperlich einfach nicht normal. Da kommt noch was auf uns zu.
    Dusty war beim Lucky Mart, um Bananen und Kelp zu kaufen. Ich fragte Todd: »Verdammt, Todd - was erwartest du eigentlich von deinem Körper? Was soll er irgendwann mal leisten, was er jetzt noch nicht kann?« Nicht ganz die richtige Frage vielleicht.
    »Ich glaube, ich möchte Sex in einem neuen Körper haben, der mir erlaubt, nicht immer an meine ultrareligiöse Familie zu denken.« Todd grübelte noch einen Moment über das, was er gesagt hatte. Wir schauten uns in der Wohnung um, in der überall Hanteln und Gummimatten verstreut lagen. »Mein Körper war einfach das einzige, woran ich glauben konnte, weil es sonst nichts gab.«
    S usan beklagte sich über ihre Beziehungsarchitektur hier im Valley. Ihr Techtelmechtel mit Mr. Intel ist schon längst vorbei. Sie meint, die Firmenphilosophie von Intel sei zu machomäßig, um mit Macho-Frauen klarzukommen. Phil, der PDA, ist auch schon vor Ewigkeiten von der Bildfläche verschwunden. Sie redete andauernd von dieser Mary-Tyler-Moore-Folge, in der Mary alle Männer, die sie in ihrer Beziehungskarriere hatte, auflistet und Depressionen bekommt. Und dann gerieten wir uns darüber in die Haare, ob das die Folge war, in der sie etwas mit Lou anfängt.
    Susan meint, sie lerne immer nur Techies kennen. (»Tja, Sooz«, sagte Karla, »du kommst ja auch kaum raus aus dem Valley ...«)
    »Es ist nicht nur, daß es alles Techies sind, Kar - ich habe mittlerweile in meinem Leben mehr Techtelmechtel gehabt als Beziehungen. Das geht zu weit.«
    Heute hat sie ein Date mit einem Tätowierkünstler aus dem Marina District, und wir erwarten alle, daß sie morgen mit einem auf die Schulter tätowierten Pentium-Chip bei uns auftaucht.
    Die Sache ist die, daß Susan erst so spät mit dem Umbau ihres Ich angefangen hat. Ihre neue dominante Attitüde entspringt einem echten Bedürfnis, das jedoch schwer gestört ist durch Jahre des - was weiß ich. Ich schätze, ich kenne Susan nicht so gut wie ich sollte. Ihre IBM-Jugend und all das. Aber wie soll man bloß mit ihr darüber reden?
    E than scheint seinen halbfertigen Freeway vergessen zu haben. Wir nennen ihn den »Information Superhighway«.
    S usan hat

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